Freitag, 11. Oktober 2013
Jeff Guinn - Go down together. The true and untold story of Bonnie & Clyde
Es gibt so Personen, über die glaubt man einfach alles zu wissen, weshalb man nie in Erwägung ziehen würde, ein Buch über sie zu lesen. Als ich vor drei oder vier Jahren in England über dieses Taschenbuch gestolpert bin, war ich allerdings ein wenig neugierig, warum es über dieses Gangsterpärchen so viele Seiten zu füllen gibt, denn ich hatte im Hinterkopf, dass die beiden relativ jung gestorben sind. Irgendwo spukte was mit Bankraub und mit einem dramatischen Schusswechsel im Kopf rum, und natürlich die Fotos von Faye Dunnaway als Gangsterbraut mit diesem schicken, senffarbenen Barett auf dem Kopf. Dieser Film hat das Image von Bonnie Parker und Clyde Barrow geprägt wie nichts anderes, obwohl sie während ihrer kurzen kriminellen Karriere vor anderen Größen wie John Dillinger eigentlich untergingen. Jeff Guinn versucht in seiner Biographie, sich diesen beiden anzunähernd und auch einiges an Bildern, die wir im Kopf haben, geradezurücken.
Was mir an dem Buch gefallen hat: obwohl Guinn ein anderes Bild der beiden zeichnet, läuft er nie Gefahr, dabei in Romantik abzugleiten oder die beiden zu Helden zu stilisieren. Dazu taugen sie auch nicht, denn trotz aller Heldenposen mit Schusswaffen, letztlich sind sie zwei Ganoven, die rücksichtslos vorgehen und für die das eigene Leben das einzige ist, das zählt. Andererseits zeigt Guinn eben auch, wie sich das Leben der beiden entwickelt hat und zeigt, dass die beiden letztlich weit entfernt von dem Bild sind, das sie auch selbst von sich zeichnen.
Diese berühmte Fotoserie z.B. ist nichts anderes als eine Quatschserie, die zufällig der Polizei in die Hände fiel. Bonnie hat, nach Aussagen anderer Weggefährten, dieses Bild gehasst, auf dem sie sich lässig mit der Knarre und das Auto stützt und eine Zigarette pafft – und so richtig wohl scheint sie sich auf den Bildern tatsächlich nicht zu fühlen. Eigentlich war das alles anders geplant, eigentlich wollte sie mit diesem Clyde Barrow doch nur raus aus dem Kleinstadtmief, in dem sie aufgewachsen waren. Clyde gerät schon früh mit dem Gesetz in Konflikt, die üblichen Dinge: Autodiebstahl, Diebstahl – alles, womit man versuchen möchte, sein Leben hinter sich zu lassen. Dass er dabei eine erschreckende Erfolglosigkeit an den Tag legt und sich immer früher als später im Knast oder der Jugendfürsorge wiederfindet – das passt so gar nicht zu diesem Bild des anzugtragenden Waffenfans, als der er der Öffentlichkeit später verkauft wird. Auch die Überfälle von Bonnie und Clyde sind geprägt von fast schon rührender Hilflosigkeit, denn die höchste Beute der beiden beträgt einmal ganze 300 Dollar. Zu der Zeit läuft John Dillinger mit 10000 Dollar aus einer Bank raus – sind Bonnie und Clyde also tatsächlich nur ein halberfolgreiches Gangsterpaar? Zumindest sind sie extrem rücksichtslos, vielleicht auch, weil sie nur wenig zu verlieren haben, und jederzeit bereit, sich in gewagten Schusswechseln mit der Polizei den Weg freizuballern. Aber rechtfertigt das ein Abknallen aus dem Hinterhalt, wie es dann letztlich zu ihrem Tod führen wird?
Jeff Guinn stellt dieses Leben sehr detailliert und sachlich dar, ohne dabei langweilig zu werden. Ich fand das Buch sowohl als Biographie als auch als True-Crime-Buch extrem spannend und informativ und will es euch uneingeschränkt empfehlen. Auf Deutsch ist es leider nicht erhältlich, warum eigentlich nicht? Wer es auf Englisch lesen möchte, braucht manchmal ein Wörterbuch, aber insgesamt ist es flüssig lesbar. Ach ja, von Guinn gibt es auch noch ein Buch über den Okey-Coral-Shootout von Wyatt Earp, das ich mir unbedingt zulegen möchte – Spenden sind gerne willkommen :-p
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