Was ist das zerbrechlichste Ding der Welt? Die Realität. Was ist schon real – ist sie nicht eigentlich nur ein Konstrukt um uns herum? Mit „Zerbrechliche Dinge“ liegt eine Sammlung von Kurzgeschichten vor (Anmerkung meinerseits: im amerikanischen Original sind es mehr und zusätzlich noch eine stattliche Anzahl an Gedichten und Anmerkungen des Autors, ich werde es mir demnächst auch noch besorgen, nur um es zu besitzen ;-) ), die diese Realität immer wieder neu konstruiert. Interessanterweise hat der deutsche Verlag die Geschichten neu geordnet, ich weiß nicht, welche Reihenfolge sie im Original aufweisen, aber in der deutschen Ausgabe ist es dadurch gelungen, ein unsichtbares Band zwischen den Geschichten zu schlingen, die inhaltlich nichts miteinander zu tun haben und dennoch aufeinander aufbauen zu scheinen.
Neil Gaiman entführt seine Leser oftmals in eine Welt, die ihnen vertraut zu sein scheint und sich plötzlich als etwas ganz Anderes entpuppt. Egal, ob es eine Exkursion eines Feinschmeckerclubs ist oder ein Ausflug in einen Zirkus, man misstraut plötzlich den eigenen Sinnen. Meine Lieblingsgeschichte ist „Eine Studie in Smaragdgrün“, in der er nicht nur eine Sherlock-Holmes-Geschichte schreibt, sondern sie auf die Spitze treibt, doppelte Böden einfügt und mich als Leser jede Seite gebannt umblättern lässt, in der Erwartung, was denn nun kommen möge … Aber auch viele andere Geschichten im buch sind hervorragend, wenn man sich auf sie einlässt, selbst dann, wenn eigentlich gar nichts passiert (wer schonmal eine Geistergeschichte ganz ohne Spuk lesen wollte, die dennoch Gänsehaut entstehen lässt, ist herzlich dazu eingeladen). Das Buch war in diesem Jahr aus reinem Zufall mein hundertstes gelesenes Buch, und ich bin mehr als froh darüber. Es hat diesen Platz in aller Würde verdient – ich verneige mich in Ehrfurcht. Endlich bin ich in der Fantasy heimisch geworden ;-)
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