Samstag, 16. Juni 2018

[In eigener Sache] Wir sehen uns bei Wordpress

Ihr Lieben, ab sofort ist es soweit. In neuem Design, in gewohnt semieloquenter Weise und immer noch mit viel spaß und viel zu wenig Zeit begrüße ich euch ab sofort auf wordpress. Der Blog hier bleibt erst einmal offen, weil ich im Laufe der Zeit alle meine Rezensionen neu überarbeitet auf dem neuen Blog integrieren will - aber das wird vermutlich eine Ewigkeit in Anspruch nehmen.

Ein Klick aufs Bild bringt euch hin und ich hoffe, wir sehen uns!




Donnerstag, 24. Mai 2018

[In eigener Sache] Der Blog zieht grade um

Nicht wundern, wenn es etwas ruhiger ist hier - ich nutze eine Woche Ferien, um meinen Blog endlich auf ein wordpress-Format umzustellen und etwas umzuändern. ;-)

Sonntag, 13. Mai 2018

[Rezensionsexemplar] Sarah Graves - Die anderen Mädchen

Mit dem Fall der vermissten vierzehnjährigen Tara droht Lizzie Snow von der Mordkommission Maine an ihre Grenzen zu kommen, als sich eine Verbindung zu einem alten Verbrechen auftut. Ein Mann, der mehrere Mädchen entführte, ist aus dem Gefängnis entkommen und hält sich in den Wäldern von Bearkill auf. Hat er Tara in seiner Gewalt? Während Lizzie gleichzeitig nach dem Mädchen und dem Psychopathen sucht, breitet sich ein verheerender Waldbrand aus. Ein fieberhafter Wettlauf gegen die Zeit und das Feuer beginnt.

Was für ein fulminanter Klappentext, bei dem ich sofort auf dem bloggerportal zugegriffen habe. Leider war ich beim Lesen dann doch ziemlich enttäuscht und muss gestehen, dass ich die letzten 50 Seiten dann nur noch quer gelesen habe, um zum Ende zu kommen. Lizzie Snow und ihre Männergeschichten, ihr natürlich tragischer Hintergrund-Kriminalfall, Rückereinnerungen in den Fall des Entführers vor einigen Jahren, das aktuelle Verschwinden von Tara - und dann auch noch ein Waldbrand oben drauf. Mir war in diese Seiten einfach zu viel Dramatik auf einmal gepackt. Dass dann auch noch mein am Anfang mal spaßeshalber gedachter Verdacht sich als die tatsächlich richtige Spur entpuppte, hat nicht dazu beigetragen, das Buch zu mögen.Es war ja nicht direkt schlecht, aber so viel und in vielen strecken ein wenig unausgeführt und immer nur auf den nächsten Effekt hin erzählt. Ich konnte und wollte mich wirklich nicht in die Handlung fallen lassen, Lizzie bot mir keine hinreichende Identifikationsmöglichkeit. Insgesamt also leider eine wenig beeindruckende Lektüre für Nebenher.  

[Rezensionsexemplar] Titus Müller - Der Tag X

Das Leben der Gymnasiastin Nelly Findeisen wird mit jedem Tag komplizierter. Es reicht nicht, dass sie ihren Vater, der vor sieben Jahren nach Russland abkommandiert wurde, nie mehr sieht, auch ihre Mutter wird ihr zusehends fremder. Hinzu kommt ihr Engagement in einer kirchlichen Jugendorganisation, was im Frühjahr 1953 zum Rauswurf aus der Schule führt. Trost könnte sie bei dem jungen Uhrmacher Wolf Uhlitz finden, der sich in sie verliebt hat. Er will ihr helfen, legt sich dafür sogar mit seinem Vater an, entwendet staatliche Dokumente und landet im Gefängnis. Was Wolf nur vage ahnt: Die junge Nelly steht in einer geheimnisvollen Verbindung mit einem russischen Spion namens Ilja, der sie mit Nachrichten über ihren verschleppten Vater versorgt und den Austausch von Briefen mit ihm vermittelt. Wie Wolf träumt auch Ilja von einem Leben mit Nelly – aber als sich in Berlin und Halle die Unzufriedenheit mit dem Regime in Massendemonstrationen entlädt, hängt ihrer aller Leben an seidenen Fäden.

Hiermit verkünde ich, dass ich das Lesehighlight für 2018 für mich gefunden habe. Vielen Dank, bloggerportal, das du mir dieses Buch als Rezensionsexemplar ermöglicht hast, denn ohne dich wäre ich nicht darüber gestolpert! Ja, wirklich, im Ernst, liebe Leser, dieses Buch ist für mich einer der besten historischen Romane über zeitgenössische Geschichte, den ich gelesen habe, trotz Liebeswirrungen umd einem Klappentext, der diesen wirklich dichten und mit Figuren vollgedrängten Roman auf eine Dreiecksbeziehung reduziert. Denn eigentlich sind Nelly, Wolf und Ilja nur ein winziger Teil ll dieser miteinander verbundenen Pesonen, die von Titus Müller geschickt gesetzt werden, um dem Leser ein extrem umfassendes und breit gestreutes Spektrum des jaahres 1953 zu bieten.

Man merkt dem Buch an, dass Müller hervorragend recherchiert hat, aber er beherrscht es, diese Informationen zu vermitteln ohne dröge zu werden und zu sehr nach wikipedia zu klingen. Gleichzeitig zeichnet er realistische Figuren, mit denen man sich beim Lesen identifiziert oder deren Handlungen man nachvollziehen kann, wenn auch nicht immer billigt. Ich habe das Buch völlig begeistert verschlungen und mich so in der Geschichte verfangen, dass es mir wirklich schwer gefallen ist, das Buch zuzuklappen. Also werde ich mir jetzt gleich die nächsten Bücher von Titus Müller besorgen ;-)

{Rezensionsexemplar] Isabelle Broom - Wintersterne

Eine Reise ins magische, verschneite Prag: Für Megan, Hope und Sophie ist das die perfekte Gelegenheit, um vor ihren Problemen wegzulaufen. Sie lernen sich in einer Hotelbar kennen, und obwohl die drei Frauen völlig unterschiedlich sind, verstehen sie sich auf Anhieb. Gemeinschaftliche Streifzüge durch die winterlich verzauberte Stadt konfrontieren sie mit ihrer Vergangenheit und führen sie zu besonderen Begegnungen. Und vor allem zu sich selbst.

Müdigkeitsbedingt hatte ich im April das Bedürfnis nach einfacher, wenig belastender und möglichst netter Lektüre und habe mir deshalb beim Bloggerportal ein Rezensionsexemplar ausgesucht, dessen Klappentext genau danach klang. Drei Frauen und ein winterliches Prag, vielversprechend. Und tatsächlich habe ichd as Buch auch in einem Rutsch runtergelesen, mich dabei aber ein wenig verloren gefühlt.

Das liegt erst einmal daran, dass sich das Buch stellenweise schon liest, als wäre es vom Prager Toursimusverband in Auftrag gegeben worden. So ziemlich jede wichtige Handlung des Buches findet auf, an oder in der Nähe einer genau beschriebenen Prager Sehenswürdigkeit statt, inklusive des doch recht überdramatischen Finales auf der Karlsbrücke. Das ist natürlich nett, um Atmosphäre zu schaffen, liest sich aber in der Ausführung wirklich mürbe. Getrübt wurde mein Lesevergnügen dann aber auch von den Figuren, die ich allesamt einfach nur nervig, doof, belanglos oder alles zusammen fand. Megan, die aufstrebende Fotografin, die mit ihrem angeblich platonischen Freund aufbricht und deren "wasch mich, aber mach mich nicht nass"-Haltung mir wirklich zu sehr auf eine klassische Liebesschnulze hinsteuert. Hope, die ihren Ehemann für ihren Fahrlehrer verlassen hat und ihre neue Liebe hinterfragt, während er selbstlos im Übermaß ist. Und dann natürlich Sophie. Ehrlich gesagt, ich hatte einen gewissen Verdacht - wenn ich mich auch in der betroffenen Person dann geirrt habe - und diese Dramatik in Prag war mir dann einfach zu viel des Guten.

Insgesamt bin ich also leider nicht wirklich zufrieden mit dem Buch. Es liest sich schnell, un vermutlich würden die Pragbeschreibungen im Winter auch schöner auf mich wirken, aber die übertriebene Charakterzeichnung hat mich zu sehr geärgert, um wirklich genußvoll lesen zu können.

[Rezensionsexemplar] Magnus Brechtken - Albert Speer. Eine deutsche Karriere

Seit 1931 NSDAP-Mitglied und bald ein Vertrauter Hitlers, wurde Albert Speer rasch zum Architekten des Rassenstaates. Im Krieg engagierte er sich als Rüstungsminister unermüdlich für den totalen Kampf und die Vernichtungsmaschinerie. Gleichwohl behauptete er nach Kriegsende, stets distanziert, ja eigentlich unpolitisch und gar kein richtiger Nazi gewesen zu sein. Magnus Brechtken zeigt, wie es Speer gelang, diese Legende zu verbreiten, und wie Millionen Deutsche sie begierig aufnahmen, um sich selbst zu entschulden.

Ich erzähle ja immer wieder gerne die Anekdote von meinem ehemaligen Nebenjob-Kollegen. Nach einer Museumsführung mit einer sehr sympathischen Gruppe älterer Australier kam einer von denen auf ihn zu, klopfte ihm jovial auf die Schulter und erkundigte sich in fröhlichem Ton: "So, tell me, Marcus, who is your favourite Nazi?" Das eigentlich erstaunliche daran ist, dass jeder von uns, die wir davon hörten, diese Frage beantworten konnten, wenn wir "favourite" eher übersetzten als "derjenige, bei dem du völlig irritiert bist, wenn du etwas über ihn erfährst." Und wir alle konnten zumindest eine Einigung finden: derjenige, der für diesen Titel nicht in Frage kommt, ist Albert Speer. Deshalb war ich neugierig darauf, diese Biografie zu lesen, und habe mich sehr gefreut, als das bloggerportal mich dafür ausgesucht hat.

Wersich hier jetzt ein schnell zu lesendes Buch vorstellt, dass von Geburt bis Tod chronologisch Speers Leben schildert, könnte das Buch schon sehr bald ein wenig genervt aus der Hand legen. In dieser Biographie analysiert Magnus Brechtken erstmals wirklich ausführlich Speers Selbstbild vom Architekten und zerlegt es mehr als nur konsequent. Dabei geht er zwar weitestgehend chronologisch vor, strukturiert die Abschnitte ber auch noch thematisch und kommt so immer wieder zu Dopllungen in Erzählung oder Beleg. Detailliert zeigt er immer wieder eins: dass Speer nicht der naiv-weltfremde Baukünstler war, der irgendwie in den Nationalsozialismus gestolpert ist und eines Tages - huch, wie ist denn das passiert - vor Gericht stand, sondern jemand, für den der Ausdruck "karrieregeiler Blender" wie gemacht scheint. Von Anfang an baut er sich schon während des Dritten Reichs ein Image als "einer von euch" auf, entwirft das Gegenbild zu Figuren wie Göring oder Himmler. Und nutzt jede sich bieende Gelegenheit, um seine Karriere als der Star-Architekt des Nationalsozialismus voranzutreiben und seine Ideen von der "Neuen Deutschen Baukunst" durchzusetzen. Nach dem Krieg nutzt er dann seinen Sympathiebonus dafür, ganz bewusst ein Narrativ über das Dritte Reich zu schaffen, das bis heute zum Teil kolportiert wird, einfach weil es so oft wiederholt wurde. Gerade diese Krtik und Darstellung fand ich im Buch sehr interessant, weil ich gestehen muss, dass anscheinend auch ich bei den Führungen gelegentlich darauf zurückgegiffen habe.

Die umfangreiche Sektion von Speers Motiven und Handlungen führt allerdings im Buch streckenweise zu ganz schönen Längen, bei denen ich oft längere Zeit pausiert habe. Aus Lesersicht wären zwei oder drei weniger Beispiele immer ganz schön gewesen - aus der Sicht des Historikers ist es hervorragend, dass Brechtken hier wirklich detailliert arbeitet und alles belegt (ich bin ja erst erschrocken, als ich die Seitenzahl gesehen habe, allerdings sind knapp ein Drittel davon dann Fußnoten und Anhang gewesen). Gelegentlich werden Bilder als Unterbrechung und Ergänzung mit eingefügt, von denen ich mir ein paar mehr gewünscht hätte. Insgesamt aber war das eine extrem lohnenswerte Biographie, die meinen ereader vermutlich nie wieder verlassen wird.

Dienstag, 1. Mai 2018

[In eigener Sache] Kurzes Lebenszeichen

Ich bin noch da und es ist alles gut - aber in den letzten zwei Monaten hatte ich abends kaum Energie übrig, um mich aufecht auf der Couch zu halten, von Bloggen ganz zu schweigen. Der Grund dafür ist inzwischen sechs Zentimeter lang und wird im November für einigen Trubel sorgen - Baby Nummer 2 hat sich plötzlich dazu entschieden, in unser Leben zu treten ;-)

 Die Auswertung für die USA-Challenge für März, April und Mai werde ich deshalb Ende Mai in einem Gesampost machen, wenn ich es mal schaffe, mich konzentriert auf dem Bildschirm zu halten. Und jetzt hoffe ich, wenigstens ein paar Rezensionsexemplare besprechen zu können, die mich schon sehr vorwurfsvoll vom Regal anschauen.


[Buchgedanken] Andy Weir - Artemis

Jazz Bashara ist kriminell. Zumindest ein bisschen. Schließlich ist das Leben in Artemis, der ersten und einzigen Stadt auf dem Mond, verdammt teuer. Und verdammt ungemütlich, wenn man kein Millionär ist. Also tut Jazz, was getan werden muss: Sie schmuggelt Zigaretten und andere auf dem Mond verbotene Luxusgüter für ihre reiche Kundschaft. Als sich ihr eines Tages die Chance auf einen ebenso lukrativen wie illegalen Auftrag bietet, greift Jazz zu ...

Dieses Buch ist in meinem amazon-Korb gelandet, kaum dass es ein Veröffentlichungsdatum gab. Nachdem mich "Der Marsianer" ja wirklich extrem begeistert hatte, wollte ich einfach wissen, ob Weir es schafft, mich auch diesmal für Science-Fiction und Naturwissenschaften zu begeistern. Und ich kann schon einmal vorneweg sagen, dass er es mit einigen Abstrichen auch tut.

Wirklich schwach fand ich zunächst einmal die Figuren in diesem Buch. Immerhin, Weir schafft es ziemlich überzeugend, aus der Sicht einer Frau zu schreiben, ohne die ganze Zeit über ihr Aussehen zu schwadronieren. Aber ehrlich gesagt ging mir Jazz ziemlich auf den Keks. Die schnoddrige Art von Mark Watley wird hier leider so stark überzeichnet, dass ich jedesmal irritiert war, wenn sie ihr tatsächliches Alter nennt. Sie wirkt ungefähr so reif wie eine Sechzehnjährige, über deren Verhalten sie sich die ganze Zeit echauffiert, aus der sie aber einfach nicht herausgewachsen ist. Die übrigen Personen bleiben leider ein wenig blass und sehr eindimensional, sie machen eg´her die Klischeebesetzung in einem Gangster-Buddy-Movie aus.

Während "Der Marsianer" den Leser und seinen Protagonisten in eine Extremsituation geworfen hat, ist "Artemis" zwar angesiedelt in einem völlig anderen Umfeld, das stellt für Jazz aber ihren Alltag dar. Dementsprechen hält sich Weir weniger damit auf, dem Leser Dinge zu erklären, die nicht wichtig sind für die Hnadlung des Romans. Wir erfahren also zwar einige Dinge über die Polizeistreitkräfte in Artemis, über die Versorgung mit Sauerstoff und den Aufbau der einzelnen Kuppeln, aber er geht dabei viel weniger ins naturwissenschaftliche Detail. Das ist jetzt nicht unbedingt vollkommen schlecht, aber mich hatte grade am ersten Buch fasziniert, dass ich viele Dinge verstanden habe, an denen sich meine Lehrer damals die Zähne ausgebissen haben. In "Artemis" lernt man dafür jede Menge Dinge über Schmelzen und Schweißen, was für mich leider ein wenig ermüdend war. Viel lieber hätte ich noch viele Informationen über die Organsiation des Alltags in Artemis bekommen. Solche Informationen wie der Fakt, dass Artemis kenianischer Staatsboden ist - eine tolle Idee, nebenbei, mal ein Land zu nehmen, das man nicht sofort im Weltall vermutet :-) - hätten für mich viel mehr Leben ins Buch gebracht, viel mehr Realismus in die Science Fiction. Dann hätte auch die eher schwache Handlung - effektiv hatten sowohl mein Freund als auch ich nach kurzer Zeit das Gefühl, dass alles rausläuft auf "Oceans 11 im Weltall" - mit einigen eher redundaten Strängen ("Ach sieh mal an, der ist schon wieder da") deutlich gewonnen, weil ich mich im Buch viel mehr wohl gefühlt hätte. So ist das Buch eben vor allem Popcornkino, das aber nicht den Woah-Effekt hat, den "Der Marsianer" zaubern konnte.


Freitag, 13. April 2018

[Rezensionsexemplar] Alyson Richman - Abschied in Prag

Lenkas und Josefs Geschichte beginnt im Prag der 1930er Jahre. Kurz nach ihrer Heirat werden die jungen Liebenden beim Einmarsch der Deutschen auseinandergerissen. Josef emigriert, arbeitet als Arzt in New York, heiratet. Lenka entrinnt im Konzentrationslager dem Tod nur knapp und beginnt nach dem Krieg ein neues Leben in den USA. Obwohl sie glauben, einander nie wiederzusehen, vergessen sie ihre Liebe nie. Bis sie sich sechs Jahrzehnte später in New York zufällig begegnen…

Es gibt Bücher, die werden einem wirklich von allen Seiten empfohlen. Die man sich dann auf die Merkliste setzt und trotzdem sehr lange erstmal nicht für sich besorgt, weil man Angst hat, enttäuscht zu werden oder dem Buch nichts abgewinnen zu können. Und leider zählt mein Rezensionsexemplar von "Abschied in Prag" für mich zu genau diesen Büchern. Warum das so ist, kann ich aber ziemlich genau festmachen.

Als ich das erste Kapitel des Buchs las, dachte ich noch "Ui!", denn es fängt mit einem ziemlichen Knalleffekt an, nämlich dem Wiedersehen nach sechzig Jahren. Also hätte ich dann erwartet, dass ich den beiden in den folgenden Seiten Schritt für Schritt folge, aber tatschlich erlebe ich immer nur Ausschnitte, die dann wieder unterbrochen werden von anderen Zeitebenen. Leider bleibt vor allem Josef einfach unglaublich blass und verschafft mir nicht wirklich Zutritt zu seinem Gefühlsleben. Ja, das wird alles erzählt und ständig gesagt, wie er leidet oder wie er sich schuldig fühlt oder wie er irgendeine Emotion hat ... aber es wird mir eben einfach nur erzählt. Ich bin nie wirklich dabei, er lässt mich nicht an sich ran und je länger das geht, desto mehr frage ich mich, warum die Autorin überhaupt seine Seite mit reingebracht hat. Lenka dagegen wird sehr ausführlich erzählt, aber auch hier schaffe ich es nicht, mich in die Figur hineinzuversetzen. Lenka ist so gut, so nett, so heldenhaft, ... aber so richtig verwickelt in irgendetwas ist sie nicht. Sie interessiert mich als Person irgendwann nicht mehr so richtig, ich lese halt über sie, weil es sonst niemand anderen gibt, aber das alles ohne groß selbst eingesogen zu werden.

Je länger ich im Buch las, desto mehr hat sich in meinem Kopf leider ein Wort gebildet, das ich selbst nicht mag. Holocaust-Romanze. Der gesamte Komplex des Holocaust dient letztlich nur dazu, einen möglihst tragischen Hintergrund für zwei eigentlich sehr langweilige Figuren zu bilden, die nicht zusammenkommen können, Und das finde ich ehrlich gesagt richtig furchtbar. Als wäre Theresienstadt nicht schlimm genug, als würde es nicht ein Setting für einen Roman bilden, in dem man mit realen Personen so viele Sachen darstellen könnte. Als wäre die mir bis dahin nicht bekannte Schneewittchen-Wand in Auschwitz nicht wirklich ein tolles Bild gewesen, dessen Entstehung man hätte zur Handlung eines ganzen Kapitels in einem Roman hätte machen können (statt es in einem Nebensatz zu erwähnen) - nein, stattdessen wird mit dem allgegenwärtigen Tod auf die Tränendrüse gedrückt, weile s ja so gemein ist, dass die arme Lenka ihren armen Josef nicht mehr hat. Geigenmusik im Hintergrund und feuchte Augen, das ist Nicholas Sparks. Und ich finde einfach, dass so eine Behandlung dem Thema nicht gerecht wird, sondern eher so wirkt, als hätte die Autorin nach einer einfachen Möglichkeit geuscht, um möglichst tragisch möglichst viele Bücher verkaufen zu können.

Freitag, 30. März 2018

[Rezensionsexemplar] Lionel Davidson - Die Rose von Tibet

Januar 1949: Der britische Filmemacher Hugh Whittington soll auf einer Expedition in der Nähe des Mount Everest ums Leben gekommen sein. Doch sein Stiefbruder Charles gelangt an Informationen, die ihn an Hughs Tod zweifeln lassen. Er ist entschlossen, nach Tibet zu reisen und ihn zu finden, doch die Grenzen des Landes sind abgeriegelt. Auf gefährlichen Pfaden gelangt Charles schließlich ins verbotene Land, wo sein Bruder sich in einem Kloster aufhalten soll. Doch statt auf Hugh trifft er dort auf eine faszinierende Frau mit einem tödlichen Geheimnis …

Mount Everest. Mein Schicksalsberg. Kaum sehe ich diesen Namen, muss ich natürlich zuschlagen und habe mir deshalb dieses rezensionsexemplar beim bloggerportal gewünscht. Ich muss ehrlich gestehen: Um ein Haar hätte ich das Buch nach den ersten Seiten abgebrochen. Denn leider hat mich der zu stark an den totalen Reinfall mit den Nazi-Yetis von Dan Simmons erinnert. Dass die Sprache dann auch noch extrem antiquiert wirkte - was daran liegt, das das Buch erstmals 1962 erschienen ist - hat es mir nicht leichter gemacht, am Ball zu bleiben. Zum Glück hatten wir dann aber zwei Tage schneefrei an der Schule, sodass ich die Zeit einfach genutzt habe, um mich durch den Anfang zu kämpfen, den ersten Teil in rasantem Tempo zu verfolgen und dann in Teil zwei immer wieder Fragezeichen ins Auge zu bekommen, weil ich mich fragte, was Lionel Davidson genommen hat, um so abzudriften. Aber der Reihe nach.

Der erste Teil des Buchs, nachdem es mit einer erfundenen Rahmenhandlung als echt identifiziert wird, ist ein wirklich spannender Roman. Ein Abenteuerroman im klassischen Sinn, wie ihn auch ein Jules Verne hätte schreiben können, bei dem ich dieses fremde Land Tibet so deutlich vor Augen geführt bekomme, als wäre ich selbst dort. Die eingeführten Figuren sind interessant gezeichnete Charaktere und der tatsächliche historische Hintergrund über die Annektion Tibets wird interesant eingearbeitet, auch wenn ich nicht komplett von den historischen Details überzeugt bin. Leider schlägt das Buch dann aber im zweiten Teil einen eher wenig betretenen Pfad ein und wird merh und mehr zu einer esoterischen Reise. Diese ist zwar immer noch in einem Stil geschrieben, der mich am Ball bleiben lässt, ich finde das aber so abgedreht, dass sich in mir immer wieder alles geperrt hat und ich für diesen Teil dann deutlich länger gebraucht habe. Dadurch hat ein eigentlich spannendes Buch dann wirklich zwei Sterne verloren (eigentlich 1,5 aber ich kann ja nur runden), und ich empfehle den Roman eingeschränkt begeistert weiter. Immerhin keine Nazis, also eine Steigerung zu Dan Simmons.

[Rezensionsexemplar] Jan-Philipp Sendker - Das Geheimnis des alten Mönches

»Ich habe Burma seit 1995 mehrere Dutzend Male bereist, und bei den Recherchen für meine Romane Das Herzenhören und Herzenstimmen wurden mir immer wieder Märchen und Fabeln erzählt. Zum einen waren das bewegende Geschichten, die von dem mythologischen Reichtum der verschiedenen Völker Burmas erzählten, von der Spiritualität der Menschen und wie tief buddhistisches Denken die Gesellschaft über Jahrhunderte geprägt hat. Andere waren so fremd und skurril und kamen ohne eine sich mir erschließende Moral aus, sodass ich sie gar nicht einordnen konnte. Wieder andere erinnerten mich an die Märchen meiner Kindheit, nur dass hier Affen, Tiger, Elefanten und Krokodile die Fantasiewelt bevölkerten statt Igeln, Eseln oder Gänsen. Die Lehren, die sie vermitteln wollten, ähneln denen der Brüder Grimm oder Hans Christian Andersens und ich verstand, wie sehr sich alle Kulturen in ihren Mythen aus dem universellen Fundus menschlicher Weisheit bedienen.«

Ich hatte mir dieses wunderschöne Rezensionsexemplar beim bloggerportal gewünscht und mich schon beim Auspacken gefreut über ein Buch, das nicht nur neu riecht, sondern sofort Lust macht, es aufzuschlagen, weil bereits das Titelbild fasziniert. Jan-Philipp Sendker hat hier eine Anthologie zusammengestellt, die mich als Leser ganz tief einführt in eine völlig andere Denkweise und Lebensart, und nirgendwo zeigt sich das vielleicht deutlicher als in den Märchen und Fabeln. Ja, bestimmte Versatzstücke ähneln einander, andererseits aber gibt es so deutliche Unterschiede zwischen dem christlichen und dem buddhistischen Denken, dass ich beim Lesen immer mal wieder untebrechen musste, um das zu überdenken.

Ich kann nicht genau bewerten, inwieweit Sendker die Geschichten selbst erzählt oder es sich um die typische Märchensprache Asiens handelt, aber ich kann zumindest sagen, dass diese Sprache einen gewissen Zauber hat, den ich bei den klassischen europäischen Märchen auch empfinde. Lyrisch und mitfühlend, würde ich es bezeichnen. Auch das ermögliht natürlich einen gewissen Einstieg in die Kultur, wenn man kennenlernt, wie Menschen miteinander sprechen und agieren. Da hilft es auch ein wenig, wenn Sendker zumindest am Ende einen kleinen Ausblick gibt, welche Veränderungen die Gesellschaft in Myanmar prägen.

Alles in allem ist das ein Buch, das mein Regal sehr sehr lange begleiten wird. Ich bin immer noch fasziniert und beeindruckt. Vielen Dank, dass ich das lesen durfte :-)

[Rezensionsexemplar] Charlie Lovett - Der Buchliebhaber

Arthur Prescott ist glücklich mit seinem Leben im beschaulichen Barchester. Er unterrichtet an der Universität und verbringt seine Freizeit am liebsten in der Bibliothek der Kathedrale, deren Geschichte er recherchiert. Doch ausgerechnet seine wichtigste Quelle, das ›Buch der Ewolda‹, gilt als verschollen. Seit Jahren sucht Arthur vergebens nach dieser mittelalterlichen Handschrift, als nun auch noch ein Eindringling seine Arbeit stört: Die junge Amerikanerin Bethany ist nach Barchester gekommen, um die Bestände der Bibliothek zu digitalisieren. Ein Sakrileg in den Augen des bibliophilen Arthur. Doch Bethany erobert schließlich nicht nur Arthurs Herz, sie hilft ihm auch, das Rätsel des verschwundenen Manuskripts zu lösen ...

Ich hatte mir dieses Buch ja vor allem als Rezensionsexemplar gewünscht, weil ich mal wieder Lust auf einen leicht altmodischen Liebesroman hatte, bei dem klar ist, dass er und sie sich treffen, sich verlieben und alles in einer hübschen rosa Wolke auspufft. Bekommen habe ich dann allerdings ein Buch, das eine irriterende Mischung aus "Indiana Jones" und "Stolz und Vorurteil" ist, mich aber zumindest auf einer langen Zugfahrt wirklich unterhalten hat, wenn auch mit einigen kleinen Abstrichen.

Zunächst einmal sei gesagt, dass der Klappentext unterschlägt, dass Charlie eigentlich eine ganz andere Suche hat. Nicht Geringeres als den Heiligen Gral will er finden und glaubt, dass dies in Barchester sein wird. Schließlich hat schon sein Großvater, der einst der Pfarrer der Kathedrale war, ihm das Versprechen dazu abgenommen und mysteriöse Andeutungen gemacht. Da stört Bethany mit ihrer sagen wir einml expressiven Art schon hier und da, vor allem, da auch sie mit Gralstheorien vertraut zu sein scheint. Also folgt man schon bald weniger einer Liebesgeschichte oder einem Buchliebhaber, sondern einem verhinderten Schatzsucher, der ganz wie üblich Rätsel löst und Spuren verfolgt. Das ist nicht ganz unsapnnend, allerdings auch wenig spektakulär, wie ich zugeben muss.

Ebenso flach wie der Handlungsstrang bleiben leider die Figuren, mit denen ich durch die Bank nicht warm geworden bin. Sie waren okay, aber keine von ihnen hat mich so beeindruckt, dass ich sie lange im Gedächntnis behalten werde. Arthurs "nur das gedruckte Buch ist wahre Kunst, nur Literatur verdient es, gelesen zu werden"-Attitüde ging mir nach einiger Zeit wirklich erheblich auf den Keks. Nett war die Episode im Ausschuss für die Universitätsbibliothek, aber ich finde ihn einfach unsympathisch in seiner Einstellung und könnte mich nicht lange mit ihm unterhalten, weil mich diese eingebildete Überheblichkeit abstoßen würde. Ebenso ist mir Bethany einfach zu plappernd, naiv und uninteressant in ihrem Charakter. Ein nettes Paar bilden sie ja, aber ehrlich, ich brenne nicht drauf, ihrer Hochzeit beizuwohnen. Alle anderen Figuren bleiben sogar noch blasser, sind vor allem Stichwortgeber oder wenig ausgereifte Nebenfiguren.

Das dritte, was mich beim Lesen ein wenig gestört hat, waren die ständigen Verweise in die Vergangenheit des Klosters und der Kathedrale, die im 7.Jahrhundert beginnen. Leider klangen diese Episoden, die knapp 1000 Jahre beinhalten, immer gleich und es fiel mir auch extrem schwer, diese Unterscheidung zwischen Kathedrale und Kloster immer im Auge zu behalten, weil d nie wirklich drauf eingegangen wurde, was das eigentlich für die Gegenwart bedeutet. Ein wenig wirkte es auf mich, als wollte der Autor hier halt Zeilen füllen, damit die Suche nach dem Ewolda-Buch auch gerechtfertigt wird, aber wäre es nicht vielleicht schön gewesen, das Geheimnis etwas früher zu lüften, dafür aber Atmosphäre damit zu schaffen? So war es manchmal ein wenig zusammenhanglos, es fing halt ein neues Kapitel an und das bedeutete, erst einmal ein Ausschnitt aus der Vergangenheit, diese Lösung hätte man besser gestalten können.

Würde ich das Buch empfehlen? Erstaunlicherweise durchaus, es ist ein runderherum netter Roman, der halt anders ist, als er verkauft wird, und der im Sommer absolut unterhalten kann.

Dienstag, 20. März 2018

[Buchgedanken] Sam Bourne - Der Präsident

Als die Bürger der USA einen unberechenbaren Demagogen zum Präsidenten wählen, hält die Welt den Atem an. Kaum jemand weiß: Bereits kurz nach Amtsantritt ordnet der Präsident fast einen Atomschlag an, nachdem ein Wortgefecht mit dem Machthaber von Nordkorea aus dem Ruder läuft. Eins ist den Mitwissern klar: Jemand muss etwas unternehmen, oder die Welt steht kurz vor einem dritten Weltkrieg. Ein Attentat scheint der einzige Ausweg ...

Ich hatte von dem Buch in einem BBC-Radiointerview gehört und es mir dann ziemlich direkt nach Erscheinen geholt. Das klingt ja auch einfach zu gut, ein Buch, bei dem die geschilderten Personen so deutlich ihre Vorbilder in der Gegenwart haben, dass selbst die Ausgangssituation - ein zu eskalieren drohender Aatomkonflikt mit Nordkorea - von der Realität eingeholt wurde (als das Buch geschrieben wurde, waren die Tweets noch nicht da). Und das erste Kapitel, in dem dieses sich gegenseitige Provozieren plötzlich überkocht und der Präsident den Knopf drücken will, war extrem spannend und ich dachte mir, was für ein geniales Buch das werden wird.

Dann habe ich weitergelesen.

Leider hat das Buch danach so ziemlich alles verloren, was es am Anfang aufgebaut hat, und das liegt an folgenden Dingen: nervige Personen, übertriebene Darstellung der Vorbilder, sprachliche Verschlechterung und eine Überstrapazierung des Deus ex machina in den letzten dreißig Seiten. Beginnen wir mit Punkt eins und zwei in Kombination. Selbstverständlich sind Donald Trump und Mike Pence hier gemeint (das deutsche Cover ist da noch weniger subtil als das englische) und leider hatte ich ab Kapitel zwei wirklich dauerhaft das Gefühl, dass über dem Kopf dieses Vizepräsidenten und des nicht direkt auftretenden Präsidenten eine Las-Vegas-Leuchtreklame angerbacht ist, die in großen blinkeden Buchstaben mitteilt: "Hier, das ist eigentlich ... Seht ihr, das ist wie ... Hey, habt ihr schon gemerkt, dass ich hier ... meine?" Mit der Zeit wurde das ein wenig sehr langweilig, auch wenn man naürlich am Anfang vor allem sehr fasziniert der Frage nachgeht, was von den ganzen Handlungen vielleicht tatsächlich so stattfindet gerade. Abeer je länger das Buch voranschreitet, desto platter werden diese beiden Figuren gezeichnet und desto mehr sind sie quasi die Teufel in Menschengestalt, nationalistisch, alt-right und sexistisch, Ich hätte nie gedacht, dass ich mal sage, dass ich selbst Trump für subtiler halte als dieses Abziehbild, das mir hier präsentiert wird.
Als Gegenspieler herhalten müssen dann zwei Figuren, die meiner Meinung nach platter nicht sein können: hier der Stabschef, Patriot und der festen Überzeugung, der Welt einen tiefen Dienst zu erweisen, wenn er den Präsidenten beseitigt, und dort Maggie Costello, die Kämpferin für Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit, die ihre Stelle nach dem Amtsantritt des neuen Präsidenen behalten hat, um etwas Gutes tun zu können. Und boah, was nervt mich diese Heldin des Alltags mit ihrem ständigen Selbstzweifel und ihrem beharrlichen "aber wenigstens kann ich versuchen, etwas dagegen zu halten". Beide Charaktere sind mir persönlich einfach nicht sympathsich, weder in ihren Motiven noch in ihren Verhalten, und leider zeigt mir der Autor keinerlei tieferen Ansichten von ihnen. Sie sind oberflächlich gehaltene Antagonsiten, damit ich als Leser möglichst schnell Standpukte verstehe und deren Handlungen akzeptiere, aber genau das bräuchte ich bei deiesem Buch nicht. Ich hätte gerne Leute, die wirklich denken und ihre Handlungen hinterfragen sie schlüssig erklären etc.

Ebenso schablonenartig wie die Figuren entwickelt sich die Sprache im Buch. Vor allem die Dialoge zwischen Ben und dem ausgesuchten Schützen lassen so jeden Elan des Autors vermissen, seine Leser zu fesseln. Aber auch sonst sind Dialoge, die einen wirklichen großen Teil des Buches ausmachen, einfach nicht authentisch, sondern oft sehr klischeelastig, sehr erzählend - allen voran das telefongespräch zwischen Maggie und ihrer Schwester - und einfach nicht überzeugend. Mir fehlte in der Mitte dann fast der Wille zum Weiterlesen, weil ich mich so geärgert habe - Stichwort Emails, die sich dermaßen im Klischee verlieren, dass man glaubt, eine Satire zu lesen.

Ja, und dann das Ende. Ich hab ja nichts dagegen, wenn ein Deus ex machna bedient wird, damit ein Ende geschilddert werden kann, dass den Leser befriesigt zurücklässt. Aber in dem Fall ist es der deus ex deus ex deus ex deus ex machina, eine überrachende "hey, was für ein Zufall"-Wendung nach der anderen, die ein "alles gut, sehr ihr"-Ende herbeizaubert, das einfach nicht realistisch ist. Und darüber ärgere ich mich am meisten, dass Sam Bourne diese Idee in eine Serie eingebaut hat, die dafür gesorgt hat, dass er am Ende alles gut ausgehen lassen muss, um die Serie forsetzen zu können. insgesamt war "Der Präsident" eines der Bücher 2018 über die ich mich beim Lesen wirklich geärgert habe und bei dem ich froh bin, es abgeben zu können.

Dienstag, 13. März 2018

[Rezensionsexemplar] Jorge Galán - Mein dunkles Herz

Im Hinterzimmer eines Hauses, das sich langsam mit den Schatten der Vergangenheit füllt, erzählt Magdalena ihrem Enkel die Geschichte ihrer Familie, die Geschichte eines Jahrhunderts. Sie erzählt von dem Fluch, der ihr Leben geprägt hat, und wie sie ihren Mann Vicente, der auf wundersame Weise gezeugt wurde, auf ebenso wundersame Weise kennenlernte. Es ist die Geschichte einer intensiven Liebe, die viele Jahre später an einer großen Tragödie zerbricht – einer Tragödie, die dafür sorgt, dass Magdalenas Enkel der Letzte einer Geschichte ist, die lange vor ihm begann, und dass es an ihm ist, sich aufzumachen, seine eigene Erzählung zu finden ...

Diese Rezension schiebe ich jetzt schon einige Wochen vor mir her. Denn nicht viele Dinge machen mir eniger Spaß, als ein Rezensionsexemplar gratis vom Verlag zu bekommen und dann festzustellen, dass dieses Buch und ich einfach keine Freunde werden. Hab ich jetzt einfach ein Buch abgestaubt? Wie kann ich deutlich machen, dass ich mir wirklich Mühe gegeben habe? Mit diesen Fragen habe ich mich jetzt so lange beschäftigt, bis ich das Gefühl hatte, es jetzt einfach versuchen zu müssen. Im Prinzip ist der Grund, warum ich das Buch nicht so richtig mochte, mit einem kurzen Satz gesagt: Jorge Galán und ich, das passt einfach nicht.

Bereits mit den ersten Seiten des Buches war klar, dass Galán zu der Tradition südamerikanischer Erzähler im Stil eines Gabriel Garcia Marquez gehört. Was das bedeutet? Kurz gesagt, zumindest für mich: Verwirrend-absurde Familiengeschichten, die eine tiefe Bedeutung transprtieren, und sich dabei in wunderschönen Sätzen verlieren, die mir Seite für Seite ein größeres Fragezeichen aufs Gesicht malen. Ich habe Literaturwissenschaften studiert, ich kann Romane also durchaus anylsieren, aber ich muss ehrlich zugeben, dass spanische Erzähler sich da bei mir regelmäßig sperren. Ich verstehe sie einfach nicht und bei jeder Handlung, die erzählt wird, frage ich mich, ob das jetzt eine Metapher oder ein Motiv sein soll, ohne aber je zu einer Antwort zu gelangen. Alles, aber auch alles erschint so völlig over the top, sei es die Zeugunsgeschichte Vicentes am Anfang (ging es nicht ein wenig "normaler", musste es wirklich der 93-Jährige sein, der nun die 20-Jährige zum dritten Male schwängert und deren Kinder an ihrem sechsten Geburtstag mysteriös sterben außer eben jener Vincente?), oder Magdalenas übernatürliche Begabung oder die gesamte Erzählung rund um Teresa und ihr Floß ... alles ist hinter einer meterdicken Schicht aus "dies ist wichtig dies ist eine symbolische Handlung" verborgen, dass ich nicht mehr durchdringen kann. Dazu dann eben die Sprache, die zwar wirklich schön klingt, vor lauter Bedeutsamkeit für mich aber sämtliche Bedeutung verliert. Wenn um mich herum nur noch Schilder mit "Achtung, wichtig!" stehen, verliere ich den Überblick, und genauso fühle ich mich beim Lesen dieses Buchs: allein auf weiter Flur ausgestattet mit einem Plastikkompass ohne Nadel und einem Stadtplan, der auffallende Ähnlichkeit aufweist mit dem Schnittmuster eines Wintermantels. Ich habe tapfer Seite um Seite des Romans gelesen, aber ich habe es weder geschafft, mir zu den Personen ein Bild zu machen, noch ihre Motive erkennen zu können oder eine wie auch immer geartete Beziehung aufzubauen. Ein bisschen so wie bei den Gemälden von Velazquez - da, schon wieder ein Spanier - die sehen natürlich wunderschön aus, aber wirklich lebendig wirkt keine der Figuren auf mich. Und genau dieses Gefühl habe ich bei "Mein dunkles Herz" während des Lesens dauerhaft gehabt, dass da keine Lebendigkeit im Buch steckt, sondern nur "Literatur", die ich nicht greifen kann.

Das Buch ist mit Sicherheit nicht schlecht. es ist literarisch höchst anspruchsvoll und war eine mehr als willkommene Abwechslung in meinem Lesealltag. Aber es war einfach keine angenehme Lektüre, sondern ein einziges Fragezeichen.

Donnerstag, 8. März 2018

[Top Ten Thursday] 10 Bücher mit ungewöhnlichem Schauplatz

Jede Woche wird durch eine Truppe Blogger eine neue Top Ten Liste zusammengestellt, dessen Thema sich inzwischen die Weltenwanderin einfallen lässt. Wir wagen ene Scuhe durch unsere Bücherregale, unserer SUBs, unsere Wunschlisten, und im Idealfall wachsen dadurch die Buchberge aller anderen an. Genauere Infos und die Themen dazu findet ihr *hier*, jede Beteiligung ist willkommen.
Die Aufgabe für diese Woche heißt:

Zeige 10 Bücher, die an einem ungewöhnlichen Schauplatz spielen.

Das ist wirklich spannend und ih bin ehrlich gespannt, was sich bei euch so in den Listen herumtreibt! Ich habe mein Regal auf den Kopf gestellt, um wirklich ungewöhnliche Schauplätze zu finden, die nicht in jedem zweiten Buch auftauchen, und klar, ein paar davon habe ich direkt gefunden. Allerdings hat mich fast schon erschreckt, wie wenige ungewöhnliche Schauplätze es bei mir im Regal zu geben scheint, entweder bin ich zu konventionell oder viele Autoren trauen sich einfach nicht, außerhalb der eigenen Komfortzone zu schreiben.

Spielen wir heute doch mal ein Spiel. Schaut euch die Bilder an und versucht erstmal, die Schauplätze dem Buch zuzuordnen. Allzu schwer dürfte es nicht sein ;-)




In einer Filiale der Restaurantkette "Red Lobster" am letzen Abend vor der Schließung spielt Stewart O'Nans "Letzte Nacht", und was sehr langweilig klingt ist eine tolle Studie über Kleinstadtleben, Hoffnungen und zerstörte Träume. In einem "Boot Camp" findet sich Connor in Morton Rhues gleichnamigen Roman wieder, wo er nach dem Wunsch seiner Eltern auf Linie gebracht werden soll. An Bord der Nautilus nimmt Jules Verne seinen Leser mit auf eine atemberaubende und spannende Reise "20.000 Meilen unter dem Meer", die selbst 150 Jahre nach ihrem Erscheinen noch absolut lesenswert ist. Das Weiße Haus ist Schauplatz von "To Kill the President", einem brandaktuellen, brisantem und leider Gottes echt schlechten Thriller von Sam Bourne. "Der Friseur von Harare" von Tendai Huchu findet sich natürlich in einem solchen Friseurgeschäft, wo man vor allem über den Alltag in Zimbabwe erfährt. Den Vatikan bereist hat man ja schon einmal mit Dan Brown, aber Robert Harris konzentriert sich in "Konklave" einzig und allein auf den abgesperrten Bereich des Vatikansaats während einer solchen Papstwahl. Niemand anders als Neil Gaiman würde vermutlich ein Kinderbuch schreiben, das auf einem Friedhof spielt und kongenial das Dschungelbuch paraphrasiert - kein Wunder, dass es dann auch "The Graveyard Book" heißt. Definitiv ein selten gebrauchter Schauplatz ist der Mars, den Andy Weir in seinem absolut hervorragenden "Der Marsianer" gewählt hat, um nicht nur unterhaltsame Science Fiction zu schreiben, sondern dem Leser so ziemlich alles lebenswichtige über Chemie, Biologie, Biochemie und Physik zu vermitteln, sollte er jemals in die Lage kommen, auf dem Mars Kartoffeln anbauen zu müssen. "Wasser für die Elefanten" von Sara Grun ist eine tragische Geschichte über das Leben, die Liebe, den Zirkus und ja, auch Elefanten, der in einem Kleinzirkus der Zwischenkriegszeit spielt. Mit "Schiffbruch mit Tiger" hat Yann Martel gleich zwei ungewöhnliche Schauplätze gewählt - ein kleines Boot auf dem großen Ozean. Ein Junge. Ein Tiger. Viel Philosophie. Und ein wunderbarer Roman.

Das sind also meine zehn Romane. Ich bin gespannt, ob wir Gemeinsamkeiten haben, ob ihr ganz andere gefunden habt, und vor allem, wer esgeschafft hat, wirklich auf 10 zu kommen. :-)

Samstag, 3. März 2018

[Ich war noch niemals in New York] Auswertung für Februar

Ein wenig verspätet, da ich seit Mittwoch ein wenig im Schulstress war, aber jetzt habe ich es geschafft und eine Asuwertung für den Februar vornehmen können.
Auch diesen Monat haben sich die Leserinnen nicht lumpen lassen und speziell unsere Anführerin liegt mit 16 insgesamt gelesenen Büchern schon ziemlich weit vorne. Aber hey, wir haben ja noch zehn Monate, um die Verfolgung aufzunehmen. Mein Vorsatz für März lautet, jetzt mal wirklich Bücher in den USA zu lesen statt in allen anderen Ländern ;-)

Und hier also unsere Ergebniss für den Februar:

Ponine von nichtnocheinbeautyblog  28
Nicole von Zeit für neue Genres   31
Kerstin von Wörterkatze   0
Selina von Fräulein Lovingbooks   65
Hibi von in the prime time of life   10
Sally von like-jackandsallybooks   13
Eva   0
Chantal von Bookwonderland   41
Christine von Zauberhafte Bücherwelten   67
Martina von Martinas Buchwelten   23
Daggi von Daggis Welt   18

Donnerstag, 1. März 2018

[Top Ten Thursday] 10 Bücher, die mit V beginnen

Jede Woche wird durch eine Truppe Blogger eine neue Top Ten Liste zusammengestellt, dessen Thema sich inzwischen die Weltenwanderin einfallen lässt. Wir wagen eine Suche durch unsere Bücherregale, unserer SUBs, unsere Wunschlisten, und im Idealfall wachsen dadurch die Buchberge aller anderen an. Genauere Infos und die Themen dazu findet ihr *hier*, jede Beteiligung ist willkommen.
Die Aufgabe für diese Woche heißt:

Zeige 10 Bücher, die mit V beginnen.

Hach, wie schön. Ich bin ja ein Fan der ABC-Aufgaben, auch wenn ich vermute, dass es heute viele ähnliche Bücher geben wird. Ich habe mich also mal wieder durch mein Bücherregal gesucht und einige Bücher drin gefunden, die alle mit V anfangen (außer vielleicht, wenn davor ein der, die oder das steht :-) Die Herausforderung war allerdings, zehnmal Lesestoff zu finden, den ich empfehlen kann, denn ich habe festgestellt, dass ich Bücher wie "Das verlorene Symbol" oder "Verblendung" von Stig Larsson nicht wirklich mag. V scheint ein interessanter Buchstabe zu sein, und heut ehabe ich tatsächlich auch wieder den Beweis für mich entdeckt, dass ich in allen meinen Büchern wirklich was gelernt habe :-D


Wer immer schon einmal eine Zeitreise in den amerikanischen Bürgerkrieg machen möchte, kann sich vorab bei "Vom Winde verweht" über die Dos and Don'ts der Zeit informieren, denn glaubt mir, das Buch ist mit deutlich mehr vollgepackt als einem extrem nervigen Liebespaar. Ich bin ja ein großer Fan von Jussi Adler Olsens Serie um das Sonderdezernat Q, aber "Verachtung" ist meiner Meinung nach der beste Teil davon, vor allem wegen der historischen Hintergrundgeschichte, die man selbst in Dänemark nicht wirklich kannte. Etwas weniger beeindruckt hat mich dagegen "Die Vergessenen" von Ellen Sandberg, da mir hier beide historischen Hintergrundhandlungen - vor allem in Griechenland - einfach zu schnell reingepackt wurden und der männliche Protagonist echt klischeehaft und absolut nervig war. Begeistert vom Plot, aber nicht von den Figuren, war ich bei Bernhard Schlinks "Der Vorleser". Einiges gelernt über die Entwicklung von Medizin habe ich in Kate Mortons "Der verborgene Garten", aber auch sonst war es natürlich ein wunderschönes Buch einer meiner Lieblingsautorinnen. Lieblingautorin Nummer 2 ist Rebecca Gablé, die den Leser in "Von Ratlosen und Löwenherzen" mitnimmt auf einen rasanten Trip quer durch 500 Jahre englisches Mittelalter. "Vergessene Welt" von Michael Crichton ist nicht einfach nur ein paar Dinos, die Menschen fressen, sondern eine unglaublich spannende Diskussion über Evolutionstheorien - denn ja, es gibt ein paar mehr als die von Darwin, die auf ebenso wissenschaftliche Erkenntnisse zurückgehen. Mehr über sich selbst und seine Einstellung zu ethischen Fragen lernt man auf jeden Fall bei Ferdinand von Schirach in seinen Kurzgeschichten in "Verbrechen", bei denen die Frage nach Schuld und Ursache nicht immer beantwortet werden kann. Noch stärker seine eigene Moral hinterfragen lernt man, wenn man sich auf Friedrich Dürrenmatts "Das Versprechen" einlässt. Und zum Abschluss, einfach weil man manchmal die Fragen stellen muss, die wirklich wichtig im Leben sind, ein absoluter Klassiker: "Vom kleinen Maulwurf, der wissen wollte, wer ihm auf den Kopf gemacht hat".

Na, was sind eure Favoriten mit V? Haben wir Gemeinsamkeiten? Welche Bücher gehören bei euch unbedingt zum V? Wir lesen uns dann in den Kommentarspalten ;-)
 

Sonntag, 25. Februar 2018

[Bilinguales Lesen] Oi Frog!

Da mein Kleinkind bilingual aufwächst, habe ich die wunderschöne Gelegenheit, nicht nur deutschsprachige Kinderbücher kaufen zu dürfen, sondern auch noch andere Bücher wählen zu können. Die inzwischen dreiteilige Serie "Oi Frog!" von Kes Gray und Jim Field ist im Moment mein absolutes Highlight, auch wenn das Kind noch nicht wirklich versteht, warum Mummy und Daddy sich beim Vorlesen wegschmeißen vor Lachen.

"Oi Frog!" ist schnell erzählt. Die Katze erklärt dem Frosch sehr bestimmt, dass er in Zukunft auf einem Baumstamm sitzen muss, denn "Frogs sit on logs, it's that simple." Egal, welche Sitzgelgenheit der arme Frosch, der keine Splitter im Po riskieren will, auch vorschlägt, nach der Katzenlogik sind alle schon von anderen Tieren besetzt.

Die Bücher zeichnen sich durch eine wahnsinnige Lust am Reimen aus, selbst für das ungewöhnlichste Tier findet sich hier ein Plätzchen, und machen damit älteren Kindern wahnsinnig Spaß beim Vorlesen. Selbst Nicht-Englischspachler haben ganz schön Vergnügen, habe ich festgestellt, als die Kinder meiner deutschen Freundin das Buch Weihnachten entdeckt und vorgelesen bekommen haben. Kleiner finden vor allem die einfachen Zeichnungen gut, bei denen es aber viel zu entdecken gibt, und mich faszineren vor allem die Gesichtsusdrüke von Frosch und Katze, die sich gegenseitig zu übertrumpfen versuchen.Leider wird das Buch auch genau deshalb vermutlich nie auf deutsch übersetzt werden, denn der gesamte Wortwitz ginge dabei verloren, und deshalb dachte ich, ich eröffne einfach mal eine eigene Kategorie über Bücher für bilinguale Leser, die man in Deutschland nicht finden würde.

[Rezensonsexemplar] Jodi Picoult - Die Spuren meiner Mutter

Die dreizehnjährige Jenna sucht ihre Mutter. Alice Metcalf verschwand zehn Jahre zuvor spurlos nach einem tragischen Vorfall im Elefantenreservat von New Hampshire, bei dem eine Tierpflegerin ums Leben kam. Nachdem Jenna schon alle Vermisstenportale im Internet durchsucht hat, wendet sie sich in ihrer Verzweiflung an die Wahrsagerin Serenity. Diese hat als Medium der Polizei beim Aufspüren von vermissten Personen geholfen, bis sie glaubte, ihre Gabe verloren zu haben. Zusammen machen sie den abgehalfterten Privatdetektiv Virgil ausfindig, der damals als Ermittler mit dem Fall der verschwundenen Elefantenforscherin Alice befasst war. Mit Hilfe von Alices Tagebuch, den damaligen Polizeiakten und Serenitys übersinnlichen Fähigkeiten begibt sich das kuriose Trio auf eine spannende und tief bewegende Spurensuche ...

Ich sage es direkt und für alle: ACHTUNG!!! Diese Rezension enthält einen Spoiler über das Ende!!!

 Gut, dann seid ihr jetzt gewarnt, aber leider schaffe ich es nicht, eine Rezension zu diesem Buch verfassen, ohne ein wenig genauer auf diesen Twist am Ende einzugehen, der mein Urteil über das Buch wirklich extrem beeinflusst hat. Aber fangen wir von vorne an.

Das Buch ist ziemlich ungewöhnlich aufgebaut. Typisch für Picoult ist ja, dass sie eine geschichte aus verschiedenen Standpunkten erzählt und dadurch alle Positionen beleuchtet. In diesem Fall ist das ein wenig geändert, weil neben Jenna, Serenity und Virgil auch Alice zu Wort kommt. Ihre Passagen erzählen einerseits von ihrem Leben in Afrika und den Ereignissen vor ihrem Verschwinden, anderersetis auch viel von ihrer Forschungsarbeit über Elefanten und deren Trauerverhalten. Ich bin jetzt weiß Gott kein Elefantenfanatiker, aber ich fand diese Inhalte im Gegensatz zu vielen anderen Lesern, wirklich spannend und informativ, auch wenn sie natürlich den Lauf der geschichte erst einmal bremsen. Am Ende wird sich aber herausstellen, dass es einen bestimmten Grund dafür gibt, diese Informationen so ausführlich darzustellen, aber dazu dann später.

Erst einmal machenw ir also Bekanntschaft mit Jenna und ehrlich, ich mochte sie nicht so richtig. Mir ging diese frühreife, manchmal ziemlich besserwisserische Jungdetektivin hier und da auf den Keks, und erst mit dem Auftreten von Serenity ist eine Figur da, die ich realistisch und außerhalb von Klischees fand. Gut, man muss akzeptieren, dass es sich hier um eine Wahrsagerin mit helleherischen Fähigkeiten handelt, die Geister sehen konnte, bis sie sich mit ihren geisterführern überworfen hat. Diesen Teil ihrer Geschichte fand ich interessant erzählt, hatte aber schon so gewisse Probleme, zu akzeptieren, dass hier nicht ein normales Setting stattfindet. Aber nun gut, Alice Erinnerungn aus dem Jenseits kann man ja verschmerzen, oder?

Dann kam ich zu Seite 190 und da passierte etwas, was in mir zum ersten Mal einen Gedanken hat aufkommen lassen. Als Jenns Vater in der Psychatrie ausflippt und sie angreift, fragt Serenity, "Was wirst du jetzt machen?" und die Krankenschwester fühlt sich angesprochen. Das hat mich etwas stocken lassen, aber ich ging von einem Übersetzungsfehler aus. Zwei Seiten später passiert aber etwas ähnliches mit einem Polizisten und in dem Moment wusste ich, dass dieses Buch darauf hinauslaufen wird, dass ... naja, dass vielleicht nicht Alice die Tote ist, mit der hier kommuniziert wird. Und genau da fing dann mein Problem mit dem Buch an. Jenna ist also vo zehn Jahren gestorben, aber anscheinend hat sie sich weiterentwickelt und aus der Dreijährigen wurde eine Dreizehnjährige, was ich für ... unrealistisch ist das falsche Wort wenn man von Geistern spricht, oder? Ich finde es einfach nicht logisch in der Abfolge und beim Lesen wurde mir dann klar, dass selbst mit dem Zusatz, dass auch Oma und Virgil nicht mehr leben (was, wenn man drüber nachdenkt, seit seinem ersten Auftauchen eigentlich klar ist) Jenna einfach viel zu oft Kontakt zur normalen Welt hat, wo sie mit ihr interagiert. Ich meine, erinnert ihr euch, als ihr "The Sixth Sense" zum ersten Mal gesehen habt und bei der Auflösung dann im Nachhinein klar wurde, dass Bruce Willis den gesamte Film über mit niemandem direkt agiert hat außer mit dem kleinen Jungen? Jenna dagegen redet davon, dass ihre Lehrer ihr Extraaufgaben geben, redet mit Polizisten und anderen Leuten ... mir sind das zu viele potentiell hellseherisch Begabte um sie herum, um diesen Twist wirklich glaubwürdig zu finden und genau deshlb bin ich von diesem Buch nicht so angetan, wie ich es trotz des Plottwists vielleicht wäre.

 

[Rezensionsexemplar] Anna Paredes - Alle Farben des Himmels

New York, 1897. Ein tragisches Unglück beendet jäh die Familienidylle der Malerin Margarita und des Fotografen Daniel. Hals über Kopf muss die junge Frau eine schwere Entscheidung treffen: Nach sieben unbeschwerten Jahren entschließt sie sich, mit ihren beiden kleinen Kindern nach Costa Rica zu reisen, um dort Zuflucht auf der familieneigenen Kaffeeplantage zu suchen. Doch ist hier noch das Zuhause, das Margarita einst so liebte? Sie spürt, sie ist nicht mehr dieselbe, die einst von dort aufbrach, um sich ihren Traum vom Künstlerdasein zu erfüllen. Margarita will einen Neuanfang wagen. Aber darf sie auch auf ein neues Glück hoffen?

Hach ja. Manchmal braucht man sie einfach, diese Bücher, von denen man weiß, dass sie einfach nur plätschern und ungefähr so viel Tiefgang haben wie die Nordsee bei Ebbe. Eben was fürs Herz statt den Verstand, wenn mal alles grade doof läuft oder es so heiß ist, dass schon das Behalten des Namens der Hauptfigur eine Herausforderung darstellt. Und genau deshalb habe ich mir Anna Paredes Roman als Rezensionsexemplar beim bloggerportal gesichert - ich wollte unterhalten werden und dabei keine großen Anstrengungen unternehmen müssen. Mit dieser Voraussetzung konnte nichts schiefgehen, auch wenn ich anfangs ein bisschen Muffensausen hatte, als ich gelesen habe, dass das hier Band 4 einer Reihe ist. Diese Reihe ist allerdings eher eine lose Familiensaga und man kann das Buch hervorragend ohne Vorwissen lesen.

Insgesamt hatte ich vom ersten Satz an ein beruhigendes Plätschern im Gefühl. Die Story fließt dahin und die Schicksalsschläge sind schlagend, aber natürlich wächst Margarita daran und eigentlich ist alles gut. Costa Rica ist ein netter, angemessen exotischer Schauplatz und die Geschichte ist schön zeitlos, weil eigentlich alle Figuren die typischen Eigenschaften besitzen, die sie für das Voranschreiten der Geschichte brauchen. Ansonsten sind sie wenig im gedächtnis bleibend, es ist halt das sehr typische "starke Frau findet ihren Weg"-Ding, das hier an einem eher selten verwendeten Schauplatz zur Anwendung kommt. Ruhige Sprache, wenig Überraschungen und ein angehmes Lesegefühl - ein nettes Buch, das nicht wehtut, aber ehrlich auch nicht groß im Gedächtnis bleibt.

Samstag, 24. Februar 2018

[Rezensionsexemplar] Sarah Bailey - Die Namen der Toten

Detective Richard Vega fühlt sich wie in einem schlechten Traum, als nahe der südenglischen Kleinstadt Tunbridge Wells die Leiche eines 15-Jährigen gefunden wird. Denn vor sechs Jahren stand er an derselben Stelle schon einmal über die Leiche eines Teenagers gebeugt, der auf dieselbe Weise getötet wurde. Hat Vega damals den Falschen verhaftet? Hat er erneut Schuld auf sich geladen? Denn dies wäre nicht der einzige Tod, der auf seinem Gewissen lastet …

 Ich hatte für diesen Monat einige Reihen auf dem Schirm, die ich entweder fortsetzen oder neu starten wollte. Dazwischengerutscht ist mir dann ein Rezensionsexemplar vom bloggerportal, das sich da sehr harmonisch eingefügt hat, denn Sarah Bailey startet mit diesem Buch hoffentlich eine Serie, die ich wahnsinnig gerne weiterlesen würde. Bei diesem Buch stimmt einfach alles für einen gelungenen Auftakt.

Da ist erst einmal der Fall, der selbst für den Leser sehr lange eherseltsam wirkt auch wenn der merh Informationen bekommt als die Polizei, weil er Reese, den Bruder des Toten Deano, mitbegleitet, nachdem er vor der Polizei geflohen ist. Die beiden sind die Söhne eines kürzlich verurteilten Unternehmers, der mehr Dreck am Stecken hatte, als selbst das Gericht herausgefunden hat. Dass irgendetwas Kriminelles läuft, ahnt man schnell, was es genau ist, ist eine sehr realistische und gleichzeitig düstere Geschichte über illegale Einwanderer und organisiertes Verbrechen. Die Polizeiarbeit wird sehr genau beschrieben und auch wenn es in der Parallelhandlung durchaus gewalttätige Szenen gibt, sind die Ermittler vor allem bei ihrem Alltagsgeschäft zu sehen, den Verhren, dem Diskutieren, dem langatmigen Suchen nach Indizien, die man manchmal nur mit Glück findet. Ein ganz klassischer Kriminalroman also zur Abwechslung, der sich erfrischend abhebt aus den immer blutiger werdenden Thrillern.

Während der Plot trotz allem noch relaitv vertraut wird, war die Sprache in diesem Krimi zur Abwechslung mal wirklich originell. Man kommt sofort ins Buch, will gerne weiterlesen und die Dialoge, die Bailey geschaffen hat, sind herrlich. Nicht aufgesetzt oder übertrieben, sondern sehr realitätsnah. Selbst die ständigen Frotzeleien zwischen Zaid und Vega sind glaubwürdig, haben einen gewissen Witz und charakterisieren die Personen sehr gut. Wenn Charaktere ihre eigene Sprechweise erhalten, werden sie überzeugend, und das hat die Autorin hier hingekriegt.

Was mich aber wirklich vom Buch überzeugt hat, waren eben diese Charaktere. Allen voran Richard Vega, Migrationshintergrund und Privatschulzögling, ehemaliger Militärpfarrer, der schließlich zur Polizei ging und dort mit eiserner Disziplin seinen Job erledigt. Nach außen der Mann aus Stahl ist er eigentlich ein sehr verletzlicher Mensch, der sich eine Maske zurechtgelegt hat, auch um sich nicht mit seiner Vergangenheit auseinanderzusetzen. Die ist im ersten Band nur angedeutet und es wird spannend, herauszufinden, was ihn genau verfolgt. Ihm vorgesetzt ist Daria, und wie der Leser anfangs ahnt und bald betätigt findet, haben die beiden seit zwei Jahren eine Affäre, die auch auf dem Revier kein großes Geheimnis mehr zu sein scheint. Blöd nur, dass Daria verheiratet ist mit Simon, einem Psychiater, und die beiden eine sagen wir mal sehr ungleiche Beziehung führen. Diese Abhängigkeit und Simons durchklingeden Persönlichkeit waren reichtig spannend und ich frage michehrlich, wie es hier weitergeht! Nicht zu vergessen dann noch Zaid, der dritte Detective im Bund. Anfangs kann man ihn absolut nicht leiden, wennn er aus Richards Sicht beschrieben wird, doch im Lauf des Buchs gewinnt er mehr und mehr an Sympathie. Selbst der bärbeißige Abteilungschef Bishop ist irgendwie nicht unsympathisch und man hat fast schon ein wenig Mitgefühl für ihn und seine sehr verfahrere Ehe.

Insgesamt ist "Die Namen der Toten" also ein gelungener Auftakt, der Lust auf mehr macht und die Hoffnung erweckt, dass es immer noch neue Autoren gibt, die im Krimialltag kleine Lichter setzen können. :-)

Donnerstag, 22. Februar 2018

[Top Ten Thursday] 10 Bücher mit ungewöhnlichem Schreibstil

Jede Woche wird durch eine Truppe Blogger eine neue Top Ten Liste zusammengestellt, dessen Thema sich inzwischen die Weltenwanderin einfallen lässt. Wir wagen ene Scuhe durch unsere Bücherregale, unserer SUBs, unsere Wunschlisten, und im Idealfall wachsen dadurch die Buchberge aller anderen an. Genauere Infos und die Themen dazu findet ihr *hier*, jede Beteiligung ist willkommen.
Die Aufgabe für diese Woche heißt:

Zeige 10 Bücher, die dich mit ihrem ungewöhnlichen Schreibstil beeindruckt haben.

Das ist mal ein interessantes Thema und ich habe wirklich ein bisschen überlegen müssen. Ganz viele meiner Bücher sind halt nicht außergewöhnlich, sondern Massenware für den Durchschnittsgeschmack und lassen dadurch einiges vermissen an Sprachgewandtheit. Grade bei Kinderbüchern, die ich als Rezensionsexemplar bekomme, fällt mir immer mehr auf, dass es ganz wenige Autoren gibt, die wirklich gerne erzählen, sondern stattdessen alles in Hauptsätze packen. Genau deshalb freue ich mich jedes Mal aufs Neue, wenn ich Bücher finde, die einen ungewöhnlichen Stil aufweisen, und ganz oft sind es genau die, die ich auh Jahre nach dem Lesen noch uneingeschränkt weiterempfehlen kann.



Daniel Kehlmann ist ein sehr spannender Erzähler. Bei "Die Vermessung der Welt" hat mich von Anfang an fasziniert, dass er einzig und allein in indirekter Rede erzählt, kein Dialog kommt ihm in die Buchstaben, und das war trotz allem so einfach und flüssig zu lesen, wie ich es selten erlebt habe. genauso flüssig schafft es sein amerikanischer Kollege T.C.Boyle, den Leser mitzureißen. Besonders aber in "Wassermusik", das definitiv mein Liebling von ihm ist. Durch ihre ungewöhnliche Erzählperspektive beeindruckt haben mich "Großmama packt aus" von Irene Dische und "Raum" von Emma Donahogue. Während ersteres konsequent die Perspektive der verstorbenen Großmama einnimmt, der niemand und nichts etwas recht machen kann und die zu allem ihren sefn dazugeben muss, ist zweiteres so unendlich dicht und packend und glaubwürdig aus der Sicht eines Fünfjährigen geschrieben, dass ich bis heute nicht gewagt habe, es noch einmal zu lesen, weil es mich beim ersten Mal so mitgenommen hat. "Das dänische Mädchen" von David Ebershoff ist so ein leises, ruhiges, beindruckend dichtes Buch, das es zu meinen ewigen Favoriten gehören muss. Poetische Sprache, in die man abtauchen will und nie wieder auftauchen. Ganz ähnlich verhält es sich mit Ulla Hahns "Das verborgene Wort", in das ich mich vom ersten "Lommer john" an verliebt habe. Diese Liebe zum Wort, die Lust am Schaffen und gestalten springt einen hier mit jeder einzelnen Zeile an. Da ist es schwer zu glauben, dass ich gleichzeitg ein absoluter Fan der Sprachlakonie eines Hans Fallada bin, der in "Kleiner Mann - was nun?" eine Liebes- und Lebensgeschichte erzählt und dabei keinen Buchstaben zuviel verwendet. In Wolfgang Herrndorfs "Tschick" habe ich zum ersten Mal ein Buch gefunden, dessen Teenager-protagonist ich als Leser für glaubwürdig befunden habe. Die Dialoge, der gesamte Erzählstil wirken nicht aufgesetzt oder von einem "alten Mann" geschrieben (einer der Hauptgründe, warum ich J.D.Salingers "Der Fänger im Roggen" absolut bescheuert fand), sondern so natürlich, als hätte man eine Tonbandmitschrift geliefert. "Der Sterne Tennisbälle" ist nur ein Stellvertreter für meine ewige, nicht nachlassende Liebe zu Stephen Fry, dem Meister der englischen Sprachgewandtheit. Als ich das Buch mit 17 zum ersten Mal gelesen habe, war ich völlig überwältigt, dass man sowas mit Sprache machen kann. Der ungewöhnlichste Stil diese Woche ist aber auf jeden Fall Ellen Hopkins "Crank", die Geschichte einer Drogensucht, die komplett in freien Rhythmen und Gedichten erzählt wird. Der Leser wird nicht nur zum Zeugen, sondern interpretiert beim Lesen ganz ohne großen Aufwand, was hier Schritt für Schritt geschieht - absolut beeindruckend!


Ihr seht schon, ich habe es vermutlich mal wieder geschafft, völlig andere Bücher zu finden, als der Rest der Teilnehmer. Aber jedes einzelne davon ist mir wirklich ans Herz gewachsen und hat einen Platz in meinem Regal gepachtet, den es nie wieder aufgeben wird.

Dienstag, 20. Februar 2018

[Buchgedanken] Stephen Fry - More fool me

Mit Anfang 30 hat Stephen Fry es geschafft. Anerkannter Schauspieler, Komiker und Autor, kann er sich auf seine Visitenkarte schreiben lassen - das hätte vermutlich kaum jemand gedacht, als er mit 18 wegen Kreditkartenbetrugs im Gefänfnis landete. Jetzt aber lauern nicht nur verhasste Partyeinladungen auf ihn, sondern vor allem eine Sache, die ihn die nächsten fünfzehn Jahre nicht mehr loslassen wird: Kokain ...

Der dritte Teil von Stephen Frys Autobiographie ist jetzt endlich zu meiner Lektüre geworden, und ich muss leider sagen, dass mir hier etwas passiert ist, was ich nie gedacht hätte bei einem Stephen-Fry-Buch: ich war mehrmals kurz davor, es einfach abzubrechen. Dabei war ich wirklich gespannt, mit welcher Eloquenz er jetzt das Kapitel seiner Erfolgsjahre und seiner Drogensucht beschreiben würde, und war vom Vorgänger "The Fry Chronicles" wirklich angetan.

Ich hätte vorgewarnt sein können von der Tatsache, dass Fry bereits im Vorwort darauf hinweist, dass er selbst nicht so genau weiß, wie er über Drgensucht schreiben soll, ohne entweder völlig abschreckend (und dadurch unrealistisch) zu wirken oder Gefahr läuft, Kokain völlig zu verklären. Auch die Tatsache, dass das erste Drittel des Buchs eigentlich nocheimal eine Zusammenfassung seines bisherigen Lebens ist, hätte ein Hinweis darau sein können, dass Stephen Fry in einer gewissen Wortlosigkeit gefangen war und sich erst einmal warmreden musste. Da das ganze aber immer noch in einem wunderschönen stil gehalten ist, habe ich den Hintern zusammengekniffen und weitergeblättert, Seite um Seite. Als dann endlich Neuland betreten wird, landete ich leider bei einem sehr zusammenhanglos wirkenden Anekdotenschatz, der quer durch die Jahre springt, mal von hier und mal von da erzählt, jede Menge name dropping betreibt und dabei nie so wirklich zum Zuge kommt. Ja, manche der Ereignisse sind wirklich urkomisch (Prinz Charles, der sich bei ihm mal eben zum Afternoon Tea ankündigt und dann inklusive Diana anrückt :D ), die "Liste der Plätze, an denen ich Kokain konsumiert habe" ist anrüchig und faszinierend, aber es gibt einfach keinen roten Faden in diesem Buch. Gleichzeitg wird aber umfangreiches Bildmaterial geboten, ohne jemals wirklichd arauf einzugehen - ich hatte wirklich das Gefühl, dass da die Bilder völlig planlos von jemandem aus dem Fotoalbum geholt wurden, weil sie in den Jahren entstanden sind, man sich aber keine Gedanken drum gemacht hat, ob die inhaltlich mit dem Buch in Zusammenhang stehen oder nicht. Man erfährt eigentlich überhaupt nichts relevantes über Stephen Fry in diesen Jahren, dafür aber belanglose Gespräche, die bis ins Detail nacherzählt werden.

Ach Mensch, das war wirklich ein leichter Griff ins Klo diesmal :-(

Montag, 19. Februar 2018

[Rezensionsexemplar] Ulla Hahn - Wir werden erwartet

Die Welt steht Hilla Palm offen. Nach langem Suchen hat das Mädchen aus einfachem Hause endlich ihre Heimat gefunden: in der Literatur und Hugo, dem Mann, der Hilla mit all ihren bitteren Erfahrungen annimmt. Zusammen entdecken sie die Liebe und erleben die 68er Jahre, in denen alles möglich scheint. Doch dann durchkreuzt das Schicksal ihre Pläne, und verzweifelt sucht Hilla Halt bei Menschen, die für eine friedvollere, gerechtere Welt kämpfen. Die marxistische Weltanschauung wird ihr zum neuen Zuhause. Beherzt folgt sie ihren Überzeugungen und muss am Ende doch schmerzlich erkennen, dass Freiheit ohne die Freiheit des Wortes nicht möglich ist ...

Wohl kaum eine Serie fesselt mich beim Lesen von der ersten Seite an so sehr wie Ulla Hahns autobiographisch geprägte Erzählung über Hilla Palm. Aufgewachsen als Kind eines Arbeiters in einer rheinisch-katholischen Familie begleitet der Leser sie über vier Bände hinweg, wie sie ihren Weg macht und dabei die Kraft des Wortes kennenlernt. So habe ich darauf hingefiebert, endlich den Abschlussband in Händen zu halten und ihm genügend Zeit einräumen zu können. Eine Woche Ferien war dazu notwendig und viel Zeit zum Nachdenken im Anschluss, um das alles zu verdauen, was in den über 600 Seiten auf den Leser einprasselt, ihn hinwegschwemmt und mit Hilla gemeinsam auf die Suche bringt.

Am Anfang des Romans begleiten wir Hilla auf einem Weg der Liebestaumelei und der Sicherheit. Die glaubt sie, bei Hugo gefunden zu haben, fernab von der Welt der Eltern. Bei einer Reise nach Rom ist es zum ersten Mal für sie möglich, mit dem Vater einen inneren Frieden zu schließen, ihn zumindest im Ansatz nachvollziehen zu können. Tatsächlich waren die drei Bände zuvor erst einmal die Emanzipation vom Vater, von der eigenen Herkunft, die jetzt auf den Kopf gestellt wird. Als Hugo bei einem Unfall stirbt, bricht Hillas Sicherheit weg. Köln, Dondorf, der Rhein - all das ist belegt mit Vergangenheit, Erinnerung, Vergänglichkeit. Selbst die Wörter gehorchen nicht mehr richtig, gehören nicht mehr Hilla und sind nicht mehr ihre Sprache - zumindest fühlt es sich so an und deshalb bricht sie ihre Doktorarbeit ab. Stattdessen richtet sie sich neu aus, wagt einen akademischen und ideologischen Neustart in Hamburg. Die DKP, die Kommunisten, das ist es, was die Verbindung zum Vater herstellt. Ihre nicht verleugbare Herkunft zu umarmen wird zu Hillas neuer Lebensaufgabe, die sie erst einmal wachsen lässt. Geborgenheit in der eigenen Herkunft finden, wenn man das so sagen kann, ist letztlich Hillas großes Ziel und gelingt ihr vordergründig auch erst einmal sehr gut. Die Szenen mit den Eltern, die sie akzeptieren lernt, mit denen sie erstmals wirklich Gespräche führen kann, sind unglaublich stark geschrieben, sind sehr genaue Beobachtungen und zeigen viel von Hillas Entwicklung.

Ebenso sprachgewaltig sind natürlich die vielen politischen Exkurse, die diesmal im Buch warten. Seien es die Diskussionen in den Kommunen zu Beginn des Romans, in denen immer wieder diese herrlichen luftleeren Platitüden aneinandergereiht sind, die mich immer sehr sprachlos zurücklassen, weil ich bereits nach einem halben satz inhaltlich nicht mehr folgen kann, oder die zwar sprachlich einfacheren, inhaltlich aber ebenfalls nur halbgaren Erörterungen zum real existierenden Sozialismus - Ulla Hahn lässt alle zu Wort kommen. Darunter leidet das Buch aber für mich auch ein wenig, denn grade am Ende muss man wirklich Durchhaltevermögen beweisen, weil inhaltlich nicht viel pasiert, aber viel geredet wird, und ich gestehe, dass ich so zwei, drei Seiten nur überflogen habe.

Was mir sehr gut gefallen hat, sind die wie auch schon im Vorgänger immer wieder eingestreuten Gedichte von Ulla Hahn, die ihre Entwicklung als Lyrikerin mitzeigen und sie inhaltlich in ihrer Biographie mit verordnen. Und natürlich die Exkurse, in denen Hilla einer namenlosen ältere Frau begegnet, in der man Ulla Hahn erkennen will, die mit ihr über Hillas Leben oder Zukunft reflektiert - eine Metaebene, die das Buch raus aus dem rein autobiographischen Schreiben bringt und stattdessen die Macht des Wortes an sich mit demonstrieren kann, die selbst das Unmögliche möglich machen kann.

Ja, ich bin beeindruckt vom Buch. Es ist nicht leicht verdaulich, es ist manchmal sperrig, es ist eine Lust an der Sprache, die man hier erkennt, die man nicht bei vielen Autoren findet. Und es ist genau deswegen nciht nru ein würdiger Abschluss, sondern einfach nur ein unglaublich gutes Buch.

Montag, 12. Februar 2018

[Rezensionsexemplar] Riad Sattouf - Der Araber von Morgen. Band 3

Ein Welterfolg wird fortgesetzt - der dritte Band des Bestsellers von Riad Sattouf kommt in die Buchläden! Die Mutter hält das Leben in Syrien nicht mehr aus und möchte nach Frankreich zurückkehren. Der kleine Riad erlebt, wie sein Vater hin- und hergerissen ist zwischen seiner Frau und starken arabischen Familientraditionen ...

Ich habe so lange auf diesen Band gewartet, weil mich bereits die ersten beiden sehr beeindruckt haben. Doch mit Band 3 legt Sattouf meiner Meinung nach den bislang besten Teil seiner Serie vor, da er hier nicht nur sein Alter Ego allmählich kritischer werden lässt und Dinge hinterfragen oder verstehen lässt, sondern auch Syrien und Frankreich für den kleinen Riad beide zu Orten werden, in denen er nicht ganz zugehörig wird. Dieses Zwischen-allen-Stühlen-Sitzen ist es, das Riads Leben zur Zeit beschreibt, und das in der Graphic Novel wirklich gut rüberkommt.

Auch die beiden Erwachsenen werden charakterlich weitereintwickelt und vertieft. Die Mutter, die bislang die Ideen ihres Mannes einfach mitgetragen hat, wird in Syrien zunehmend depressiver und geht, als sie erneut schwanger wird, für die Geburt nach Frankreich. Ihre Familie dort lässt zume ersten Mal Worte der Kritik an ihrem Mann und ihrer Lebenssituation hören, was von Riad nur ghört und nicht verarbeitet wird. In der syrischen Familie findet die Mutter in einer einzigen Verwandten eine Verbündete, die aber durch ihre Rolle wenig erreichen kann, aber zumindest ist sie da!
Der Vater wird immer deutlicher zerrieben zwischen seinen eigenen Ansprüchen an sich, seiner syrischen Familie und deren Erwartungen, aber auch der Realität um ihn herum, die sich nicht in Einklang bringen lässt mit seinen Erwartungen und Ideen vom moderen Arabien. Er ist immer mehr eine tragische Figur, die sein Scheitern nicht eingestehen kann und will. Anerkennung an der Universität erhält er nicht, sondern ist genauso ein kleines Rad im Betrieb der täglichen Bestechungsversuche, seine Bemühungen, ein muslimisches Leben zu führen, werden von der Außenwelt nicht als wahrhaftig empfunden und von seiner syrischen Familie verlacht, und selbst als er seine Söhne beschneiden lässt, hat er nicht den Mut, dabei zu sein, weil er sich selbst schämt für diese Handlung. Ich finde es faszinierend, wie es Sattouf gelingt, diese Widersprüchlichkeiten in einer einzigen Personen im Comic darzustellen, ohne ihn moralisch zu bewerten. Natürlich ist er ein riesier Idiot und, gemessen an westlichen Ansprüchen, ein Arschloch ohnegleichen, aber es gibt Gründe, warum er so ist.

Darin liegt die Stärke der gesamten Serie, vor allem aber dieses Bands. Es nimmt einen westlichen Leser mit in ein für ihn völlig fremd anmutendes Denksystem, indem er sich zurecht finden muss wie ein Kind. Und je länger er sich beschäftigt mit dem Vater, desto mehr bewertet er ihn nicht nur mit einem überheblichen Auge, sondern versucht zumindest, dessen Handlungen nachzuvollziehen und damit zu bewerten. Die sid immer noch nicht weise oder gelungen, aber sie sind erklärbar. Und mit diesem Ansatz tut Sattouf sehr viel dafür, den modernen vorderen Orient zu verstehen. Ich will unbedingt wissen, wie das Buch in Band 4 abgeschlossen wird!

[Buchgedanken] Rebecca Gablé - Der König der purpurnen Stadt

London im Jahr 1330: Der achtzehnjährige Jonah hat kein leichtes Leben als Lehrjunge im Haushalt seines Cousins. Einzig seine Großmutter schenkt ihrem verwaisten Enkel ein wenig Zuneigung. Doch eine Begegnung mit König Edward und Königin Philippa lenkt Jonahs Schicksal in neue Bahnen. Er findet Aufnahme in der elitären Londoner Tuchhändlergilde, und gemeinsam mit Königin Philippa revolutioniert er die englische Tuchproduktion. Aber je größer sein Erfolg, desto heimtückischer werden die Intrigen seiner Neider ...

Schon einige Zeit her, dass ich dieses Buch gelesen habe, aber ich habe es immer noch in guter Erinnerung. Damit hat nämlich eindeutig meine Leseflaute geendet und ich hab wieder Lust am Lesen gefunden, vor allem am Lesen im Zug. Wie immer bei Rebecca Gablé erwartet den Leser hier ein wirklich vollgestopftes Buch, dessen Handlung sich über mehrere Jahrzehnte hinstreckt und bei der man Zeuge wird, wie sich allmählich das Bürgertum und die Kaufleute als Gegengewicht zum Adel in der englischen Gesellschaft etablieren können. Ich war sehr beeinderuckt von der sehr guten Darstellung des bürgerlichen Lebens, das in Gablés Romanen sonst ja eher nicht auftaucht, und die Organisation der englischen Tuchgilde, die Rolle, die sie beim Auffüllen der englischen Kriegskasse gespielt hat, war interessant erklärt.

Was mir am Buch allerdings weniger gut gefallen hat, war dieses ständige Gefühl, hier einer mittelalterlichen Seifenoper zuzusehen. Das lag meiner Meinung nach daran, dass die Autorin hier die Charaktre einfach nicht richtig zeichnet, sondern sich auf ein paar Kohlestriche verlässt, damit man die Typen erkennt, dabei aber gleichzeitig ihre Hauptfigur um jeden Preis positiv darstellen will. Jonah, wie er anfangs eingeführt wird, ist ein Gegenentwurf zu den üblichen strahlende Helden. Mürrisch, zynisch und mit einem gewissen Grad an Egozentrik ausgestatttet, den man benötigt, um in dieser Zeit in diesem Handel erfolgreich zu sein. Statt Jonah in diesem Charakter aufzubauen, wird er aber als Held benötigt und sein Gegenspieler, der diese Seite ausleben darf, ist William de la Pole, eine historische Figur, die wirklich Ecken und Kanten hat und leider viel zu selten im Buch auftaucht. Stattdessen werde ich dezent gelangweilt mit Williams - nicht historischer - Tochter, die Jonah heiratet und die natürlich ein Ausbund and Schönheit, Klugkeit und überhaupt allem ist. Erhlich gesagt, ging sie mir ganz schön auf die Nerven.Genauso übrigens, wie nahezu alle anderen Frauenfiguren im Buch entweder in ihrer eindimensionalen Klugkeit verharren oder aber viel zu früh abtreten müssen. Einzige Ausnahme bildet da Königin Philippa, die sich zwischen Machtwillen, Eitelkeit und innerer Verletzlichkeit bewegt und mehr als nur eine Emotion zeigen darf. Ein wenig schade finde ich, dass ihr Mann da in den Hintergrund tritt und so plötzlich als Ehebrecher und Vergewlatiger auftritt, dass man selbst nach dreimal Lesen noch nicht versteht, was da jetzt grade passiert ist. So schön es ist, diese Seite des königlichen Lebens zu zeigen, wäre es vielleicht gut, Edward dann nicht bis dahin und danach auch wieder als ziemlich schlichten und freundlichen Charakter darzustellen, der keinen Hinweis darauf gibt, hinter jedem Rock her zu sein.
 
Ein Pluspunkt ist aber auf jeden Fall Gablés ungestelzter, leicht dahin fließender Stil. Die Autorin vermeidet es konsequent, einen künstlichen pseudo-mittelalterlichen Ausdruck vorzuspielen und lässt die Charaktere vorwiegend wie Menschen von heute miteinander reden. Und genau dadurch werden diese Figuren trotz all ihrer Unzulänglichkeiten bei der Charaktererstellung lebensnah und es macht Spaß, ihnen durch diese Geschichte zu folgen. Und übrigens, es gibt ein kleines, klitzekleines Wiedersehen mit den Warringhams ;-)