Montag, 21. März 2016

[Rezensionsexemplar] Rita Hampp - Im Dunkel der Schuld

Die Galeristin Ebba ist eines von drei Kindern eines vor Jahren verstorbenen Malers. Was niemand weiß ist, wie sehr dieser Vater sie und ihre Geschwister psychisch misshandelte - bis heute leiden die drei unter diesen Kindheitserlebnissen. Auch ihre Mutter ist kaum eine Hilfe, hat sie sich eingerichtet in ihrer eigenen Welt zwischen Kirche und Gebetkreis. Als Ebbas Bruder Georg an einem Hezrinfarkt stirbt, weist alles auf einen natürlichen Tod hin, doch Ebba ist irritiert. Was hat den schweren Klaustrophobiker dazu gebracht, in einen Fahrstuhl zu steigen? Als sich immer mehr seltsame Zufälle in ihrem Umfeld häufen, erkennt Ebba, dass die Vergangenheit ans Licht drängt und sie sich den Dämonen ihrer Kindheit stellen muss ...

Ja, tatsächlich passt das Cover sehr gut, denn als Leser steigt man hier Schritt für Schritt hinunter in die Kindheit Ebbas. Diese Szenen haben es durchaus in sich, auch wenn ich gelegentlch über das Alter er Protagonisten ein wenig erstaunt war - bei der einen Szene muss Georg zumindest schon 19 sein, dafür wirkt sein Verhalten aber sehr ... kindisch ist das falsche Wort.

Was ich für einen Thriller ungewöhnlich, gleichzeitig aber extrem faszinierend fand, war die lange Zeit über mehrere Jahre, die die Haupthandlung beinhaltet. Da stapeln sich nicht Leichen innerhalb von Tagen, sondern es entsteht ein allmähliches Gefühl der Bedrohung, bei der ich sehr lange nicht wusste, was dabei rauskommen wird. Als Leser ist man dabei zumindest in der bequemen Position, bereits zu wissen, dass wirklich eine geheimnisvolle Person existiert, die es auf Familie Seidel abgesehen hat, aber wer das ist, stellt sich erst etwa hundert Seiten vor Ende endgültig heraus. Leider wird da dann alles sehr Knall auf Fall abgehandelt, das ging mir persönlich zu schnell.

Wird man mit den Figuren warm? Eher nicht. Natürlich versteht man durch ihren Hintregrund viele ihrer Verhaltensweisen, aber irgendwie war mir keiner der Seidels sympathisch und auch der gute Jörg war mir zu nett und verzeihend. Hier hätte die Autoren insgesamt ein bisschen kantiger und auch mal sympathischer schildern können.

Insgesamt fand ich das Buch toll, grade weil es nicht ganz so 08/15 war wie andere Thriller, die ichin letzter Zeit gelesen habe. Vielleicht bin ich genau deshalb auch so davon überzeugt worden :-)

Freitag, 11. März 2016

[Rezensionsexemplar] Niall Williams - Die Geschichte des Regens

Ruth is 19 Jahre als und wird an Leukämie sterben. Also liegt sie in ihrem Zimmer, von dem aus man den Shannon hören kann, lauscht dem ständigen irischen Regen und  liest sich durch die dreitausendneunhundertfünfundachtzig Bücher, die ihr Vater Virgil Swain ihr hinterlassen hat. Inspiriert von der Lektüre und ihrer eigenen überbordenden Fantasie lässt sie vor den Augen des Lesers ihre Ahnen aufmarschieren: Urgroßvater Absalom Swain, den Reverend, Großvater Abraham, der beim Stabhochsprung das Fliegen lernte, und schließlich ihre Eltern Virgil und Mary, die sich vornahmen, die unfruchtbarsten vierzehn Morgen Erde, die Westirland zu bieten hat, urbar zu machen ...

Entweder ist es mein schwangerschaftshormongeplagtes Gehirn oder einfach nicht die richtige Zeit - aber ich und das Buch sind einfach nicht warm geworden, so dass ich bis zur Hälfte gekommen bin, es danach fast vier Wochen neben meinem Bett lag und mir jedes Mal ein schlechtes Gewissen verschaffte, kaum, dass ich es angesehen habe ... Schließlich habe ich mich dazu gezwungen, es zu beenden, hatte damit aber wirklich nicht viel Spaß, ws ich auch für mich schade finde.

Ich hatte mir das Buch ausgesucht, weil der Klappentext wahnsinnig gut klang. Es geht um Literatur, um Irland, um Familie, eigentlich alles, was mich so durch die trüben Wintermonate bringt. Aber chon nach wenigen Seiten musste ich feststellen: dieses Buch ist unendlich ermüdend. Das liegt vor allem am Erzählstil. Nicht nur, dass Ruth ganz getreu der Flussmetapher schweift und Bögen schlägt, ging mir ihr Wortschatz so gewaltig auf die Nerven, dass ich gelegentlich gewünscht habe, dass die Leukämie sich mal beeilt. Gemein, ich wei. Aber dieses permanente "werter Leser" hier und "werter Leser" da gekoppelt mit der nervigen Angewohnheit, jedes zweite Wort in Großbuchstaben zu schreiben (merke: wenn man betonen will, dann sollte man dabei nicht dafür sorgen, dass der Leser vor lauter Bedeutung den Überblick verliert!) - ich bin regelmäßig mit dem Buch in der Hand eingeschlafen und war doch nur zwei Seiten weitergekommen. Es ist nicht so, dass die Geschichte an sich langweilig wäre, aber mir fehlt einfach ein roter Faden, der micht wirklich durch das Buch führt und mich dazu bringt, es beenden zu wollen. Ich habe mir noch nie so schwer damit getan, ein Buch zu lesen, habe dabei an mir selbst immer wieder gezweifelt, ob ich irgendetwas nicht verstehe oder dergleichen - aber anscheinend ist Niall Willias Stil einfach nichts für mich.

Donnerstag, 10. März 2016

[Buchgedanken] Sebastian Fitzek/Michael Tsokos - Abgeschnitten

Rechtsmediziner Paul Hertfeld verbringt einen einigermaßen normalen Arbeitstag mit der Obduktion einer bestialisch verstümmelten Frauenleiche. Dabei stößt er auf eine Kapsel, in der sich die Handynummer seiner Tochter befindet - und auf ihrer Mailbox eine Nachricht von ihrem Entführer. Zur selben Zeit stolpert die Comiczeichnerin Linda auf der Insel Helgoland an der sturmgepeitschten Küste über eine Leiche, auf der der Entführer ebenfalls Hinweise hinterlasen hat. Herzfeld und Linda bleibt keine Wahl, als telefonisch zusammenzuarbeiten ...

Oh. Mein. Gott.

Anders kann ich meine Reaktion auf das Buch zusammenfassen. Ich habe es auf einer längeren Bahnfahrt quer durch Deutschland zwar kmplett gelesen, war dazwischen aber immer wieder versucht, es einfach nur aus dem Fenster zu werfen und seinem Schicksal am Bahngleis zu überlassen. Der einzige Grund, warum ich das nicht getan habe, war, dass ich leider kein anderes auf der Reise dabei hatte.

Irgendwie hatte das Buch so viel Potential. Ein profilierter Thrillerautor und der Leiter der Rechtsmedizin in der Berliner Charitée tun sich zusammen - da kann doch nur was Gute bei rauskommen. Also zumindest kommt dabei was raus, allerdings eine hanebüchene Story, die in einer so kruden Verteidigung von Selbstjustiz gipfelt, dass sich mir alles umgedreht hat. Ich hätte es ahnen können, beginnt das Buch doch quasi mit der Gegenüberstellung zweier Fälle, einmal ein Diebstahldelikt und einmal eine Vergewaltigung - und selbstverständlich wird der geneigte Leser denken, wie ungerecht doch das deutsche Rechtssystem ist. Damit ist die restliche Richtung des Romans schon vorgegeben. Denn letztlich ist das Buch nichts anderes als eine Feier des einsamen Helden, der das Recht in seine eigenen Fäuste nimmt. Das wird bereits mit dem ersten Auftreten vo Mr.Superman aka Herzfeld deutlich, der heldenhaft einen misshandelten Hund rettet, indem er dem Tierquäler so richtig das Nasenbein und anderes zertrümmert. Jetzt weiß ich, was aus TKKG-Tarzan geworden ist!

Nach einigen halbherzig komischen Einlagen in der Rechtsmedizin, die vermutlich zeigen sollen, dass die auch Humor haben, kommt dann die erste Szene am Rande der Glaubwürdigkeit (also halt neben dem Mord am Anfang, dem Karate-Kicker und allem anderen bisherigen), nämlich eine obduktion per Telefon. Durchgeführt von einem medizinischen Laien und angeleitt vom Superhero persönlich. Im weiteren Verlauf werden dann noch auftreten ein durchgeknallter Stalker, diverse Leichen, deren Verletzungen immer wieder möglichst detailliert beschrieben werden. Ach ja, und dazwischen immer wieder - damit der Leser auch versteht, dass man so jemanden einfach umbringen muss - die detaillierte Schilderung der Vergewaltigung einer Schülerin.

Mehr steckt nicht im Buch. Jede Menge Blut und Gewalt und ein extrem merkwürdiges Rechtsempfinden, in dem es gerechtfertigt erscheint, Selbstjustiz zu üben. Kann man haben. Muss man aber wirklich nicht.

Mittwoch, 9. März 2016

[Rezensionsexemplar] Val McDermid - Anatomie des Verbrechens. Meilensteine der Forensik

Schon wieder ein Sachbuch über Forensik? Wer den Buchmarkt in dieser Hinsicht kennt, der weiß, dass es etliche gibt. Nicht jedes qualitativ wertvoll und vor allem stolpert man im Laufe der Zeit einfach immer wieder über dieselben Fälle, weil die nunmal wichtig oder besonders oder erwähnenswert sind. Insofern war ich natürlich einerseits gespannt auf dieses Rezensionsexemplar, andererseits hatte ich mich auch schon fast damit abgefunden, dass es eben doch wieder eins von vielen anderen Büchern sein würde, die sich in meinem Forensik-Regalbrett drängeln.

Glücklicherweise wurde ich dabei ziemlich schnell eines besseren belehrt. Val McDermid, die als Krimiautorin natürlich bekannt ist, verfolgt hier nicht den Ansatz, einfach nur ein paar Fälle nachzuerzählen. Vielmehr geht es ihr darum, dem Leser einen Einblick in die forensische Arbeit zu gewähren und zu zeigen, was heute eigentlich alles möglich ist. Jedes Kapitel ist dabei einem Reilbereich gewidmet, der sowohl in historischer Entwicklung als auch in seiner heutigen ausprägung gezeigt wird. Dazu schaut sie führenden Experten aus Großbritannien über die Schulter, die aus ihrem Arbeitsalltag berichten. Auf diese Weise werden auch eher komplexe Zusammenhänge wie beispieslweise die Frage nach dem Ausbreiten von Bränden sehr schnell verständlich. McDermid ist neugierig und stellt die richtigen fragen, nämlich die, die sie auch bei der Recherche zu ihren Romanen stellen muss, um zu verstehen, was das eigentlich alles beinhaltet. Für mich besonders interessant war das Kapitel über die Arbeit im Gericht, in dem auch für Nicht-briten das englische Rechtssystem erklärt und in Vor- und Nachteilen dargestellt wird.

Natürlich gibt es ein Wiedersehen mit Dr.Crippen und anderen. Und ein Buch, das die englsiche Forensik thematisiert und nicht den Namen Sir Bernhard Spillsbury beinhaltet, kann es einfach nicht geben. Was mir aber gefallen hat, ist, dass mcDermid mit eben beispielsweise diesem Helden der britischen Rechtsmedizin sehr kritisch ins Gericht geht und die heute geäußerte Kritik an seinen Methoden und seinem Verhalten vor Gericht mit in ihr Buch einbezieht. Alles in allem war es für mich ein echt gutes Buch, das mein Interesse in Forensik weiter nährt und nicht nur altes aufbereitet, sondern einen interessanten Einblick in den aktuellen Zustand der forensischen Tatortarbeit liefert.

Dienstag, 1. März 2016

[Rezensionsexemplar] Kate Morton - Das Seehaus

Sadie Sparrow ist Polizistin und hat einen Kardinalfehler begangen. Weil sie, im Gegensatz zu ihren Vorgesetzten, nicht daran glaubt, dass eine junge Frau ihre kleine Tochter einfach in der Wohnung zurücklässt und verschwindet, hat sie den Fall an die Presse weitergegeben - und sieht sich jetzt mit einer internen Ermittlung konfrontiert. Vorsichtshalber begibt sie sich aus dem Schussfeld und macht Urlaub bei ihrem Großvater in Cornwall, wo sie beim Joggen auf ein verlassenes Haus stößt. Dort ist 1930 ein zweijähriger Junge unter mysteriösen Umständen verschwunden, der Bruder der heute gefeierten Schriftstellerin Alice Edevane. Sadie ist von dem Fall fasziniert und will dem Geheimnis auf den Grund gehen ...

Was habe ich auf dieses Buch hingefiebert, seit ich wusste, dass es einen neuen Morton geben wird. Demnentsprechend habe ich mich auch direkt um das Rezensionsexemplar beworben und hatte es pünktlich zum Wochenende hier. Und wie jedes einzelne Mal habe ic das Buch förmlich eingesogen, weil Kate Morton es mir sehr einfach macht, ihren Wendungen zu folgen. Im Gegensatz zu vielen anderen Autoren dieses Genres gelingt es ihr wirklich gut, sinnige Übergänge von der Gegenwart in die Vergangenheit zu finden, so dass ich beiden Handlungssträngen gerne folge und mich über die Verknüpfungen freue. Dieses Mal spielt sie sehr stark mit den Erwartungen und legt einige offene Fährten, nur um sie kurz darauf um 180° zu drehen. Diese Kniffe und Twists haben das Buch nicht nur sehr kurzweilig gemacht, sondern führen auch dazu, dass ein Großteil des Buches immer wieder neue Facetten präsentiert. Dieses Mal ist der Erste Weltkrieg und seine Auswirkungen ein großes Thema, das immer wieder aufkommt, und grade das Leben in der Familie Edevane war für mich spannend durch die immer wieder neuen Informationen, die das bisher Gelesene ziemlich durcheinander schütteln. Das ist nunmal Mortons große Stärke und der Grund, warum ich immer zu ihr zurückkehren werde.

Dennoch bin ich vom Buch nich tzu 100% restlos begeistert wie ich es bei anderen ihrer Büchern bin. Und das liegt eindeutig daran, dass sie dieses Mal versucht, alle Stränge miteinander zu verflechten, wodurch für mich aber kein wirkliches Kunstwerk sondern mehr ein Knoten herauskommt. Was ich damit meine kann ich schlecht ohne Spoiler schreiben, aber so viel sei verraten: einige der Auflösungen war einfach so einerseits vorhersehbar und meiner Meinung nach auch so unnötig, dass ich mich wirklich drüber geärgert habe. Darunter hat für mich wirklich der Spaß gelitten, denn dieser "Zufall" war einfach nur ... naja, ein klassischer Fall von "ich versuch jetzt mal, mir was auszudenken, was iiiiiiiiiiiirgendwie möglich sein könnte".

Muss man das Buch jetzt meiden wie der Teufel das Weihwasser? Quatsch, bloß nicht. Lest es, denn es macht Spaß und man lernt sogar noch das ein oder andere über die Geschichte des Kriminalromans. Aber ähnlich wie bei Agatha Christie muss man eben damit leben, dass manche Wendung die Glaubwürdigkeit schon sehr strapazieren kann ;-)