Im Rahmen meiner „bloß keine Krimis mehr“-Aktion bin ich durch die Stadtbibliothek gestromert und bei den Hörbüchern hängen geblieben. Ich habe „Schnee, der auf Zedern fällt“ vor Jahren gelesen (und ich glaube, ich muss es noch einmal wiederholen) und habe es mir jetzt vorlesen lassen. Es sind nur vier CDs, also genau das richtige für zwei längere Autofahrten.
Kurz zum Inhalt: 1954 wird der Fischer Carl Heine tot in seinem Fischernetz gefunden. Da er auch noch eine schwere Kopfwunde hat, wird eine Morduntersuchung eingeleitet und ein Kollege verhaftet. Kabuo Miyamoto ist Sohn von japanischen Einwanderern und auch noch 1954 automatisch verdächtig. Dass er mit Carl Heine einen Streit um einen Landkauf hatte, verschlechtert seine Situation. Der Dorfjournalist Ishmael Chamers kennt beide Männer seit ihrer Kindheit, und berichtet über den Prozess. Dabei trifft er auf Hatsue Miyamoto, die Frau des Angeklagten, und Ishmaels Jugendliebe …
Was jetzt in der Zusammenfasstun ein wenig danach klingt, als würde „Matlock“ auf Rosamunde Pilcher treffen, ist es in Wahrheit nicht. Die Geschichte ist tragisch und trotz allem leicht, sie fließt dahin und trägt mich mit. Und je mehr Schnee fällt und eine Decke über die kleinen und großen Wunden dieser Kleinstadt, legt, desto mehr bemerkt, an, was unter dieser Decke alles an unausgesprochenen Konflikten gärt und darauf wartet, herausgelassen zu werden. Die Handlung spielt zehn Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, zehn Jahre nach dem nationalen Trauma von Pearl Harbour. Die Ausgrenzung und Inhaftierung der japanischen Einwanderer in den USA wird thematisiert, ebenso wie die kulturellen Differenzen zwischen Japanern und US-Amerikanern, an denen die Beziehung zwischen Hatsue und Ishmael scheitert. Genauso wie die Narben dieser Gesellschaft gezeigt werden, ist das Buch aber auch der Versuch eines Neuanfangs, eines endgültigen Endes der Vergangenheit, die nicht wieder herstellbar ist. So, wie Ishmael seinen Arm im Krieg verloren hat, muss er lernen, Hatsue aus seinem Leben zu entlassen, um ihr einen Neuanfang zu ermöglichen (jetzt wird ich aber philosophisch!)
Es ist also ein Buch der leisen Töne, was hier vorgelesen wird, und zwar von einem Sprecher, bei dem es Spaß macht, zuzuhören. Fast schon zu leise ist er manchmal (oder mein Auto röhrt so), trifft die Personen (insbesondere den Strafverteidiger) mit sehr guten Stimmwechseln und liest so flüssig, klar und fließend, wie es die Geschichte verdient. Gut, ein wenig musste ich mich anstrengen, zu ignorieren, dass Matthes bei mir vermutlich auf ewig verknüpft sein wird mit Joseph Goebbels, den er in "Der Untergang" gespielt hat, aber irgendwann auf CD 2 war auch das vorbei. Wie stetiger Schneefall auf Zedern wirkt das Hörbuch friedlich und leise, obwohl es ja doch irgendwie um einen klassischen „wie ist er gestorben“-Krimi geht, der aber so in die Handlung eingebettet ist, dass man zwar die Lösung wissen will, viel mehr aber mit anderen Dingen mitfiebert. Hier ist wirklich ein tolles Hörbuch rausgekommen, dessen Aufmachung dem Roman absolut gerecht wird.
Ich habe das Buch auch vor Jahren gelesen und fand es absolut fantastisch. Ein Buch, das man wirklich nicht vergessen kann.
AntwortenLöschenLG Isabel