Montag, 19. November 2012

Sabine Weigand - Die Markgräfin

Kulmbach im Jahr 2002. Als bei Bauarbeiten der Kastellan der Plassenburg ein eingemauertes Kinderskelett entdeckt, ist die Neugier des Hobbyhistorikers geweckt und gemeinsam mit einigen Freunden versucht er, mehr über die unbekannte Kinderleiche herauszufinden. Schon bald stoßen sie auf Hinweise, die das Skelett in die Zeit des Markgrafen Albrecht Alcibiades einordnen lassen. Doch was ist damals geschehen? Kulmbach 1525 – mit zehn Jahren wird Barbara, Albrechts Schwester, mit einem Grafen verheiratet. Mit zwölf ist sie verwitwet und dem böhmischen König versprochen – doch der braucht diese Ehe eigentlich gar nicht mehr. Als Barbara eigenmächtig beim Papst um die Auflösung ihrer Ehe bittet und sich mit einem Mann aus niedrigem Adel verlobt, wird sie von ihren Brüdern auf die Plassenburg gebracht – sie soll sie erst wieder verlassen, wenn sie ihre Verlobung löst …
„Die Markgräfin“ ist mir von verschiedenen Seiten immer wieder empfohlen worden und ich habe das Buch jetzt endlich mal aus der Bücherei mitgenommen. Hmmm, irgendwie kann ich mich den ultrabegeisterten Kritikern nicht so wirklich anschließen. Ich fange mal mit dem Positiven an. Ich fand die Verbindung zwischen den beiden Zeitebenen sehr gelungen und gerade die Tatsache, dass die Herren Detektive auch mal längere Zeit so gar nichts finden oder nur der Zufall hilft, ist durchaus realistisch beim Thema Archivforschung in Bezug auf eine Zeit, in die die komplette Zerstörung einer Stadt fällt. Besonders schön fand ich halt auch das Lokalkolorit, ich würde gerne öfter Romane aus meiner Heimat lesen, nur um gelegentlich über die Ortsnamen zu stolpern ;-) Der Ausflug in die Markgrafenzeit ist ebenfalls vom darstellenden her gelungen, durch die etwas andere Sprachebene, die die Autorin konsequent durchhält, komme ich schnell in das Denken der Zeit hinein. Aber es gibt halt auch ein großes „Aber“ am Buch und das ist, meiner Meinung nach, die sehr große schriftstellerische Freiheit, die sich die Historikerin genommen hat, um das Buch als Roman funktionieren zu lassen. Barbaras Lebensgeschichte ist nämlich keineswegs erfunden, sondern hat tatsächlich bis zu ihrer Inhaftierung auf der Plassenburg so stattgefunden. Das Problem für mich besteht einfach darin, dass sie Barbaras Leben kurzerhand um fünfzig Jahre nach hinten verschoben hat, um der Geschichte mit der Zerstörung der Plassenburg eine gewisse Dramatik zu verleihen. Und dadurch, leider Gottes, funktioniert die Geschichte einfach nicht mehr so, wie sie es sollte. Ich bin beim Lesen immer wieder drüber gestolpert, welche Konfession die Markgrafen denn eigentlich haben und was das für eine Auswirkung auf ihre Handlungen hat. Genau dadurch, dass diese fünfzig Jahre Zeitverschiebung den Unterschied ausmachen, ob wir vom katholischen oder vom protestantischen Franken sprechen, sind die Handlungen der Figuren entweder logisch oder seltsam anmutend. Ähnlich geht es mir mit dem gesamten Stammpersonal des Romans – die historischen Figuren können sich eben gar nicht so getroffen haben, wie es zum Teil im Buch geschildert wird, und das ist mir dann einfach zuviel beliebiges „ins Geschichtsfach Greifen“ –frei nach dem Motto: „Ach, der war da doch irgendwann mal auf der Burg …“ Ich hätte es schön gefunden, die tatsächliche Geschichte zu erfahren, auch wenn die Quellen dürftig sind, statt z.B. im Nachwort erwähnt zu finden, dass es bestimmte Quellen über Barbara gibt, die aber im Roman selbst nicht wirklich rauskommen. Ich weiß bis jetzt nicht, ob die Briefe, die im Roman auftauchen, ganz oder zum Teil Quellen sind und woher sie stammen, muss also davon ausgehen, dass alles erfunden ist – und dadurch leidet für mich die historische Glaubwürdigkeit des Textes massiv.
Nicht falsch verstehen, das Buch ist meiner Meinung nach nicht schlecht – es hat halt nur zuviel „Aber“ um für mich ein wirklich gutes Buch daraus werden zu lassen.

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