Mein Göttergatte ist nicht nur ein hervorragender Koch, sondern vor allem und in erster Linie Jurist. Das heißt, dass ich seit zehn Jahren regelmäßig das Vergnügen habe, juristischen Fachsimpeleien zu lauschen, da unser gesamter Freundeskreis sich hauptsächlich aus Rechtsanwälten und Jura-Doktoranden zusammensetzt. Ja, das ist nicht schön, aber es bringt auch einem Nicht-Juristen bestimmte Dinge bei, die für Anwälte zur selbstverständlichen Denkweise gehören. Zum Beispiel das Wissen, dass Rechtssprechung und moralisches Recht nicht automatisch deckungsgleich sind.
Ähnliche Betrachtungen müssen Ferdinand von Schirach dazu getrieben haben, Bücher zu schreiben. „Schuld“ war der erste von zwei Bänden, in denen er eine Reihe von Fällen aus seiner Strafrechtspraxis schildert, die in diesem irritierenden Verhältnis stehen. Die Frage, ob individuelle Schuld messbar ist, ob jeder Schuldige bestraft werden muss und kann, stellt sich irgendwann jedem Juristen und von Schriach nimmt seine Leser mit in diese Zwickmühle. Allerdings krankt das Buch – ähnlich wie ich es schon bei „Der Fall Collini“ bemängelt habe – am bemüht-blumigen Stil von Schirachs. Ich vermute, dass er versucht, um seine eigentliche Schreibweise (knochentrockenes Juristendeutsch) herumzuschreiben und einen für den Leser angenehmeren Stil zu schaffen. Mich nervt der aber, vor allem der Einsatz eines Ich-Erzählers, der für mich irgendwie wenig juristisch-authentisch wirkt, sondern mehr wie der hilflose Versuch, eine Gewissensinstanz zu schaffen, die den Leser abholen kann. Mir gefallen die Bücher von Schirachs nicht wirklich gut, aber es scheint genügend Publikum zu geben – vielleicht bin ich einfach übersättigt von Juristen und ihren Erzählungen.
Mir geht es da wie dir. Zudem mag ich Ich-Erzähler grundsätzlich nicht so gerne.
AntwortenLöschen