Freitag, 30. Mai 2014

[Buchgedanken] Frank McCourt - Tag und Nacht und auch im Sommer

Tausende von Unterrichtsstunden hält ein Lehrer bis zur Pensionierung, hunderte von Schülern kreuzen seinen Weg und werden von ihm mehr oder weniger für den Stoff begeistert. Ganz diese Erfahrungen machte auch Frank McCourt, der nach seiner Kindheit in Irland zurück in seine Geburtsstadt New York ging, dort Lehrer wurde und Jahrzehnte im Schuldienst verbrachte. Nach seiner Pensionierung begann er zunächst, die Geschichte seiner Kindheit zu erzählen, die mit "Die Asche meiner Mutter" zu einem Überraschungserfolg wurde. Mit "Ein rundherum tolles Land" und "Tag und Nacht und auch im Sommer" legte er zwei weitere Bände nach, die sein Leben in den USA zeigten. Beide Bände finde ich persönlich aber nicht mehr so gelungen, was vor allem daran liegt, dass McCourt doch wieder zum großen Teil Geschichten aus Limerick rekapituliert, die man bereits im ersten Teil gelesen oder angedeutet bekommen hat.

"Tag und Nacht und auch im Sommer" ist dementsprechend in vielen Seiten sehr redundant. Es ist in gewisser Weise wie ein Dialog in einem durchschnittlichen Unterricht aufgebaut, bei dem die Schüler den Lehrer vom Unterrichtsthema ablenken wollen und der nur zu gerne darauf einsteigt. Das ist ganz nett und ich habe mich als Kollegin wiedererkannt ;-) Es wird aber mit der Zeit ein wenig langweilig, wenn das Buch nicht linear erzählt wird, sondern sehr springt und sehr episodenreich erzählt. Dadurch fehlt mir ein wenig Hintergrundinfo - plötzlich ist Frank verheiratet und ich weiß gar nicht, woher die Frau kommt, dann sind sie geschieden und man weiß wieder nicht so richtig warum oder wieso. Das ist mein größter Kritikpunkt am Buch, der den Leseeindurck wirklich extrem runtergezogen hat.

Warum ich das Buch aber andererseits wirklich gerne gelesen habe? Es ist ein ideales Buch Junglehrer, die im Referendariat total zerbrochen wurden und eh nichts richtig machen konnten. Frank McCourt geht es so ähnlich, er steht nach dem Studium vor Klassen und lernt erst langsam, sich in die Lehrerrolle hineinzufühlen. Egal, ob es um völlig danebengegangene Lehrproben geht oder Ausflüge mit desinteressierten Klassen in öffentlichen Verkehrsmitteln, du wirst es überleben und du wirst daran wachsen. Ich hoffe, dass ich später ein klen wenig wie er vor den Klassen stehen kann, ein klein wenig Schüler inspirieren kann, aber selbst wenn nicht, ich werde wissen, dass ich nicht allein mit meinem Gefühl der chronischen Überforderung und des chronischen Neulernens sein muss ;-)

[Buchgedanken] Stephen King - Doctor Sleep

Danny Torrance war ein kleiner Junge, als sein Vater einen Job annahm, der das Leben der gesamten Familie verändern sollte. Im über die Wintersaison geschlossenen Overlook Hotel sollte er als Hausmeister tätig werden und parallel einen Roman beenden. Doch dann explodierte ein Gaskessel, tötete Jack Torrance und Danny und seine Mutter bekamen nie wieder einen Fuß auf den Boden. So lautet zumindest die offizielle Version, die tatsächlichen Ereignisse kann man in Stephen Kings Roman "Shining" genauer nachlesen. "Doctor Sleep" setzt fast vierzig Jahre später ein. Danny ist inzwischen Daniel und er hat vor allem die Alkoholkrankheit seines Vaters übernommen. Dank eines Freundes und früheren Chefs besucht er nun seit Jahren die Treffen der Anonymen Alkoholiker und ist trocken, er hat sogar einen Job gefunden, in dem ihm sein Shining helfen kann: als Sterbebegleiter in einem Hospiz. Doch in dieses ruhige Leben platzt eines Tages ein kleines Mädchen namens Abra. Abra besitzt das Shining, allerdings deutlich ausgeprägter als man es von Danny kennt. Die beiden stehen über eine Tafel in Dannys Arbeitszimmer in Kontakt, auf der Abra Kraft ihrer Gedanken immer mal wieder Nachrichten hinterlässt. Eines Tages, nach fast zwölf Jahren Telepathiefreundschaft, ruft Abra ihren Freund um Hilfe. In einem Traum wurde sie Zeuge, wie eine Gruppe von Menschen einen Jungen getötet und sein Shining "aufgesogen" hat. Denn auf den Straßen der USA ist eine Sekte unterwegs, die sich vom Shining ernährt. Sie sind getarnt als dynamische Rentner in Wohnmobilen, doch Abra und Danny ist klar, dass hier das Böse lauert ...

Hach, ich weiß auch nicht. Ich muss jetzt dazu sagen, dass ich "Shining" zwar diverse Male angefangen, aber dann doch nie zu Ende gelesen habe. Von daher kann ich mich nicht dazu äußern, ob das Buch jetzt eine gelückte Fortsetzung ist oder nicht. Aber zumindest kann ich sagen, dass "Doctor Sleep" für mich eines der schlechteren  King-Bücher geblieben ist. Sehr lange hatte ich das Gefühl, dass King selbst nicht wirklich wusste, worauf der Roman hinauslaufen soll. Das Buch ist gerade am Anfang extrem episodenhaft und ich kam mir ein wenig vor wie in der Disco, wenn das Licht beginnt zu flackern und mann nur abgehackte Bewegungen erkennen kann. Mir fehlte ein wenig der ausufernde Erzähler, was ich sehr schade finde, denn auf diese Weise habe ich einfach keinen Zugang zu den Personen gefunden. Dannys Leidensmine ging mir zunhemend auf den Keks und Abra "ich bin sooooooo paranormal" wirkte auf mich leicht unglaubwürdig, da sie einfach alles kann. Telepatie, wahrsagende Träume, durch fremde Augen sehen - alles, was grade gebraucht wird, taucht plötzlich bei Abra auf wie das Kaninchen aus dem Zauberhut. Ja, kann man als Autor einmal machen, aber einen gesamten Roman darauf basieren zu lassen? Nein, Mr. King, ich verzichte lieber auf die Forsetzung zu "Shining", wenn es dazu führt, keinen lauwarmen Horror lesen zu müssen. Für Fans ist das Buch mit Sicherheit ein absolutes Muss, aber man kann auch auf die Taschenbuchausgabe warten ...

[Buchgedanken] Colette McBeth - Zorneskalt

Rachel Walsh ist Kriminalreporterin für einen Lokalsender. Deshalb wird sie auch nach Brighton geschickt, als die dortige Polizei eine Pressekonferenz abhält, mit der nach einer jungen Frau gefahndet werden soll, die vermisst wird. Als Rachel das Konferenzzimmer betritt, sieht sie zum ersten Mal ein Foto der Toten: es ist Clara, Rachels älteste Freundin, mit der sie vor drei Tagen in einer Bar verabredet war und die nicht aufgetaucht ist. Rachel will herausfinden, was passiert ist, und verstrickt sich dabei immer mehr in einem Geflecht aus Lügen und falschem Spiel ...

Ich bin so froh! Eigentlich hatte ich mir das Buch am Flughafen kaufen wollen, es dann aber doch stehen lassen und es schließlich bei medimops für einen Euro gekauft. Immerhin ist dadurch der Verlust nicht so groß, wenn es jetzt direkt wieder im Verkauf landet, denn ehrlich, aufheben muss ich dieses Buch nicht. Ich hatte mich verlassen auf den Werbespruch hinten ("Sie weiß alles von dir ... das macht sie gefährlich ... deine beste Freundin") und den "Thriller"-Aufdruck vorne. Bekommen habe ich einen eher lauwarmen Krimi, dessen Überrschungseffekte eher dahindümpeln und dessen Ende so bestechend unglaubwürdig ist, dass ich beim Lesen laut lachen musste. Gut, die Entwicklung von Rachel ist schon ziemlich interessant und hat durchaus Potential. Dieses scheitert allerdings an der Erzählstruktur. Das Buch ist ein langer Brief, den Rachel an Clara schreibt, wobei sie chronologisch die Zeit seit der Pressekonferenz darstellt und parallel die Geschichte ihrer Freundschaft, die in der Pubertät beginnt. Rachels Kindheit leidet unter einem lieblosen Elternhaus, in der ihre Mutter ihr nie den Namen ihres Vaters mitteilen möchte, und sie das Gefühl vermittelt bekommt, völlig unzulänglich zu sein. Clara, die ungekrönte Königin der Klasse, wählt die neu zugezogene Rachel zu ihrer besten Freundin aus, weshalb sie viele Mädchen beneiden. Warum sich Rachel dann am Abend von Claras Verschwinden mit denen trifft? Keine Ahnung, vielleicht Masochismus ... Jedenfalls ist schon schnell klar für den Leser, dass da noch mehr hinter der Geschichte stecken muss, dass eine der beiden Freundinnen eine extrem unglaubwürdige Zeugin sein muss. Ist Clara manipulaitv? Oder Rachel eine eiskalte Psychopatin? Beides wäre möglich, der Krimi folgt schließlich einer Spur, die man aber nur als an den Haaren herbeigezogen bezeichnen kann.

Wie gesagt, ich bin froh, dass ich das Buch ohne großen Verlust gleich weiter verkaufen kann ;-)

Sonntag, 18. Mai 2014

[Buchgedanken] Lauren Willig - Ashford Park

New York, 1999. Clemmie ist Rechtsanwältin und arbeitet sich die Seele aus dem Leib, um in ihrer Kanzlei als Partnerin einsteigen zu dürfen. Selbst für den 99.Geburtstag ihrer Großmutter Addie kann sie sich nur notdürftig Zeit freischaufeln. Als sie dort eintrifft, erleidetet Addie einen Schwächeanfall und spricht ihre Enkelin danach immer wieder mit dem Namen Bea an. Neugieirig macht sich Clemmie mit ihrem Stiefcousin Jon an Nachforschungen. Auch erfährt der Leser - im Gegensatz zu den beiden - viel über Addies Kindheit. Mit sechs Jahren sterben ihre Eltern, eine Schriftstellerin und ein enterbter Adeliger bei einem Autounfall, und das Mädchen wird in die Obhut von Tante und Onkel gegeben. Im Herrenhaus Ashford Park verlebt sie eine eher freudlose Jugend, die einzig durch ihre Cousine versüßt wird. Die drei Jahre ältere Bea nimmt sie unter ihre Fittiche. Nach dem ersten Weltkrieg steckt Bea in einer eingeschlafenen Ehe, während Addie ihre Jugendliebe Frederick wiedertrifft. Der ist durch seine Zeit im Schützengraben jedoch zynisch und verbittert geworden und als Bea ihn kennenlernt, beginnt sie eine heftige Affäre ...

Das Buch ist ein richtiges Flutschbuch - allerdings so flutschig, dass darunter einiges gelitten hat. Es ist eine nette Geschichte und die Auflösung ist ebenfalls ... joah, nett halt. Happy Ends winken um die Ecke und düstere Geschehnisse werden beleuchtet. Ich will nicht zuviel spoilern, aber der Leser erfährt es ja sowieso schon am Anfang, dass Addie und Frederick sich doch noch kriegen. Leider, möchte ich sagen, denn die Hälfte des Buches fragte ich mich, was sie mit so einem Arschloch will. Und danach, was er mit so einer Zicke will. Also, eigentlich finden sich genau die richtigen zusammen und man könnte glücklich sein. Allerdings sind mir die Figuren - allen voran Clemmie und Jon, aber auch Bea und Addie - zu eindimensional und charakterarm geraten. Sie überraschen nicht wirklich und aufkommende Probleme werden entweder innerhalb einer Seite gelöst oder totgeschwiegen und ignoriert. Es ist ziemlich schade, dass da so viel verschenkt wird, das Buch wäre wirklich gut, wenn ein paar mehr Entwicklungen drin stecken würden. Spätestens bei Addies Reise nach Afrika wünsche ich mir mehr als kuhäugiges "Frederick ist so sexy"-Verhalten! Überhaupt fehlte mir in dem Buch die Atmosphäre, denn ehrlich, nur ein bisschen roter Sand reicht nicht, um mir den afrikanischen Kontinent vor Augen zu führen. Da war wenig schriftstellerisches Können am Weg und mehr ausgetretener Weg, den man schon hundertmal erlesen hat.

Fazit also: ein nettes Buch, aber man kann getrost drauf warten, bis es als Taschenbuch erscheint und es sich dann mal ausleihen.

[Buchgedanken] George R.R. Martin - Ein Lied von Eis und Feuer 2. Das Erbe von Winterfell

Ich hatte im letzten Eintrag ja vor allem über diese Reihe an sich geschwärmt, dieses Mal schwärme ich eben über das Buch spezifisch.

Die Ereignisse in Westeros wenden sich persönlichen Entwicklungen zu, noch mehr als im ersten Buch. Während Jon Snow in die Nachtwache eintritt und dort seinen Dienst an der Mauer ableistet, muss er sich immer mehr fragen, was er sein will: ein Stark, der er aber nie legitim sein wird, oder doch ein Bruder der Nachtwache, dessen Name sich nur durch seine dortigen Taten messen lässt. Sein Vater Ned Stark dagegen hat eine Handvoll Probleme als Hand des Königs zu lösen. Die Schulden des Königshauses haben es immer stärker in die Hände der Lannisters getrieben, die nur zu gern ihre Machtposition ausbauen - und gleichzeitig weiß er nicht, ob er König Robert erzählen soll, dass der Thronfolger Geoffrey nicht dessen leiblicher Sohn ist oder nicht. Und dann geschehen zwei Unglücke parallel. Neds Ehefrau setzt kurzerhand Tyrion Lannister unter Anklage, weil dieser den Mord an ihrem Sohn Bran in Auftrag gegeben haben soll, woraufhin die Lannisters zum Krieg gegen Winterfell rüsten - und der König stirbt durch einen Jagdunfall. Ned bereitet einen Putsch vor, er will statt Geoffrey den bruder des Königs auf den Thron verhelfen, durch Cercei ist schneller, und *zack* - innerhlab kurzer Zeit entwickelt sich der schönste Erbschaftskrieg, Ned sitzt wegen Hochverrats im Gefängnis und die kleine Sansa ist weniger Verlobte des Königs, sondern mehr Geisel des Königs - dessen sadistische grausamkeit sich immer deutlicher zeigt ...

Ich habe jetzt nur einmal die Haupthandlungslinie zusammengefasst und selbst hier schon wieder das Problem, dass dabei so viel drum herum passiert, was zum Teil noch in Band 1 beginnt und angelegt wird, dass ich die Hälfte vergessen habe und die andere Hälfte nicht ohne explizite Spoiler schreiben könnte. Aber ich muss sagen, dass ich diesen zweiten Band noch besser fand als den Vorgänger, was aber einfach daran lag, dass hier wirklich alles nebeneinander läuft und vor allem die verzwickten Zugeständnisse, taktischen Überlegungen und das Bündnisschmieden unglaublich gelungen dargestellt wird. Jeder will ein Stück vom Kuchen haben, im Hintergrund werden die Messer gewetzt und plötzlich bricht ein Krieg los, auf den jeder nur gewartet zu haben scheint. Währenddessen ist auch bei den Targaryen die Hölle losgebrochen. Danerys - die immer mehr neben Tyrion zu meiner Lieblingsfigur wird - integriert sich in ihre neue Familie, die sie im Volk ihres Ehemannes gefunden hat, nimmt dessen Sitten und Gebräuche an und lässt sich ihre Rolle als Königin gelegentlich ein wenig zu sehr raushängen. Jedenfalls für den Geschmack ihres Bruders, der wie ein bockiges Kleinkind neben dem Khal herstapft und kein anderes Wort mehr rausbringt als "Meine Armee, meine Armee, ich will meine Armee!"

Sehr gelungen ist auch dieses Mal die Figurenzeichnung. Die Hauptcharaktere - Ausnahme bildet vielleicht Sansa, die hoffentlich im Laufe der Zeit eine Entwickung machen wird, die sie rausbefördert aus dieser Spielball-Ecke, in der sie jetzt steckt - stehen vor Entscheidungen, die ihre eigenen Wertvorstellungen hinterfragen oder torpedieren können, und ein klitzeklitzekleines bisschen wird mir sogar Jamie Lannister sympathisch (da ich die Serie inzwischen weitergeschaut habe, weiß ich, dass diese Entwicklung anhalten wird - ein Glück, wenigstens die jüngere Männergeneration in diesem Haus ist so menschlich wie gelgentlich edel!) Geoffrey ist eine Figur, gegen die man sofort Hass verspürt, der muss nur den Mund aufmachen und mir geht ein Messer in der Tasche auf. Wobei ich glaube, so wird man einfach, wenn man als Soziopath zum Thronfolger erzogen wird :-D

Alles in allem geht hier weiter, was sich im ersten Band bereits gezeigt hat: ein Buch von epischem Ausmaß, bei dem jetzt auch noch die Schlachten beginnen. Freu ich mich auf Ende Mai, wenn ich die nächsten beiden Bände ausgeliehen bekomme ;-)

Samstag, 10. Mai 2014

[Buchgedanken] George R.R. Martin - Ein Lied von Eis und Feuer 1. Die Herren von Winterfell

Ostern hat es meine Schwester endlich geschafft, mich so richtig, richtig süchtig zu machen. Ich bin kein großer Fantasy-Fan, deshalb habe ich bislang auch einen kleinen Bogen um den ziemlichen Run auf "Game of Thrones" gemacht. Nachdem meine Eltern dann aber der Serie verfallen waren und die Bücher gelesen haben, wurde ich Ostern wirklich mit einem Buch an der Tür empfangen und den Worten "Lies es!" Ich kam diesem Wunsch nach und ... naja, zweimal fünfhundert Seiten in zwei Tagen dürfte wohl Werbung genug sein.

George R.R.Martin entführt seine Leser in den ersten beiden Bänden (die im Original ein Band sind, also nicht verwirren lassen) nach Westeros, einem Kontinent, der in sieben Reiche zerteilt ist, die von unterschiedlichen Familien beherrscht werden. Wir folgen zunächst einmal der Familie Stark, den Herren von Winterfell, dem Reich im Norden. Eddard Stark ist ein ruhiger Herrscher, der den Respekt seiner Ritter genießt und eine sehr große Familie sein eigen nennt. Als der König- ein Jugendfreund Neds - ihn zu seiner rechten Hand ernennt, bricht Ned mit seinen Töchtern Arya und Sansa in den Süden auf. Dort, in der Hauptstadt, soll Sansa später den Sohn des Königs heiraten und die Verbindung der Familien verstärken. Besagter Prinz Geoffrey ist im zarten Alter von 13 bereits ein ziemliches Arschlochkind, was vielleicht daran liegen könnte, dass er das Ergebnis eines Seitensprungs der Königin mit ihrem Zwillingsbruder ist. Cercei, die Königin, stammt aus dem Haus Lannister, dessen Machtgier nur noch von der Größe seines Geldbeutels überragt wird. Gleichzeitig zieht im Osten ein Sturm auf, denn der letzte Erbe des früheren Königs versucht eine Armee auf die Beine zu stellen. Dabei hilft die Ehe seiner Schwester Danarys, die er an den Khal Drogo verkauft, den Anführer einer Reiterarmee ...

So, wenn ihr bis jetzt alle Namen behalten habt, habt ihr noch nicht einmal im Ansatz die Hälfte der beteiligten Personen im Buch. Interessenten verweise ich an den Wikipedia-Eintrag ;-) Um es kurz zu machen, ich liebe diese Serie. Der erste Band ist nicht nur eine Einführung der Figuren, sondern es geht auch ziemlich die Post ab. Martin nimmt wenige Blätter vor den Mund, egal, ob es um Sex geht, um Gewalt oder darum, dass man im Notfall auch bereit sein sollte, über Leichen zu gehen. Er ist ungeheuer realistisch, wenn es darum geht, darzustellen, dass Herrschaft auch bedeutet, Verantwortung zu übernehmen, die man nur schwer tragen möchte, er ist an den nötigen Stellen brutal - eine Hinrichtung ist nichts nettes, es ist etwas, an dem auch der Scharfrichter zu tragen hat - er ist explizit, wenn es darum geht, Machtpositionen auszunutzen oder Sex als Währung zu nutzen. Und er ist ein großartiger Erzähler, der es schafft, mich keinen Moment darüber im Unklaren zu lassen, wo ich gerade bin. Bei dem Arsenal an Hauptfiguren, die er aufstellt, verliert man nie den Überblick, und das, obwohl die Handlungen dieser Figuren so vielschichtig sind, dass man immer wieder überrascht wird von ihnen.

Keine der Figuren, die dir hier begegnen, ist auch nur im mindesten eindimensional. Sie sind tatsächlich Menschen, die in diesem Spiel um die Thronherrschaft geschoben werden oder sich selbst schieben, die ihre wahren Gefühle verstecken oder ihre Handlungen verschleiern, die sich nach dem Umblättern einer Seite als etwas ganz anderes entpuppen als man anfangs erwartet hat. Ich habe schon lange kein Buch mehr gelesen, das ich nicht einmal zur Seite legen konnte, um aufs Klo zu gehen, sondern das ich mitgenommen habe, um nur ja keine Sekunde aus dieser Welt auszutauchen. Und das Schlimmste ist: die Serie ist haargenau so. Exzellente Besetzung, großartige Bilder - und sie nimmt sich jede Menge Zeit, den Zuschauer in Martins Welt einzuführen.

Ja, ich lese dann mal die Bände 3 bis 10 nach ;-)

[Buchgedanken] Alina Bronsky - Nenn mich einfach Superheld

Der 16jährige Marek fühlt sich leicht verarscht, als seine Mutter ihn in einer Selbstbilfegruppe unterbringt. Denn er will sich nicht helfen lassen, er will einfach nur in Ruhe gelassen werden und mit seiner Vergangenheit abschließen, statt sie aufzuarbeiten. Denn Mareks Leben gliedert sich in zwei Zeitabschnitte. Die Zeit vor dem Kampfhund, als er als Star der Schultheatergruppe und beliebter Schüler glänzte - und die Zeit nach dem Kampfhund, der ihm das Gesicht zerbissen hat. Marek ist verbittert und kapselt sich von seiner Umwelt ab - und dass er jetzt mit einer Horde Behinderter über seine Probleme sprechen soll, findet er alles andere als angenehm. Als er dann auch noch mit der Gruppe in ein verlängertes Wochenende in die mecklenburgische Pampa fahren muss, hält ihn nur die Hoffnung auf einen verlängerten Flirt mit seiner Gruppenkameradin aufrecht. Und dann stirbt plötzlich sein Vater und Marek muss sich nicht nur zur Beerdigung aufmachen, sondern sich allmählich die Frage stellen, ob er tatsächlich weiterhin sein Leben von seinem Gesicht beeinflussen lassen will...

Ich habe das Buch spontan mitgenommen, weil es diesen hübschen rosa Umschlag hat. Okay, und weil ich nach "Die schärfsten Gerichte der tartarischen Küche" wirklich angetan war von Alina Bronskys Erzählen. Auch in "Nenn mich einfach Superheld" war ich sehr schnell in der Geschichte drin und habe mich mit Marek gut unterhalten. Und das, obwohl dieser Junge eigentlich ein ziemliches Arschloch ist, das seine Verletzungen zu einer hervorragenden Ausrede verwendet, um diesen Charakterzug voll auszuspielen. Je mehr Seiten ich gelesen habe, desto mehr habe ich mich gefragt, wie schlimm seine Narben wohl tatsächlich sind, denn wirklich beschrieben wird das nicht. Seine Mutter, die ihn dazu bewegen will, weiterzumachen und sein Leben wieder aufzuführen, tut so, als wäre es nur ein Kratzer - er selbst klingt, als hätte er die Hälfte seines Gesichts eingebüßt. Marek ist zumindest ein ungewöhnlicher, weil extrem egoistischer Held, kommt aber nicht im Ansatz an die Oma aus der tartarischen Küche heran.

Was ich vom restlichen Buch halten soll, weiß ich aber immer noch nicht. Irgendwie ist mir die ganze Geschichte mit ihrer Auflösung zu unrealistisch, zu simpel an der ein oder anderen Stelle, zu ... ich kann es nicht genau sagen. Als ich das Buch gelesen habe, ist es quasi an mir vorbeigeflossen und ich hatte das Gefühl irgendetwas wichtiges übersehen zu haben. Aber ich könnte nicht sagen, was das sein soll. Der Subtext, der hier mit Sicherheit vorhanden ist, hat mich nicht beachtet, und ich selbst war zwar unterhalten, aber es war ein bisschen wie mit einem McDonalds-Burger: wenn man ihn isst, schmeckt er lecker, aber lange hält er nicht vor.