Willi Kufalt wird nach fünf Jahren aus dem Zuchthaus entlassen. Abgesessen hat er seine Strafe, aber was wird jetzt aus einem ehemaligen Prokuristen, der in die Kasse gegriffen und Abrechnungen gefälscht hat? Kein Prokurist mehr, so viel ist klar – aber Kufalt blickt trotz allem optimistisch in die Zukunft. Die wird schon auf ihn gewartet haben, Hauptsache ein Neuanfang in Hamburg. Aberwir schreiben die Endzwanziger Jahre, die Arbeitslosen stehen Schlange und die Gelegenheit, ein Ding zu drehen, wird nie wieder so günstig sein. Und überhaupt, wer gibt einem Zuchthäusler schon eine Chance, egal, warum er gesessen hat?
Fallada präsentiert hier im weitesten Sinne sein Alter Ego, auch er saß wegen Betrugs im Gefängnis und weiß, wovon er schreibt. Dementsprechend realistisch gelingen ihm die Erzählungen vom Gefängnisalltag und den Problemen, vor denen der Gefangen draußen im Leben steht. Denn eigentlich will Fallada keinen normalen Roman schreiben, sondern Ähnliches erreichen wie Zuckmayer mit seinem „Hauptmann von Köpenick“. Eine Anklage gegen das Strafsystem. Während Zuckmayer das mit den Mitteln der Ironie versucht, schreibt Fallada die einfache Geschichte eines einfachen Mannes, der gerne auf den eigenen Füßen stehen würde, wenn ihn das Leben nur nicht automatisch immer wieder schubsen würde. Willi Kufalt ist fast schon der Prototyp des „kleinen Mannes“, ein charmanter Kerl, der in den richtigen Situationen hartnäckig bleibt, kriegt, was er will, wenn er es richtig anstellt, und der sich nicht unterkriegen lassen will von der restlichen Welt. Ein Held? Na, nicht unbedingt. Ein Gauner? Sicher. Vor allem aber ein überzeugender Protagonist, dem man trotz oder gerade wegen seiner Fehler gerne folgt und dem man unweigerlich die Daumen drückt, sein redliches Leben allen Prognosen zum Trotz zu führen, auch wenn er weder für das eine noch für das andere Leben geschaffen zu sein scheint.
Der anklagende Tonfall führt allerdings auch dazu, dass die restlichen Figuren des Romans gelegentlich schon stark ins Stereotype verfallen. Vielleicht wirkt Kufalt auch gerade durch diesen Kontrast so normal und alltäglich, also ein geschickter Kunstgriff des Autors. Auf der anderen Seite bezweifle ich als Leser an keiner Stelle, dass es tatsächlich genau solche Leute gibt wie den salbungsvollen Herrn Seidenschwanz oder den saufenden Herrn Freese – aber so geballt in einem einzigen Leben wie dem von Willi Kufalt tauchen die hoffentlich nicht auf. Es erinnert schon fast an Charles Dickens, wie Fallada schreibt, wahrscheinlich gefällt er mir deshalb so gut. Hoffnungslosigkeit und Optimismus sind immer eine reizvolle Mischung in einem Roman, und nirgendwo sind sie so gut auf einem Haufen versammelt wie hier in diesem Buch.
Huhu,
AntwortenLöschenich wollt dir mal nen Gruß dalassen, da unsere Blogs den selben Namen haben (inhaltlich anders interpretiert^^).
Viele Grüße vom anderen "Nicht noch ein Beautyblog" :)