Samstag, 14. Juli 2012

Waltraut Lewin - Ein Haus in Berlin

Waltraut Lewin hat sich mit ihrer Dreierreihe eingegliedert in eine Reihe anderer Jugendbücher, die historische Wendepunkte zum Ausgnagspunkt nehmen, eine längere Familiengeschichte zu erzählen (allen voran ist das Klasu Kordon mit seiner "Trilogie der Wendepunkte" zu nennen, die ich euch irgendwann auch vorzustellen gedenke). Lewin erzählt die Geschichte einer Familie, die in den Jahren 1890, 1935 und 1989 in den Mittelpunkt des Leser gerückt wird. In "Luise, Hinterhof Nord" nimmt diese Geschichte ihren Ausganggspunkt. Luise ist die Tochter einer Quartalssäuferin, die in ihrem lichten Momenten als Waschfrau arbeitet, und eines Invaliden. Zusammen mit Eltern und drei weiteren Schwestern lebt sie in einem Hinterhofgebäude im Schanzenviertel, und trotz ihrer erst 16 Jahre weiß sie schon sehr genau, was sie will: raus aus diesem Leben, rein in die Beletage, ins Vorderhaus. Dabei helfen soll ihr Bertram Glücksmann, der Sohn eines assimilierten und getauften Juden, mit dem sie eine Beziehung eingeht - die in einer Ehe münden wird, da ist sich Luise sicher... Im zweiten Band geht es weiter mit Katharina Sander. Sie ist die Großnichte von Luise und lebt im Hinterhaus, während im Vorderhaus Paula, Luises Tochter, als Malerin arbeitet und Katharina, die von allen nur Katze genannt wird, gelegentlich Malunterricht erteilt. Als in der Beletage eine Familie strammer Nazis einzieht, verliebt sich Katharina in deren Sohn Gerolf - und muss sich plötzlich entscheiden, zwischen ihrer Jugendliebe und ihrer halbjüdischen Tante, deren Kunstwerke plötzlich als "entartet" gelten... 44 Jahre später, am 10.November 1989, erwacht Karola im ehemaligen Vorderhaus. Das steht in Ostberlin, während das Hinterhaus zu Westberlin gehörte - die deutsche Teilung zieht sich also durch die gesamte Hausgemeinschaft. An der Mauer trifft sie auf einen Mann, der sich freut sie zu sehen und sie zu kennen scheint. Er führt sie in eine Wohnung, in der sie auf ihr absolutes Ebenbild trifft - Kordula. Diese beiden und später auch ihre Freunde im Osten scheinen Dinge von ihr zu wissen, über die sie selbst keine Kenntnis hat, doch niemand ist bereit, ihr Erklärungen zu geben oder auch nur ihren Fragen zuzuhören...

Das sind also die drei Bände der Trilogie ganz kurz zusammengfasst. Die Idee, ein Haus zum Mittelpunkt einer Geschichte zu machen, ist gar nicht so schlecht, ich muss aber wirklich sagen, dass die Bücher erheblich schwächer werden von Band zu Band. Band eins finde ich hervorragend, da ist einerseits eine glaubwürdige Geschichte, andererseits ein realistisches Setting und sehr viel Berliner Lokalkolorit, das die Kaiserzeit sehr lebendig werden lässt. Luise ist eine sehr gut ausgearbeitete Figur, die sich durchzusetzen weiß, während der Rest ein wenig farblos bleibt. Im zweiten Band wird die Figurenzeichnung dann schon dürftiger, der historische Hintergrund auf nur einen Aspekt des Nationalsozialismus gefällt mir schon nicht mehr ganz so sehr, und Katharina ist aals Figur in meinen Augen einfach nicht gut ausgearbeitet, sondern wirkt immer extrem sprunghaft und eher der Situation angepasst, wie man sie grade braucht, damit die Geschichte funktioniert. Das Ganze wird dann aber im dritten Band nochmal wirklich verschlimmert, hier wirkt die gesamte Geschichte so konstruiert und bemüht, dass ich noch nichtmals agen könnte, alles verstanden zu haben - mein Gehirn hat sich dem einfach vesprerrt, diese Dinge zu akzeptieren und nur im Ansatz für realistisch geschildert zu halten. Das ist schade, denn grade die Wendezeit ist in historischen Jugenbüchern relativ selten ein Thema. Ich kann also den ersten Band wirklich empfehlen, die Folgebände aber nur dann, wenn man grade wirklich nichts anderes zu tun hat.


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