Mittwoch, 19. November 2014

[Buchgedanken] Joachim A. Lang - Heinrich George. Eine Spurensuche

Es gibt Personen, die selbst nach ihrem Tod noch eine Aura umgibt, dass man vor ihnen niederknien möchte. Oder zumindest ihren Namen nur sehr, sehr leise und ehrfürchtig aussprechen möchte. Heinrich George muss ein solcher Fall sein - oder, wie ihn selbst seine Söhne heute noch nennen "George" ist ein solcher Fall.

Heinrich George gehört zu der alten Schauspielgarde der Zwanziger und Dreißiger Jahre. Als Theatermensch feiert er Triumphe, Goethes Götz von Berlichingen ist seine Paraderolle.Und 1933 steht er wie alle anderen Künstler plötzlich vor der Frage, was zu tun ist: sich it den Nazis arrangieren oder emigrieren? George entscheidet sich für Ersteres, versucht unpolitisch zu bleiben und lässt sich gleichzeitig für Propagandafilme buchen. Spielt den kommunistischen Vater in "Hitlerjunge Quex", hält im Krieg tapfere Durchhalteansprachen, wird hofiert und bleibt gleichzeitig immer dre Polterer, der zuhause Gemälde angeblich entarteter Maler offen aufhängt ...

Das Buch - Nebenprodukt des Films "George", der letztes Jahr in der ARD lief - ist der Versuch einer Annäherung an diesen Menschen. Weniger eine Spurensuche, denn dazu wird zu wenig nachgefragt, sondern vielmehr eine Sammlung von Interviews bzw. Erinnerungen seiner Wegbegleiter. Seien es die zwei Söhne, deren ehrfürchtiges Nichtwissen um den Vater immer wieder durchscheint, seien es Kollegen aus der Zeit des Natioanlsozialismus und Mitgefangen aus dem Lager, in dem George schließlich starb, sie alle geben ihre Eindrücke von ihm wieder und schaffen es, ein irritierendes Bild vieler Facetten zu malen, die George aber dennoch nicht immer greifbar werden lassen. Niemand außer ihm kann beantworten, warum er sich so verhielt, wie er es tat. Mich als Leser hat das Buch mit sehr vielen Fragen zurückelassen, gleichzeitig aber auch mit sehr vielen spannenden Informationen versorgt, die ich so nicht parat hatte. Als Ergänzung sicher nicht übel, als einzige Informationsquelle fehlt mir aber zu viel Autorenarbeit.

Samstag, 15. November 2014

[Buchgedanken] Stephen Rebello - Hitchcock und die Geschichten von Psycho

Diese Kritik muss ich einem Freund widmen, der mich zweieinhalb Monate lang genervt hat, bis ich endgültig die Schnauze voll hatte und das Buch gelesen habe. Vielen Dank, ohne dieses auf-die-Zehen-Treten hätte ich ein geradezu geniales Sachbuch verpasst und nie erfahren, dass man auch Sachbücher verfilmen kann ...

Die Rede ist von einem Klassiker der Filmwissenschaften. Stephen Rebello stellt in diesem Buch die Entstehung des Filmklassikers "Psycho" dar und analysiert dabei sowohl den Entstehungshintergrund als auch das extrem zerbrechliche Geflecht zwischen Alfred Hitchcock und seinen Mitarbeitern. Während der "Meister des Schreckens" filmtechnisch nur Verneigungen ernten kann, war Mitarbeiterführung für ihn eher ein Fremdwort. Quasi diktatorisch herrschte Hitchcock am Set, nahm nur das zur Kenntnis, was für sein Schaffen notwendig war, und ließ die langweiligen Arbeiten lieber von anderen erledigen. Wobei er auch da immer die Eminenz im Hintergrund war, eigenständige Arbeit war nur dann möglich, wenn sie in sein Gesamtkonzept passte. Auch seine Hauptdarstellerinnen wurden von ihm gegängelt und gedrängelt, da er mit Grace Kelly eine Art Gesamtkunstwerk geschaffen hatte, das es dann wagte, ihm durch ihre Hochzeit mit einem dahergelaufenen Monarchen die Pläne zu versauen! Als Hitchcocks Interesse für "Psycho" geweckt wurde, begannen nicht nur intensive Produktionsarbeiten, sondern auch eine sehr spannende Neuerung im Bereich des Kinofilms - das Publikum dazu zu bringen, einen Film von Anfang an zu sehen ...

Das Buch ist chonologisch aufgebaut und folgt den Dreharbeiten von der ersten Drehbuchidee bis zum ausgeklügelten Werbefeldzug und den enttäuschten Oscar-Hoffnungen. Das ist besonders gut für jemanden, der keine Ahnung hat, was eigentlich alles zum Filme-Machen dazugehört - man wird da vermutlich fast erschlagen von Berufen, die man noch nie zuvor gehört hat. Was ich mir hier und da gewünscht hätte, wäre umfangreicheres Bildmaterial gewesen, mit dem man die betreffenden Personen mal gesehen hätte und vor allem auch die Szenen aus "Psycho" noch einmal hätte nachvollziehen können - ich habe mir den Film letztlich tatsächlich auf DVD besorgt, weil es verdammt spannend war, die Szenen zu Rebellos sehr klugen Analysen noch einmal anzuschauen. Das Buch ist interessant, lehrreich, faszinierend und extrem spannend geschrieben - trotz des extrem langweilig klingenden Themas - wer sich auch nur im Ansatz für Filme interessiert, sollte hier mal zugreifen. Oder sich den Film "Hitchcock" ansehen - der ist nämlich das Buch als Film :-p

[Buchgedanken] Markus Heitz - Die Mächte des Feuers

München, 1925. Silena arbeitet wie ihre beiden Brüder für eine Orgaisation der katholischen Kirche, die sich einem einzigen Ziel verschrieben hat: Drachen zu töten. Da Flugdrachen bis in die Gegenwart hinein aktiv sind, haben sich die Nachfahren der Drachenheiligen ihrer Vernichtung verschrieben, wobei jede Familie sich ein wenig spezialisiert hat. Und so ist Silena eine der wenigen Pilotinnen, die es wagt, die Viecher direkt im Luftkampf zu besiegen. Als ihre beiden Brüder getötet werden, bekommt Silena von ganz oben den Befehl, Pause zu machen und dafür zu sorgen, dass ihre Linie nicht ausstirbt - doch sie hat ganz andere Pläne, will sie doch den Tod ihrer Brüder rächen. Was jedoch auch sie nicht ahnt: neben den gewöhnlichen Drachen gibt es die Altvorderen, Drachen, die man nur aus den Mythen und Legenden kennt. Sie sind es, die die Welt beherrschen und die gerade wieder einmal zu einem neuen Krieg rüsten ...

Ich habe das Buch jetzt endlich mal wieder gelesen, da ich nach einer riesigen medimops-Bestellung die Fortsetzung "Drachenkaiser" im Schrank stehen habe und doch nochmal kurz nachvollziehen wollte, was da eigentlich los ist. Wie immer bei Markus Heitz haben wir hier ein hochgradiges Action-Spektakel, bei dem viel Geknalle und Explosionen gepaart mit einem hohen Bodycount auftritt. Das ganze aber so charmant und schnell erzählt, dass man sich dabei vor allem blendend unterhalten fühlt. Das Reizvolle an "Die Mächte des Feuers" ist einfach die Tatsache, dass wir es hier mit einer Art Paralleluniversum zu tun haben, in der Drachen alltägliche Behinderungen des Flugverkehrs sind und noch immer die alten Königreiche existieren, da der Erste Weltkrieg ein wenig anders ausgegangen ist als wir es kennen. Dass nämlich Staatsoberhäupter nichts anderes sind als Spielfiguren in einem Jahrtausende alten Kampf der Urdrachen ist ein spannender Schachzug, aus dem Heitz hier einiger herausholt. Die abgedrehten Ideen und vor allem der Machtkampf der Drachen untereinander sind spannend ausgearbeitet und vor allem der finale Endkampf bietet alles, was das Actionherz benötigt.

Allerdings finde ich dann doch, dass in diesem Buch die sehr eindimensionalen Figuren mehr als offen zutage treten. Mir ging gerade Silenas permanente Tough-heit zunehmend auf den Wecker, die dann in einer extrem klischeehaften Liebesepisode endet. Aber andererseits: diese Drachen sind schon verdammt cool :-)