Samstag, 30. November 2013

Morton Rhue - Ich knall euch ab

Gary Searle und brendan Lawlor. Beide sechzehn Jahre alt. Beide gute Schüler. Beide unauffällig, zurückhaltend, auch wenn Brendan gegen Ungerechtigkeiten lautstark protestiert. Beide Computerfans. Beide Außenseiter. Beide stürmen am tag des Abschlussballs die Turnhalle ihrer Schule, schießen um sich. Am Ende des Amoklaufs hat Gary Selbstmord gegangen, Brendan liegt im Koma. Und eigentlich weiß keiner so richtig, was da passiert ist.

Morton Rhue hat sich mit diesem Buch einiges vorgenommen. Ein Buch über einen Amoklauf, in dem weder der Täter spricht noch Gewalt im Vordergrund steht. Stattdessen eine allmähliche Annäherung an die Tat mit Hilfe von Zeugenaussagen. Eltern, Opfer, Freunde, Klassenkameraden, Nachbarn - sie alle versuchen, eine Antwort zu geben auf die Frage, wie es so weit kommen konnte. Brendans und Gary Sicht bleibt dabei außen vor, denn die beiden können sich nicht mehr äußern. Aber der Leser folgt in kurzen Protokollen den beiden durch ihre Schuljahre. Von der 8.Klasse, als die beiden sich anfreunden und im Laufe der Jahre immer stärkeren Schikanen der Sportlerclique ausgesetzt sind. Oder sind es wirklich Schikanen? Ist es nicht vielleicht einfach nur hier und da mal ein Pieksen, hier dummer Spruch, da ein doofer Streich, da eine Schlägerei? Die Sportler selbst weisen die Schuld von sich, die Schule argumentiert oft mit "so sind Kinder nun einmal" - und welche Rolle spielen die Computerspiele, die bei Gary und Brendan gefunden wurden? Ab welchem Zeitpunkt ist der Amoklauf unausweichlich? Wo kann man Stopp sagen, wo ist die Grenze zwischen harmlosen Hänseleien und dauerhaftem Mobbing? All diese Antworten muss sich der Leser selbst zusammensuchen, denn Rhue weigert sich, plakativ zu sein. Da kommt so viel zusammen, da entsteht eine extrem gefährliche Mischung, die mit einer anderen Zutat oder unter anderen Voraussetzungen vielleicht gar nicht eskalieren würde. Das macht das Buch so unglaublich spannend, obwohl man am Anfang das Gefühl hat, nie im Leben behalten zu können, wer jetzt alle die Freunde, Bekannten, Nachbarn sind, die hier zu Wort kommen. Das Buch ist großartig und eine sehr gut geeignete Schullektüre.

Dienstag, 26. November 2013

Will Lavender - Tödlicher Gehorsam

"Eine Achtzehnjährige ist spurlos verschwunden. Ihr Name ist Polly. Sie ist eine von Ihnen, eine Studentin wie Sie. Sie haben sechs Wochen Zeit, um sie zu finden. Wenn nicht, stirbt Polly." Das ist der Arbeitsauftrag, den Professor Leonard Williams seinen Studenten im Seminar "Angewandte Logik" präsentiert. Anfangs noch irritiert und fasziniert, fühlen sich Mary, Brian und Dennis schon bald nicht mehr wohl in ihrer Haut, denn je weiter das Seminar und ihr Logikspiel voranschreiten, desto mehr sehen sie sich verstrickt in eine Welt, in der nicht mehr klar ist, was Realität ist und was nicht? Ist Polly etwa ein realer Mensch? Und was hat es mit der vor zwanzig Jahren verschwundenen Deanna auf sich? Wer ist dieser Professor Williams? Und wem kann man in dieser Welt noch trauen?

Will Lavender ist Dozent für Kreatives Schreiben und hat mit seinem Erstlingswerk einen extrem vielschichtigen und ambitionierten Roman vorgelegt. Immer mehr verstrickt man sich in die völlig unterschiedlichen Ebenen und stellt sich immer mehr die Frage, auf welcher Seite man grade steht. Das Ganze ist gekoppelt mit dem Paul-Auster-Roman "Stadt aus Glas", in dem sich ein Mann in seiner selbstgeschaffenen Realität verliert, und immer wieder gibt es Hinweise auf Stanley Milgram und sein Experiment zum Gehorsam gegenüber Autoritäten. Allerdings fand ich genau das auch ein wenig problematisch. In diesem Buch ist so viel, dass es ein wenig ins Schwafeln und Plätschern kommt, dass man irgendwann nicht mehr genau folgen kann, wo man jetzt genau welche Schraubendrehung mitgemacht hat. Gelegentlich hat mich das gestört, allerdings wurde ich durch das ziemlich herausragend logische und dennoch verblüffende Ende überrascht und kann das Buch guten Gewissens weiterempfehlen.

Montag, 25. November 2013

Roman Leuthner - Nackt duschen streng verboten

Dieses Buch ist so ein typisches Buch, das mein Mann manchmal anbringt. Neben den Abteilungen "Geschichte" und "Politik" zieht es ihn manchmal unwiderstehlich hin zu den Büchern, die vorne für einen Appel und ein Ei verschachert werden. Vor kurzem kam er dann vom Einkaufen mit diesem Exemplar zurück und ich durfte mir die nächsten Tage parallel zum Fernsehen immer unterdrücktes Kichern anhören.

In "Nackt duschen stren verboten" ist eine Sammlung skurriler Gesetze aufgelistet, die vornehmlich aber nicht nur aus den USA stammen. In der Einleitung wird auch direkt deutlich gemacht, dass diese gesetze durchaus Sinn machen können, da sie nicht zuletzt auf unterschiedliche Rechtsprinzipien zurückzuführen sind. Gob gesagt gibt es in den USA oftmals eine Gesetzgebung parallel zum Straf- und/oder Zivilgesetzbuch, die die Abteilung "gesunden Menschenverstand" behandelt und damit auch Einzelfallentscheidungen zu Argumenten macht. Darüber hinaus gibt es Richterentscheidungen, die nicht Gesetzescharakter haben, aber durchaus so behandelt werden können - taucht einmal ein skurriler Fall vor Gericht auf, kann das eben auch ein skurriles "Gesetz" werden, ohne dazu von der Legislative verabschiedet worden zu sein. Dieses Vorwort fand ich ganz interessant, eben weil in vielen Fällen einfach nur ein "die spinnen, die Amis" bedient wird.
Allerdings tappt das Buch, wie ich finde, dann selbst in diese Falle hinein. Sehr viele Gesetze werden nicht weiter erklärt oder die Hintergründe geklärt, stattdessen stehen sie sehr einsam für sich da und dienen vor allem dem Aspekt zu betonen, wie verrückt doch manche Leute und Richter/Gesetzesinitiatoren insbesondere ticken. Letztlich ist das Buch nicht viel mehr als eine gebundene Ausgabe der viele Listen, die im Internet kursieren, und der schicke Doktor-Titel auf dem Einband dient in erster Linie dem Gefühl, da etwas richtig Gehaltvolles serviert zu bekommen. Wenn man es mal irgendwo findet, kann man reinschauen, aber Geld ausgeben muss man dafür nicht unbedingt.

Sonntag, 24. November 2013

Rebecca Ray - Meine sogenannte Jugend

Dieses Buch habe ich in meiner Teenagerzeit gelesen und die Lieblingsbücher-Challenge war ein guter Einfall, es mal wieder vom Regalbrett zu holen. "Meine sogenannte Jugend" und "Crazy" waren mit 15 oder 16 die beiden Bücher, von denen ich mich irgendwie verstanden gefühlt habe, obwohl ich eignetlich so ganz anders war als die Hauptfiguren der Bücher. Aber auch ich habe mich damals als Außenseiter gefühlt und war in einem permanenten Kreislauf aus "ihr seid alle doof", "niemand versteht mich" und "das will ich auch haben" gefangen. Die vierzehnjährige Ich-Erzählerin in Rebecca Rays Roman beginnt allmählich, aus ihrer Kindheit auszubrechen, allerdings auf eine Art und Weise, die man sich nicht für sich selbst wünscht. Mit 13 begreift sie, dass sie - im Gegensatz zu ihrer Klassenkameradin Holly - das Interesse der Jungen eher dadurch erringen muss, dass sie sich von ihnen begrapschen lässt, als dadurch, dass die sie hübsch finden. Und so wird der Leser dann auch Zeuge von Situationen, in denen Sex immer mehr Mittel zum Zweck wird oder einfach gemacht wird, weil es halt so ist. Romantik, das ist maximal etwas, was jemand wie Dawn äußern darf, aber Dawn ist ja auch verpickelt und wird sowieso keinen Jungen abbekommen. Schon beim ersten Lesen war ich von dieser Abgeklärtheit eher irritiert und verunsichert, mit der diese halben Kinder durchs Leben gehen. Auch zu Hause läuft es für die Hauptfigur nicht mehr rund, ihr Vater - Held ihrer Kindheit - und ihre Mutter streiten sich seit Jahren ständig und so versucht sie, durch eine Beziehung mit einem Endzwanziger diesem Chaos und Alltag zu entkommen. Bis die Situation bei einer Weihnachtsfeier allmählich eskaliert ...

Ich bin so froh, dieses Buch noch einmal gelesen zu haben, denn dieses Mal lag mein Fokus nicht auf dem Mädchen, sondern ich habe allmählich eine andere Figur entdeckt, die es mir als Teenager sehr schwer gemacht hat. Der Vater. Dieser Vater ist auf der einen Seite - und so empfand ich ihn schon als Sechzehnjährige - ein rechthaberischer, arroganter, nervtötender Vollidiot, der stur auf seiner Meinung beharrt und vor allem die Mutter (Hausfrau) gerne mal vorführt und als dumm darstellt. Boah, hab ich mich als Teenager aufgeregt. Jetzt, mit mehr Distanz zu Hormonwallungen und ein wenig mehr Verständnis für andere Positionen, tut er mir andererseits durchaus Leid und ich beginne, seine Handlungen zu verstehen. Er, der immer der Held der Tochter war, der ihr bei Hausaufgaben geholfen und Geschenke gebastelt hat, steht plötzlich alleine da. Das sind so simple Dinge wie die Aussage "ich bin doch jetzt auf der HighSchool, ich finde, ich sollte meine Hausaufgaben alleine erledigen" oder "ich möchte dieses Jahr kein Überraschungsgeschenk zum Geburtstag, sondern eine Stereoanlage", die das bisherige Leben einfach beenden und etwas neues starten möchten. Auch wenn sie ihm gar nicht wehtun will damit, in diesen Situationen versucht er dann, sein "nicht-gebraucht-werden" an jemand anderem abzulassen und das ist, in den allermeisten Fällen, die Mutter. Wie hieß es neulich so schön auf einer meiner Fortbildungen? Neunzig Prozent der Erziehungsprobleme mit Teenangern sind unausgetragene Elternkonflikte, die sich an den Schulnoten der Kinder entzünden - und in etwa das ist es, was ich in diesem Buch wiedergefunden habe. Diese Familie ist kaputt - und dass sich die Tochter schließlich Selbstverletzungen als Ventil sucht, eigentlich nur noch die schimmelige Kirsche obendrauf. "Meine sogenannte Jugend" lebt von realistischen Darstellungen, die schmerzlich genau geschildert werden und mich sogar heute noch bewegen.

Dienstag, 19. November 2013

Volker Klüpfel/Michael Kobr - Herzblut

Serienmord im Allgäu - und Kluftinger mittendrin. Dabei beginnt alles ganz harmlos mit einem Handyanruf, der den Kommissar genau während einer Pressekonferenz ereilt. Vor lauter Panik schneidet er das Gespräch versehentlich mit und ist danach überzeugt: er hat einen Mord gehört. Gut, das restliche Präsidium schenkt ihm keinen Glauben, aber Kluftinger beginnt nachzuforschen und landet tatsächlich am Schauplatz eines Verbrechens. Schon bald gibt es nicht nur eine Leiche, sondern gleich mehrere, aber das Motiv liegt im Dunkeln? Sollte es etwas mit dem neuen Herzmedikament zu tun haben, das gerade getestet wird? Dass jetzt ausgerechnet Kluftinger glaubt, an der Schwelle des Herztods zu stehen, macht die Ermittlungen nicht leichter ...

Ich habe ein bisschen gebraucht, bis ich wieder Lust auf einen Kluftinger hatte, was vor allem daran lag, dass der Vorgänger in meinen Augen ziemlich daneben gegangen ist. Diese doch sehr abgedrehte Djihad-Story war mir ein bisschen zu sehr erfunden. In "Herzblut" haben sich die beiden Autoren dann wieder auf das Allgäu beschränkt und eine Story gefunden, die glaubwürdig wirkt und mit einigen Wendungen und dunklen Ecken aufwartet, die sie durchaus lesenswert machen. Trotzdem bin ich mit dem Buch nicht zufrieden und glaube auch, endlich den Grund dafür gefunden zu haben.

Die Kluftinger-Krimis lebten vom ersten Band an von dieser Hauptfigur, einem Mittfünfziger, der ein gemächliches Leben der modernen Welt vorzieht, bei dem das Handy zum Telefonieren reichen muss und nicht zum Fotgrafieren. Jemand, der den Leser irgendwie an die eigenen Eltern erinnert und den man trotz aller Vorurteile irgendwie mag und von dem man weiß, dass er eigentlich sehr nett und klug ist. Aber in den letzten Bänden nutzen die Autoren Kluftinger eigentlich eher dazu, ihn möglichst oft der Lächerlichkeit preiszugeben. In "Herzblut" muss er zur Yogastunde und ein englisches Telefonat mit dem japanischen Vater seiner potentiellen Schwiegertochter führen. Beides wir von den Autoren breitgewalzt dargestellt und ganz ehrlich, ich habe mich beim Lesen eher fremdgeschämt. Fremdgeschämt, weil es so übertrieben war, so konstruiert und vorführend. Ja, vorführend, das ist das, was mir am meisten aufsteht. Dieser Kluftinger ist nicht mehr jemand, mit dem man lacht, sondern nur noch einer, auf dessen Kosten man lacht. Einer, dem man es nicht abnimmt, solche kriminalistischen Erkennstnisse zu liefern, wie er es in diesem Buch tut. Denn der Kluftinger hier ist ein peinlicher wahrgewordener Herrenwitz, der er anfangs nicht war. Bitte, ihr lieben Autoren, tut ihm das nicht an. Lasst ihn wieder zu dem werden, der er war, ein guter Kriminaler, der ein bisschen altmodisch, ein bisschen weichherzig, ein bisschen überrollt ist von dem, was im Allgäu alles passieren kann, der dabei aber immer die Oberhand über sein Leben behält und nicht vorgeführt wird. dann lese ich euch noch viel lieber.

Donnerstag, 14. November 2013

[Hörbuch] "Schnee, der auf Zedern fällt" (gelesen von Ulrich Matthes)

Im Rahmen meiner „bloß keine Krimis mehr“-Aktion bin ich durch die Stadtbibliothek gestromert und bei den Hörbüchern hängen geblieben. Ich habe „Schnee, der auf Zedern fällt“ vor Jahren gelesen (und ich glaube, ich muss es noch einmal wiederholen) und habe es mir jetzt vorlesen lassen. Es sind nur vier CDs, also genau das richtige für zwei längere Autofahrten.

Kurz zum Inhalt: 1954 wird der Fischer Carl Heine tot in seinem Fischernetz gefunden. Da er auch noch eine schwere Kopfwunde hat, wird eine Morduntersuchung eingeleitet und ein Kollege verhaftet. Kabuo Miyamoto ist Sohn von japanischen Einwanderern und auch noch 1954 automatisch verdächtig. Dass er mit Carl Heine einen Streit um einen Landkauf hatte, verschlechtert seine Situation. Der Dorfjournalist Ishmael Chamers kennt beide Männer seit ihrer Kindheit, und berichtet über den Prozess. Dabei trifft er auf Hatsue Miyamoto, die Frau des Angeklagten, und Ishmaels Jugendliebe …

Was jetzt in der Zusammenfasstun ein wenig danach klingt, als würde „Matlock“ auf Rosamunde Pilcher treffen, ist es in Wahrheit nicht. Die Geschichte ist tragisch und trotz allem leicht, sie fließt dahin und trägt mich mit. Und je mehr Schnee fällt und eine Decke über die kleinen und großen Wunden dieser Kleinstadt, legt, desto mehr bemerkt, an, was unter dieser Decke alles an unausgesprochenen Konflikten gärt und darauf wartet, herausgelassen zu werden. Die Handlung spielt zehn Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, zehn Jahre nach dem nationalen Trauma von Pearl Harbour. Die Ausgrenzung und Inhaftierung der japanischen Einwanderer in den USA wird thematisiert, ebenso wie die kulturellen Differenzen zwischen Japanern und US-Amerikanern, an denen die Beziehung zwischen Hatsue und Ishmael scheitert. Genauso wie die Narben dieser Gesellschaft gezeigt werden, ist das Buch aber auch der Versuch eines Neuanfangs, eines endgültigen Endes der Vergangenheit, die nicht wieder herstellbar ist. So, wie Ishmael seinen Arm im Krieg verloren hat, muss er lernen, Hatsue aus seinem Leben zu entlassen, um ihr einen Neuanfang zu ermöglichen (jetzt wird ich aber philosophisch!)

Es ist also ein Buch der leisen Töne, was hier vorgelesen wird, und zwar von einem Sprecher, bei dem es Spaß macht, zuzuhören. Fast schon zu leise ist er manchmal (oder mein Auto röhrt so), trifft die Personen (insbesondere den Strafverteidiger) mit sehr guten Stimmwechseln und liest so flüssig, klar und fließend, wie es die Geschichte verdient. Gut, ein wenig musste ich mich anstrengen, zu ignorieren, dass Matthes bei mir vermutlich auf ewig verknüpft sein wird mit Joseph Goebbels, den er in "Der Untergang" gespielt hat, aber irgendwann auf CD 2 war auch das vorbei. Wie stetiger Schneefall auf Zedern wirkt das Hörbuch friedlich und leise, obwohl es ja doch irgendwie um einen klassischen „wie ist er gestorben“-Krimi geht, der aber so in die Handlung eingebettet ist, dass man zwar die Lösung wissen will, viel mehr aber mit anderen Dingen mitfiebert. Hier ist wirklich ein tolles Hörbuch rausgekommen, dessen Aufmachung dem Roman absolut gerecht wird.

Montag, 11. November 2013

Claudia Frieser - Oskar und das Geheimnis des Klosters

Es sind Ferien und Oskar ist wieder einmal genervt von seinen Eltern. Typisch Archäologen wollen sie diese Zeit in der Klosterruine Maulbronn verbringen und in alten Steinen rumklopfen - inklusive ihres Sohnes.Kurzerhand packt der seine Sachen und entflieht zu seinen Freunden in die Vergangenheit. Bei Katrin, Albrecht und Liss wird er sich erholen und Spaß haben können. Doch schon der erste Schritt aus der magischen Eiche zeigt ihm, dass es im Jahr 1485 nicht unbedingt besser ist als zu Hause: Strömender Regen, verdorbene Ernten, dazu noch aufgeweichte Wege. Und auch hier entgehet er dem Kloster nicht, denn Katrin soll einen kleinen Waisenjungen ins Kloster Maulbronn bringen. Kurzerhand beschließen, Oskar, Albrecht und Liss, mitzukommen. Doch schon bald geraten sie wieder in ein Abenteuer, das sie auf die Suche nach einer wertvollen Ikone tiefer ins Klosterleben eindringen lässt, als Oskar es sich hätte erträumen lassen ...

Als Lehrerin in Franken kommt man an Claudia Frieser kaum vorbei. Die Bambergerin hat inzwischen vier Oskar-Bände geschrieben, die das spätmittelalterliche Nürnberg wieder lebendig werden lassen. Mit Hilfe des Zeitreisenden Oskar können sich Kinder schnell in die ungewohnten Situationen einlassen und durch die sehr nett geschaffenen Figuren von Katrin, der Hebamme, und dem kleinen Albrecht Dürer stehen auch in der Vergangenheit Personen bereit, die dazu einladen, sich zu identifizieren. Die historischen Dimensionen sind für Zehnjährige verständlich geschildert, grade durch die sehr lebensnahe schilderung. Der Alltag eines Novizen lässt das Leben zu Hause plötzlich sehr annehmbar wirken und allein die Schilderung der Reise zeigt, welche Vorteile wir heute im Alltag durch Technik und warme Kleidung zum Teil bereits haben. Allerdings muss ich sagen, dass ich dieses mal ein wenig sehr demonstrativ den "früher war alles schwerer"-Hammer gespürt habe, weshalb ich diesen dritten Band für schwächer als die Vorgänger halte. Besonderns spannend ist es natürlich wieder für Einheimische, die das Nürnberger und Maulbronner Kolorit mitgeliefert bekommen und viele Dinge einfach in der gegenwart wiederfinden. Aber auch für andere ist das ein sehr nettes Buch, das durchaus auch Lust am Lesen weckt .-)

Mittwoch, 6. November 2013

Challenges am laufenden Band

Und eine weitere Challenge, der ich mich 2014 stellen möchte (oder eigentlich schon ab 2013): die 5x5-Themen-Challenge von Bookdreams.

 

Eigentlich ist es recht einfach. Eine Liste mit 5 Themen und jeweils fünf dazu gehörenden Büchern. Ich muss also 25 Bücher lesen. Knaller sind dabei nur wirklich einige derausgewählten Ideen, denn grade beim Cover bin ich am Überlegen, welches ich denn nun nehmen soll. Die Challenge wird sich für mich ganz gut mit dem SUB-abbau koppeln lassen, denke ich, deshalb freue ich mich auch schon sehr drauf :-)

Aufgaben:

Cover
1) Eine Waffe
2) hauptsächlich rot
3) ein Tier (eins oder mehrere ist egal)
4) eine Stadt bzw. Gebäude
5) nur Symbole oder irgendwelche Zeichen (keine Menschen oder Tiere)

Verlage
1) Lyx
2) Heyne
3) Loewe
4) Carlsen/Impress
5) Fischer

Autoren
1) ein deutscher Autor (m oder w, ist egal)
2) Nachname mit M
3) unter 30 Jahre
4) Ein Autor der unter einem Pseudonym schreibt
5) Ein britischer Autor
Hauptprotagonisten
1) über 20 Jahre alt
2) Anfangsbuchstabe A
3) mit magischen Fähigkeiten
4) übernatürliches Wesen (Elfe, Vampir…)
5) verliebt
Bücher
1) Taschenbuch unter 10 €
2) letzter Band einer Reihe
3) Ich -Perspektive
4) mindestens 500 Seiten
5) 2013 erschienen

Montag, 4. November 2013

Louis Sachar - Löcher. Die Geheimnisse von Green Lake

Stanley Yelnats ist vermutlich der größte Pechvogel überhaupt. Vielleicht abgesehen von allen anderen Männern in seiner Familie, denn die Yelnats leiden unter einem Fluch, seitdem sein Ururgroßvater damals in Europa die überstürzte Auswanderung nach Amerika dem Versprechen vorgezogen hat, die kranke Frau Zaroni auf einen Berg zu tragen. Dass Stanley schließlich im zarten Teenageralter wegen eines Diebstahls verurteilt wird, den er gar nicht begangen hat, passt nur zu gut in die Familiengeschichte. Der Richter verurteilt Stanley zum Aufenthalt in Camp Green Lake, einem Besserungslager mitten in der texanischen Wüste. Hier müssen die Jungen jeden Tag damit verbringen, mitten im Nirgendwo Löcher in den Boden zu graben und eventuelle Fundstücke beim Boss, der Leiterin des Lagers, abzugeben. Schon bald wird Stanley klar, dass diese Löcher ein tieferes Geheimnis bergen - ist der Boss etwa tatsächlich hinter der verschwundenen Beute der berüchtigten Revolverheldin Kissing Kate Barlow her?

Ich habe "Löcher" als Vorausbetrachtung für eine mögliche Klassenlektüre gelesen und bin wirklich durch die Bank begeistert. Das Buch lebt einerseits von einem extrem absurden Humor, denn allein die Ausgangssituation ist so absurd, abgedreht und wahnsinnig, dass man glaubt, einen Sonnenstich zu haben. Andererseits hat Sachar in seinem Buch auch einige der großen Themen untergebracht, die man in einem vergnüglichen Kinderbuch nicht automatisch erwarten würde. Rassendiskriminierung und die Situation der Schwarzen vor der Bürgerrechtsbewegung, Kritik am Strafrecht der USA und des Systems der Boot Camps, und dazu noch eine Portion Kritik an den fehlenden Sozialsystemen der USA - und das alles für Jugendliche, die das lesen und dabei einiges lernen, ohne sich dessen wirklich bewusst zu werden.Gefesselt werden sie von einer Geschichte um Freundschaft und Unglück sowie mit fiesen, gemeinen Personen - und was will ein Zwölfjähriger mehr von einem Buch? In diesem Sinne: bitte lesen ;-)

Samstag, 2. November 2013

[Hörbuch] Finstere Orte (gelesen von Anna Thalbach)

Libby Day ist Anfang 30 und war in ihrer Kindheit so etwas wie eine Berühmtheit. Als sie sieben war, wurden ihre Mutter und ihre beiden Schwestern ermordet. Libby entkam dem Täter und brachte durch ihre zeugenaussage ihren älteren Bruder ins Gefängnis. Jetzt, 24 Jahre später, lebt Libby von den Resten des Spenenfonds, den geschockte Bürger damals für sie bereitstellten, doch der ist nahezu aufgebraucht. Ein Leben mit Arbeit und geregelten Abläufen hat sie seit dem Mord nicht mehr geführt und so kommt ihr die Einladung des "Kill Club" gerade recht. Vor dieser Gruppe von Verbrecher-Interessierten soll sie über den Tattag sprechen. Doch dort wird ihr klar: im Gegensatz zu ihr sind die Mitglieder des Kill Clubs davon überzeugt, dass ihr Bruder nicht der Täter war. Deshalb wollen sie Libby davon überzeugen, wieder Kontakt zu ihrem Bruder und ihrem Vater aufzunehmen, um der Wahrheit auf die Spur zu kommen ...

Ich habe dieses Hörbuch schon im Juni gehört. Allerdings gibt es einen guten Grund, warum ich diese rezension erst jetzt schreibe. Ich habe es vollständig aus meinem Gedächtnis gelöscht. Erst am Wochenende fiel es mir wieder ein, nachdem eine Freundin, die zur Zeit Hörbücher in Massen hört, mir erzählte, wie bescheuert sie das letzte fand. Je mehr sie von der geschichte erzählte, desto sicherer war ich mir, es zu kennen - also habe ich noch einmal reingehört und der Verdrängungsprozess endete. Bingo, das war dieses Hörbuch, in dem eine anfangs total spannende Geschichte immer mehr zerfleddert wurde durch diesen bescheuerten Comic-Schreibstil, bis ich am Ende völlig desinteressiert den Mörder zur Kenntnis nahm!

So lässt sich das Hörbuch für mich zusammenfassen. Die Handlung krank immer mehr daran, dass effektiv nichts passiert und Libbys Ermittlungen immer mehr auf der Stelle zu treten scheinen, auf der sie seit 25 Jahren schon stehen. Dazu kommen Figuren, die nichts anderes als unsympathsich sind. Ich habe nichts gegen unsympathische Helden, wobei selbst die ja letztlich zumindest in ihrer Unsympathie irgendwas an sich haben. Libby dagegen finde ich einfach nur nervig und doof und auch die anderen Figuren sind mir alle zu sehr "durch die Bank weg hard-boiled", es gibt keinen, der nicht nur an sich denkt. Irgendwie haben vor allem die Figuren es mir sehr schwer gemacht, ins Buch zu finden, meistens haben sie mich genervt oder waren so blass, dass ich sie mir überhaupt nicht vorstellen konnte. Was mich am Hörbuch zumindest gefesselt hat, war der Sprecherwechsel - während die Gegenwartspassagen von Anna Thalbach vorgelesen werden (deren Stimme einfach absolut zu der nervigen Libby klingt), trägt ein männlicher Sprecher jeweils die Passagen vor, in denen der letzte Tag vor dem Mord geschildert wird. Diese Umsetzung war dann doch ganz nett, aber ansonsten ist das wirklich ein Hörbuch, das mir nicht im Gedächtnis geblieben ist ...

Agatha Christie - Die geheimnisvolle Botschaft

Glück im Unglück für die Krimi-Cover-Challenge. Nachdem eins meiner Cover nicht gewertet wurde, musste ich mich nicht lange nach einem Blumencover umsehen. Als ich vor drei Wochen zu Hause bei meinen Eltern war, habe ich eine Kiste mit meinen alten Büchern mitgenommen, die meine Mutter gerne endlich vom Dachboden entfernt sehen will. Zwischen zehn und fünfzehn war ich wirklich süchtig nach der Agatha-Christie-Reihe aus dem Loewe-Verlag, weil sie so schön aussah im Regal. Die schwarzen Einbände, die hübschen Aquarellbilder auf dem Cover ... ich schwelge schon wieder in Erinnerungen.

Ganz ähnlich geht es der Hauptfigur Tuppence Beresford zu Beginn von "Die geheimnisvolle Botschaft". Gemeinsam mit ihrem Mann Tommy ist sie trotz ihres vorgerückten Alters (die beiden sind inzwischen um die siebzig) noch einmal umgezogen in ein gemütliches Haus auf dem Lande. In diesem Haus türmen sich noch immer Spuren früherer Besitzer, unter anderem finden sich in der Bibliothek kiloweise alte Bücher. Als Tuppence sie eines Tages durchsieht, stößt sie in einem Buch auf eine seltsame Botschaft. Einzelne unterstrichene Buchstaben ergeben den Satz "Mary Jordan ist keines natürlichen Todes gestorben. Es war einer von uns." Tuppence Neugier ist geweckt, und auch wenn Tommy anfangs keineswegs begeistert ist, stöbern die beiden schließlich in einem Spionagefall aus dem Ersten Weltkrieg herum, der bis in die Gegenwart Auswirkungen hat ...

Als ich dieses Buch jetzt wieder gelesen habe, hat sich mir endlich erschlossen, wieso ich Spionageromane nicht mag. Agatha Christie hat sie mir einfach ein wenig mit diesem Buch verdorben. Das beginnt damit, dass ich das Buch als Kind gelesen und absolut nicht verstanden habe. Diese beiden alten Leute waren mir extrem fremd (tatsächlich ist die fünfbändige Beresford-Reihe die unbekannteste Reihe von Agatha Christie), ich habe etliche Wörter und Zusammenhänge nicht begriffen (zumindest hier in diesem Band setzt die Autorin doch schon einiges an Wissen über den Ersten und Zweiten Weltkrieg voraus, das beim ursprünglichen Publikum noch da war), und das Ende war mir völlig unverständlich. Jetzt beim nochmaligen Lesen muss ich feststellen, dass ich zwar ein wenig mehr von der Handlung der Spionagegeschichte verstehe, dass ich aber immer noch extrem unzufrieden mit dem Ende der Geschichte bin. Es gibt keine vollständige Auflösung, was fünfzig Jahre nach dem Mord auch nicht überraschend ist, aber auch die angedeutete Lösung überzeugt mich einfach nicht. Dafür fand ich Tommy und Tuppence diesesmal viel reizender und herrlich altmodisch-englisch, man riecht förmlich den Tweedflecken auf der Strickjacke, wenn ihr wisst, was ich meine. Das hat das Buch für mich dann doch wieder rausgerissen - aber für Krimikost bleibe ich dann doch lieber bei Miss Marple und Hercule Poirot. Herrlich, von denen liegen hier auch noch einige auf dem Stapel herum :-)