Wir alle kennen diese Szene aus diversen Western. Der oder die Bösewichter am einen Ende der Straße, der Sherriff oder wer auch immer auf der Seite der Guten steht, auf der gegenüberliegenden Seite. Vorbeiwirbelnde Tumbleweeds, angespannte Gesichter, und dann - wer schneller zieht, gewinnt! Allerdings - diese Shootouts hat es im so wilden, wilden Westen eigentlich kaum gegeben. Dennoch haben sie unser Bild geprägt, was vor allem an einem Shootout liegt, das bis heute DER Prototyp ist für Ablauf und Beteiligte. Die Rede ist vom legendären O.K.Corrall Shootout, bei dem Marshall Wyatt Earp, seine Brüder Virgil und Morgan und sein alter Kumpel Doc Hollidayinnerhalb kürzester Zeit drei Männer erschießen und, nach einem Attentat auf Morgan und Virgil kurze Zeit später, zu einem Vendetta-Ritt aufbrechen. Diese Szene prägt bis heute unsere Vorstellungen, nicht zuletzt, weil seit den 1910er-Jahren kontinuierlich am Mytos "o.K.Corrall" gestrickt wird ....
Jeff Guinn kenne ich als Autor einer tollen Biografie über Bonnie und Clyde, die ich hier schon vor einiger Zeit besprochen habe. Seit zwei Jahren liegt hier im Regal auch "The Last Gunfight" rum und ich beschäftige mich immer mal wieder für ein paar Seiten damit. Dieses Wochenende habe ich es dann aber auch geschafft, es mal auszulesen und meine Meinung dazu irgendwie in Worte zu fassen.
Das Buch ist anders, als man denken würde. Wer erwartet, ein Western-Buch serviert zu bekommen, der wird sich angesichts der Tatsache, dass der Shootout erst im letzten Drittel überhaupt geschildert wird, bereits sehr verloren fühlen. Das Buch ist irrsinnig ausführlich in der Frage nach den Hintergründen dieser Schießerei, die - so weit Guinns Diagnose - nichts anderes ist als eine fast schon logische Schlussfolgerung aus den Ereignissen der Tage vor der Schießerei, die dazu geführt haben, dass die beiden Parteien sich so misstrauisch gegenüber stehen, dass die kleinste Bewegung ausreicht, um die Situation eskalieren zu lassen. Dementsprechend versucht Guinn, diese Vorgeschichte genau zu analysieren, lässt jede Menge Erinnerungszeugen zu Worte kommen und spricht allgemein über das Leben in den Frontier-Städten um 1880. Tombstone, der Ort der Schießerei, ist eine Boom-Stadt, die ihre besten Tage effektiv schon hinter sich hat und in der sich, wie so oft, Spieler und Prostituierte angesiedelt haben, die immer mehr Cowboys anlocken. Dieser Hexenkessel aus Leuten, denen der Finger schnell am Abzug sitzt, soll ruhig gehalten werden durch städtische Verordnungen, die eher noch Öl ins Feuer gießen. Virgil Earp ist als Polizeichef der Stadt dazu verpflichtet, sie durchzusetzen, auch gegen Betrunkene und diejenigen, die sowieso schon einen Hass auf die Polizei haben. Wenn dann noch ausgerechnet Doc Holliday, der dank seiner begrenzten Tuberkulose-Lebensaussichten sowieso schon zum Draufgängertum neigt, sich hündisch in den Dienst seines besten Freundes Wyatt Earp stellt, dann kann dieses Pulverfass nur explodieren.
Sehr detailliert schlüsselt Guinn dann auch die dreißig Sekunden auf, die die Schießerei letztlich nur dauern sollte, belegt mti Aussagen aus dem anschließenden Prozess und Lebenserinnerungen von Nicht-Beteiligten. Die Widersprüche, die bis heute existieren,w erden von ihm genauso aufgezeigt wie die eindeutigen Unwahrheiten, die man späteren literarsicehn und filmischen Aufarbeitungen zu verdanken hat. Er geht mit jedem der Beteiligten ins Gericht, stellt sich auf keine Seite und zeigt am Ende auch, wie die Legendenbildung dieser Schießerei von beiden Seiten finanziell genutzt wurde. Insgesamt ein wirklich gutes Buch - allerdings braucht man ein extrem gutes Lexikon dafür, es ist bisher nur auf Englsich erhältlich und viele der Fachbegriffe muss man sich erstmal zu eigen machen.
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