Mittwoch, 30. Januar 2013

Comics? Aber sicher doch

In meinem letzten Semester an der Uni nahm ich an einer Übuung in Geschichte teil, die sich "Geschichte in den Medien" nannte. Zwar weiß ich nicht so ganz genau, was unseren Dozenten dazu qualifizierte - nicht nur, dass er eigentlich als Spanischlehrer arbeitete und mit seinem Akzent schwer verständlich war, darüber hinaus schien er auch keine Ahnung zu haben, was ihn einerseits offen für jedes Thema machte, Diskussionen aber auch einfach nicht in Gang kommen ließ. Alles in allem nicht unebdingt die Sternstunde der Seminare, was auch zu einem gtuen Teil an meinen Kommilitonen lag. Die hatten erstens nicht den blassen Schimmer von Geschichte - durch die Bank weg Medienwissenschaftler - was es etwas kompliziert machte, über geschichtliche Ereignisse zu sprechen, wenn sie noch nichtmal wissen, von welcher Zeit wir hier sprechen... Und zweitens hatten sie auch irgendwie Null Interesse daran, sich mal mit dem Thema näher zu befassen - sorry, aber wie will ich ein Referat halten über Computerspiele mit geschichtlichem Inhalt, wenn ich selbst kein einziges dieser Spiele kenne (Original-Zitat einer der Trullas: "Also, ich spiele ja keine Computerspiele, das ist nur etwas für Leute, die mit ihrer Freizeit nichts anzufangen wissen." Und wieso, verdammter Lurch hältst du dieses Referat????) Eben deshalb hatte ich mir ein ziemlich seltsames Referatsthema gesucht, das mich vermutlich als ernstzunehmenden Gesprächspartner für alle Ewigkeiten disqualifizieren wird: Comics.

Nein, es wird nicht um Asterix und die Abrafaxe gehen (obwohl das auch ein gutes Thema wäre...), sondern um den Bereich der Graphic Novels. Um genau zu sein, ich werde zwei Comics genauer vorstellen, die die großen Katastrophen des 20. Jahrhunderts aufarbeiten, und deren Zeichner das deshalb getan haben, weil sie den Stil von Comics dafür sehr passend fanden. Zunächst wird es um den Klassiker gehen:
"Maus" von Art Spiegelman.
Art Spiegelmans Eltern haben Auschwitz überlebt. Nachdem seine Mutter Ende der 1960er Selbstmord begangen hat, wurde es für ihn zum ersten Mal zu einem wichtigen Thema, herauszufinden, was seine Eltern erlebten. Deshalb ließ er sich von seinem Vater die "Geschichte eines Überlebenden" - wie der Untertitel von "Maus" lautet - erzählen, eine Geschichte die ihn bald so sehr belastete, dass er begann, sich mit ihr auseinanderzusetzen, indem er das tat, was ein Comic-Zeichner eben tut: er malte. Allerdings schaffte er es einfach nicht, das Grauen von Auschwitz in Bilder zu fassen, es kam ihm nicht real vor, immer nur wie ein Abklatsch, der seinen Eltern nciht geracht werden konnte. Und so begann er, diese Erinnerungen auf eine absrakte Ebene zu setzen, indem er es in eine Fabel umwandelte. Statt realer Menschen erzählen Tiere die Geschichte, Mäuse als Juden, Katzen als Nazis. Und mit einem Mal funktioniert es: mit einem Mal erfassen einen die Bilder gerade durch ihre Distanz sehr viel stärker als alles andere, was man an Bildern kennt. Grade auch dadurch, dass er dazwischen immer wieder den Entstehungsprozess selbst thematisiert, indem er sich und seinen Vater im Gespräch zeigt, seinen Vater zeigt, wie er heute lebt - als ein geiziger, verbitterter Mann, der jedem misstraut, den er nicht kennt und einordnen kann. "Maus" ist nicht einfach nur ein Comic, sondern die Möglichkeit, das, für das es keine Worte gibt, darzustellen - durch Bilder. Die Mittel eines Comics sind in erster Linie visuell, in die Sprechblasen passt nicht viel Text rein, und genau dadurch konzentriert man sich. Wenn Adorno sagt, dass es unmöglich ist, nach Auschwitz ein Gedicht zu schreiben, weil alle Wörter missbraucht wurden und kein einziges es schafft, Auschwitz darzustellen, dann sind Bilder vielleicht genau das, was einer nachfolgenden Generation ein Nachvollziehen ermöglichen kann - und Art Spiegelmann hat das fulminant umgesetzt.Inzwischen träume ich davon, mit der richtigen Klasse in Geschichte zumindest mal im Ansatz "Maus" zu lesen. Oder vielleicht mit meiner 9.Klasse dieses Jahr schon in Deutsch?

Der zweite Comic ist dagegen eher weniger bekannt und geht in eine ganz andere Richtung. Es handelt sich um "Barfuß durch Hiroshima" von Keiji Nakazawa. Nakazawa wurde in Hiroshima geboren und erlebte mit sieben Jahren den Abwurf der Atombombe. Seine zwei Geschwister und sein Vater kamen dabei ums Leben, seine Mutter erlitt eine Frühgeburt - auch dieses Kind starb innerhalb von vier Monaten - und starb letztendlich an Krebs, Nakazawa leidet seitdem ebenfalls an den Spätfolgen. Nach dem Tod seiner Mutter begann er, seine Erinnerungen zu veröffentlichen, auf eben die Weise, die Spiegelmann kurze Zeit später beschritt: er zeichnete. Art Spiegelmann sagt, dass ihn nicht zuletzt "Barfuß durch Hiroshima" dazu isnpiriert hat, "Maus" zu zeichnen, oder ihn zumindest bestätigte, auf dem richtigen Weg zu sein. Nakazawa ist ganz anders als Spiegelmann - um ihn zu verstehen, muss man sich erstmal intensiv mit Manga beschäftigt haben, einfach dehsalb, weil diese japanischen Comics eine ganz eigene Erzählsprache haben, sehr viel symbollastiger sind als Graphic Novels beispielsweise, und auch, weil japanische Lesegewohnheiten völlig anders sind. Die permanente Gewalt, die hier ständig herrscht, ist wirklich diesem Lesertum geschuldet, das reelle Dinge und Wunschträume etc. in einem Panel durchaus vermischen kann (etwa, wenn Gen Erwachsene angreift und verletzt - das ist kein reales Geschehen, sondern der Wunsch eines Siebenjährigen, dieser Ungerechtigkeit etwas entgegenzusetzen).
Genau das macht den Vergleich auch so spannend, die Frage, wie Erinnerungen dargestellt werden, welche Bildsprache verwendet werden, das alles führt zum Titel dieses Beitrags und zu meinem Geständnis: ich liebe gut gemachte Comics. Nicht nur historische, sondern alle. Weil ein Comic teilweise schweiriger zu knacken ist als Goethe - und ich durchaus mal Herausforderungen beim Lesen mag ;-)

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