Als ich vor ein paar Wochen bei meinen Eltern war, wurde mir der dezente Hinweis gegeben, mich endlich mal mit den alten Kisten auf dem Dachboden zu beschäftigen, in denen ich immer noch Bücher einlagere. Ich kann aus dem Schlaf sagen, was da drin ist, das sind nämlich meine gesammelten Enid-Blyton-Bücher, die ich nicht hier untergebracht habe. Enid Blyton war für mich DIE Schriftstellerin meiner frühen Jugend, ich habe mir jede Woche ein Hanni-und-Nanni-Buch gekauft, der Schneider-Verlag hat an meinem Taschengeld verdient wie sonst kein anderer :-p
Je länger ich mich mit Enid Blyton im Lauf der Zeit beschäftigt habe, desto interessanter finde ich es eigentlich, dass diese Frau das Ghostwriting-System vermutlich perfektioniert hat. Ob sie tatsächlich ein Heer von arbeitslosen Schriftstellern dafür engagiert hat, parallel zu ihr an ihren Serien zu schreiben, wird wohl weiterhin ein Gerücht bleiben - aber ich finde ja, dass allein die Idee, den eigenen Namen als Marke zu verkaufen, gradezu genial ist. Auf die Weise dürfen Verlage dann Bücher "im Stil von Enid Blyton" als echte Enid Blytons vertreiben, was in Deutschland zumindest zu der interessante Tatsache geführt hat, dass hier die Dolly-Reihe statt der von Enid Blyton geschriebenen sechs gleich 18 Bände umfasst und mit "Tina und Tini" eine ganze Serie existiert, die nicht mal den Hauch von Enid Blytons Schreibfabrik gespürt hat :-)
Ich komme grade auf das Thema, weil ich mich, wenn ich dann doch mal Zeit habe, durch die BBC schaue und auf YouTube nach diversen BBC-Mini-Serien und Filmen suche. Dabei bin ich - neben einer Miss-Marple-Serie - auch auf "Enid" gestoßen, das zwar auch schon wieder vier Jahre alt ist, aber eine wirklich toller Film mit Helena Bonham Carter über Enid Blyton ist. Der Film konzentriert sich vor allem auf die wahnsinnige Differenz zwischen der Kinderbuchautorin, die ihre Fans liebt, und der Frau, die nicht wirklich in der Lage ist, eine Verbindung zu ihren eigenen Kindern aufzubauen. Sie lebt mehr oder weniger dauerhaft in einer Fantasiewelt und je stressiger es um sie herum wird, desto mehr taucht sie ab. Vielleicht ist auch das der Grund für diese wahnsinnige Produktivität, die sie an den Tag legen konnte.
Kinderbuchautoren sind für mich ehrlich die Autoren, die ich am meisten bewundere, eben weil sie so ungeheuer produktiv schreiben und schreiben müssen, um ihre Leser einigermaßen zufrieden zu stellen und gleichzeitig davon leben zu können. Dass man dabei vielleicht eher weniger literarisch schreibt und sich einiger Gesetzmäßigkeiten bedient, erscheint mir ziemlich logisch. Wobei ich als Kind da auch nichts dagegen hatte, für mich war das ewig Gleiche von Enid Blytons Welten eigentlich sehr beruhigend und eine verlässliche Konstante, an der ich mich erfreuen konnte. Wenn man ehrlich ist, Agatha Christie hat auch immer mal wieder dieselben Varianten gefunden. Apropos, vor einiger Zeit habe ich ein Buch gelesen, in dem Christies Ideen zu ihren Romanen analysiert wurden und ihre Notizbücher ausgewertet wurden, in denen sie vor dem Schreiben die Plots strukturiert hat. Wenn das so läuft, ist es eigentlich kein Problem, sein eigener Ghostwriter zu sein und eine solche Geschwindigkeit an den Tag zu legen - ob Enid Blyton das auch heimlich gemacht hat?
PS: Nein, ich habe euch nicht vergessen, aber zur Zeit sind Abschlussprüfungen und ich muss noch einen Stapel Exen korrigieren und habe vergessen, den Artikel zu planen ;-)
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