Der Mörder, der nur als Jack the Ripper bekannt ist, schlägt plötzlich zu, beendet seine Serie ebenso schnell wie sie angefangen hat, und verschwindet spurlos im Dunkel der Geschichte. Bis heute beschäftigt die Mordserie, die 1889 in London mindestens fünf Frauen das Leben kostete, die Verschwörungstheoretiker. Die Zahl der Verdächtigen ist unüberschaubar, es gibt zahllose Theorien, wer es tatsächlich war. Manche sind an den Haaren herbeigezogen, andere theoretisch möglich. Und andere sind von Patricia Cornwell.
Cornwell ist eine zigfach ausgezeichnete Krimiautorin. Und hätte sie ihre Idee zur Ripper-Identität als Roman verpackt und erzählt, könnte man sagen "coole Idee, gut erzählt, kann was dran sein". Aber stattdessen entschied sie sich dazu, ein Sachbuch zu veröffentlichen und ihre Beweise offen zu legen. Und da beginnt das Problem.
Für Cornwell ist klar, dass der Ripper niemand anders sein kann als Walter Sickert. Sickert, ein Schüler des Malers Whistler, weltweit berühmt und geachtet, ist nach ihrer Überzeugung ein frauenverachtendes, impotentes, psychopathisches Monstrum, das in seinen Bildern ganz offen mit seinen Taten protzt, und dessen Entwicklung in frühester Kindheit durch eine Operation ausgelöst wurde, die ihn mindestens impotent machte, wenn nicht sogar den Penis gekostet hat.
Okay. Es gibt absurdere Annahmen zur Ripper-Identität.
Allerdings bleibt Cornwell die Beweise für diese Annahme nahezu vollständig schuldig. Das ist zum einen der Tatsache geschuldet, dass bedingt durch zwei Weltkriege und hundert Jahre Akteneinlagerung ein Teil der ein Teil der Akten einfach verloren gegangen sind. Zum anderen der Tatsache, dass Cornwell einfach alles im Zuge ihrer Theorie deutet und reinpresst und Leerstellen nach eigenem Annehmen füllt. Wie oft der Satz "ich weiß nicht, ob es so gewesen ist, aber es war so ..." in diesem Buch variiert wird, habe ich aufgehört zu zählen. Ganz klassisch im anglo-amerikanischen Beweisführungsstil wird erst einmal von der Schuld des Angeklagten ausgegangen, die er widerlegen müsste - und schlecht widerlegen kann - und immer und immer wieder redundant wiederholt: "Sickert war ein Psychopath, weil er ein Psychopath war." Cornwells Theorie stützt sich auf eher wackelige Füße.
Erstens, so die Autorin, sind ein Großteil der Ripper-Briefe von ein und derselben Person geschrieben worden, auch wenn sie sich in Sprache, Schreibstil, Handschrift und Absendeort nicht entsprechen, ja zum Teil sogar widersprechen. Das haben Analysen in ihrem Auftrag ergeben. Das wäre doch mal spannend gewesen, tatsächlich zu erklären, woran das festgemacht wird - aber nein, stattdessen knallt sie das einfach nur hin und ich als Leser habe es zu schlucken, obwohl mich die abgebildeten Briefe so gar nicht davon überzeugen wollen.
Zweitens, so die Beweisführung weiter, muss es Sickert gewesen sein, weil Sickerts Gemälde die Morde thematisieren. Auch hier fällt es schwer, das zu glauben, wenn das Bildmaterial nicht die Gemälde vorweisen kann. Das hat zur Abwechslung nich Cornwell zu verantworten, sondern in der deutschen Ausgabe dürfen die Bilder aus urheberrechtlichen Gründen nicht abgedruckt werden. Dabei wäre genau das interessant und für den Leser wichtig.
Zusätzlich zur dünnen Beweisführung krankt das Buch meiner Meinung nach an der Erzählweise, die nicht etwa chronologisch vorgeht, sondern permanent springt und nicht einmal Sickerts Lebensweg chronologisch wiederzugeben vermag. Ich springe als Leser zwischen Orten hin und her, bei denen zwanzig Jahre dazwischen liegen, Namen werden um die Ohren geknallt und dazwischen plötzlich wieder die Leben der Opfer erzählt, so weit sie sich rekonstruieren lassen. Und dann hört das Buch einfach plötzlich auf mit der Beerdigung von Sickerts zweiter Ehefrau und ich denke mir nur "Häh?"
Das Buch ist nicht einmal schlecht. Es überzeugt nicht, es ist schlampig mit Fußnoten versehen und die Quellen, die verwendet werden, sind eher willkürlich verteilt. Und das macht es zu einem hochgradig ärgerlichen Buch :-(
Sonntag, 31. Mai 2015
Montag, 25. Mai 2015
[Buchgedanken] Marina Lewycka - Caravan
Sie sind fünf Frauen und drei Männer aus aller Herren Länder - China, Malaysia, Polen, der Ukraine und Malawi. Aber sie alle arbeiten als Erdbeerpflücker bei einem englischen Bauern. Saisonarbeitskräfte, wie man sie zu Hunderten sieht. Sie alle haben unterschiedliche Vorstellungen und Träume. Da sind die beiden Asiatinnen, die ihr Studium finanzieren wollen. Oder die Polin Jola, eine resolute Vorarbeiterin, die ihren behinderten Sohn alleine erzieht und dafür im Ausland mehr Geld verdient. Oder ihre Nichte Marta, eine gottesfürchtige junge Frau, die von ihrer Familie mitgeschickt wird, um der Tante beizustehen. Thomasz, der eigentlich mal einen Posten in der Stadtverwaltung hatte und vom Aussteigerleben träumt. Andrej, der Ukrainer, der eigentlich von einer englischen Jugendliebe träumt . Und dann ist da noch die Neue, die in den Frauencaravan einzieht und mit der das ganze Elend beginnt. Plötzlich liegt der Bauer überfahren auf dem Erdbeerfeld und die ganze Truppe macht sich, verfolgt von einem Arbeitsvermittler und einem obskuren Personalvermittler auf eine Odyssee nach Dover. Oder doch nach Sheffield? ...
Ich bin jedes Mal, wenn ich etwas von Marina Lewycka lese, wieder irritiert. In der Aufmachung und dem Klappentext klingen die Bücher immer so frisch, fröhlich und nach viel Witz.. Aber das sind sie nun einmal so gar nicht. Lewycka ist eine brillante Beobachterin der Gegenwart, die hinter ihrer vordergründigen Fabulierlust ein Händchen dafür hat, Charaktere zu schaffen, die verschiedene Ebenen besitzen und deren Hintergrundgeschichte Erklärung liefert für ihre Handlungen innerhalb der Story. Und vor allem sind ihre Bücher voller Sozialkritik, ganz ohne Romantik und Nettigkeit - man muss nur schaffen, nicht nur den "simplen" Stil der Darstellung zu lesen, sondern sich Gedanken darüber machen.
"Caravan" ist eine Darstellung des Schicksals der sonst so anonym bleibenden Saisonarbeitskräfte. Ob es sich um Spargelstecher, Erdbeerpflücker oder Schlachthausmitarbeiter handelt. Und dabei werden keineswegs nette Bilder gezeichnet - die Szenen im Schlachthaus und der Hühnerfarm werden so stark geschildert, dass ich grade nicht mehr wirklich das Bedürfnis auf Fleisch verspüre (und das, wo wir sowieso schon nur vom Biobauern holen)! Auch das Schicksal der beiden Asiatinnen, so wenig darüber auch geschrieben wird, steht eindeutig vor den Augen - wie solle s auch anders kommen?
Nichtsdestotrotz werden die Figuren nicht nur dem Elend ausgesetzt, sie haben durch ihr Festhalten an Träumen und ihre Geschichte, so unwahrscheinlich sie auch sein mag, das Zeug dazu, sich mit ihnen sofort zu identifizieren. Jede Figur erzählt einen Abschnitt in einer ihr eigenen Sprache und einem ihr eigenen Stil, das fand ich beim Lesen zunächst verwirrend, dann aber auch sehr faszinierend. Die Seiten fliegen nur so vorbei beim Lesen, man will einfach wissen, was passiert. Also eine klare Empfehlung :-)
Ich bin jedes Mal, wenn ich etwas von Marina Lewycka lese, wieder irritiert. In der Aufmachung und dem Klappentext klingen die Bücher immer so frisch, fröhlich und nach viel Witz.. Aber das sind sie nun einmal so gar nicht. Lewycka ist eine brillante Beobachterin der Gegenwart, die hinter ihrer vordergründigen Fabulierlust ein Händchen dafür hat, Charaktere zu schaffen, die verschiedene Ebenen besitzen und deren Hintergrundgeschichte Erklärung liefert für ihre Handlungen innerhalb der Story. Und vor allem sind ihre Bücher voller Sozialkritik, ganz ohne Romantik und Nettigkeit - man muss nur schaffen, nicht nur den "simplen" Stil der Darstellung zu lesen, sondern sich Gedanken darüber machen.
"Caravan" ist eine Darstellung des Schicksals der sonst so anonym bleibenden Saisonarbeitskräfte. Ob es sich um Spargelstecher, Erdbeerpflücker oder Schlachthausmitarbeiter handelt. Und dabei werden keineswegs nette Bilder gezeichnet - die Szenen im Schlachthaus und der Hühnerfarm werden so stark geschildert, dass ich grade nicht mehr wirklich das Bedürfnis auf Fleisch verspüre (und das, wo wir sowieso schon nur vom Biobauern holen)! Auch das Schicksal der beiden Asiatinnen, so wenig darüber auch geschrieben wird, steht eindeutig vor den Augen - wie solle s auch anders kommen?
Nichtsdestotrotz werden die Figuren nicht nur dem Elend ausgesetzt, sie haben durch ihr Festhalten an Träumen und ihre Geschichte, so unwahrscheinlich sie auch sein mag, das Zeug dazu, sich mit ihnen sofort zu identifizieren. Jede Figur erzählt einen Abschnitt in einer ihr eigenen Sprache und einem ihr eigenen Stil, das fand ich beim Lesen zunächst verwirrend, dann aber auch sehr faszinierend. Die Seiten fliegen nur so vorbei beim Lesen, man will einfach wissen, was passiert. Also eine klare Empfehlung :-)
Donnerstag, 21. Mai 2015
[Buchgedanken] Max Bentow - Der Federmann
Nils Trojan ist Kriminalkommissar in Berlin und hat ein gewaltiges Berlin: seit einem Einsatz leidet er unter Panikattacken. Das darf nicht an seine Kollegen dringen, deshalb hat er privat eine Psychotherapie begonnen bei Jana Michels, in die er sich prompt verknallt hat. Doch seine zarten annäherungsversuche werden unterbrochen, als er an einen tatort gerufen wird. Dort leigt die bestialisch verstümmelte Leiche eine jungen blonden Frau, auf ihrem Körper ein toter Vogel. Und es wird nicht das letzte Mal sein, dass der Mörder zuschlägt ...
Hui, da hat sich ja was in meinem Regal versteckt. Ich hatte "Der Federmann" vor einiger Zeit als Mängelexemplar gekauft, weil ich den zweiten Teil gelesen und ganz gut gefunden hatte. Dann aber habe ich ihn immer wieder weggeschoben, irgendwie hatte ich keine Lust auf deutschen Thriller. Während meiner abendlichen Hometrainer-Sitzungen habe ich jetzt aber genügend Zeit für "leichte" Lektüre, und genau das ist "Der Federmann" - ein spannendes, unterhaltendes Buch, bei dessen Morden man das Gruseln lernt, bei dessen Täterermittlung man überrascht wird (allerdings, ganz ehrlich, der Täter wird schon sehr aus dem Hut gezaubert), und bei dem eine durchaus gelungene Figurenriege aufgefahren wird. Allen voran die Szene, bei denen man aus der Perspektive des Mörders den Lebenslltag der Opfer kennenlernt, die Szenen waren durch die Beobachterrolle sehr gruselig und detailliert.
Diese Figuren bleiben für meinen Geschmack allerdings ein wenig sehr schwammig, ich finde nicht wirklich Zugang zu ihnen. Und genau deshalb plätschrte das Buch dann auch gegen Ende an mir vorbei und ich stand plötzlich da und fragte mich, wie es zu diesem Showdown kommen konnte. Trojan wirkte auf mich irgendwann dann doch sehr impulsgesteuert und auf der Suche nach dem "Heureka"-Moment, während Jana Michels schon sehr verklärt und blass bleibt. Dennoch war das Buch für mich gute Lektüre, halt nicht die optimale wahsninnige Empfehlung, aber wer Unterhaltung und ein wenig merh Blut sucht, ist heir gut beraten. :-)
Hui, da hat sich ja was in meinem Regal versteckt. Ich hatte "Der Federmann" vor einiger Zeit als Mängelexemplar gekauft, weil ich den zweiten Teil gelesen und ganz gut gefunden hatte. Dann aber habe ich ihn immer wieder weggeschoben, irgendwie hatte ich keine Lust auf deutschen Thriller. Während meiner abendlichen Hometrainer-Sitzungen habe ich jetzt aber genügend Zeit für "leichte" Lektüre, und genau das ist "Der Federmann" - ein spannendes, unterhaltendes Buch, bei dessen Morden man das Gruseln lernt, bei dessen Täterermittlung man überrascht wird (allerdings, ganz ehrlich, der Täter wird schon sehr aus dem Hut gezaubert), und bei dem eine durchaus gelungene Figurenriege aufgefahren wird. Allen voran die Szene, bei denen man aus der Perspektive des Mörders den Lebenslltag der Opfer kennenlernt, die Szenen waren durch die Beobachterrolle sehr gruselig und detailliert.
Diese Figuren bleiben für meinen Geschmack allerdings ein wenig sehr schwammig, ich finde nicht wirklich Zugang zu ihnen. Und genau deshalb plätschrte das Buch dann auch gegen Ende an mir vorbei und ich stand plötzlich da und fragte mich, wie es zu diesem Showdown kommen konnte. Trojan wirkte auf mich irgendwann dann doch sehr impulsgesteuert und auf der Suche nach dem "Heureka"-Moment, während Jana Michels schon sehr verklärt und blass bleibt. Dennoch war das Buch für mich gute Lektüre, halt nicht die optimale wahsninnige Empfehlung, aber wer Unterhaltung und ein wenig merh Blut sucht, ist heir gut beraten. :-)
Samstag, 16. Mai 2015
[Buchgedanken] Sebastian Fitzek - Passagier 23
Vor fünf Jahren brach die Welt des verdeckten Ermittlers Michael von einem auf den anderen Tag zusammen, als seine Frau Nadja und der gemeinsame Sohn Timmy ein Kreuzfahrtschiff betraten und es nie wieder verließen. Selbstmord, so lautete das Ermittlungsergebnis, und seitdem versucht Michael, seinen Schmerz mit möglichst gefährlichen Einsätzen zu kompensieren. Doch dann erhält er einen Anruf einer selbsternannten Thrillerautorin, die ihn zu sich auf ein Kreuzfahrtschiff bittet. Dort nämlich sind vor zwei Monaten Naomi und ihre Tochter Anouk spurlos verschwunden und werden als Selbstmord behandelt - doch jetzt ist Anouk mit einem Mal wieder aufgetaucht. Michael beginnt, zu ermitteln und stößt schon bald auf Vertuschungen und Geheimisse, die sich ein Gast auf Kreuzfahrt nie hätte ausmalen können ...
Knapp 400 Seiten in einem Tag zu vernichten, schaffe ich bei Sebastian Fitzek spielend. Seine Bücher sind, so irritierend übertrieben die Plots auch scheinen mögen, wahnsinnig flutschig und lesen sich ein einem Zug. Er versteht es, Spannung nicht nur zu erzeugen, sondern auch durchzuhalten und mit Hilfe von Plot-Twists immer wieder neue Überraschungen einzubauen. So endet auch dieses Buch ganz anders als anfänglich zu vermuten war, und ich hatte nicht nur einmal den Gedanken "Was zum Teufel ... ???" beim Lesen. Das Buch ist irrsinnig rasant, leicht zu lesen und unterhält blendend durch diese Mischung. Für mich tatsächlich der beste Fitzek, den ich bisher in den Händen hatte.
Anders, als etliche seiner anderen Bücher, hat mich dieses Buch auch gefesselt, weil Fitzek hier ein Szenario entwickelt, das - so unrealistisch es auch zu sein scheint - eine gewisse Glaubwürdigkeit besitzt. Die Überlegungen zu Selbstmördern auf Kreuzfahrten sind sehr nachvollziehbar und seine Inspirationen haben hier nicht einfach nur skurrile, sondern erschreckend nachvollziehbare Blüten getroffen. Die Frage, "Was wäre, wenn ..." hat hier wirklich einen Thriller entstehen lassen, den ich nur weiterempfehlen kann :-)
Knapp 400 Seiten in einem Tag zu vernichten, schaffe ich bei Sebastian Fitzek spielend. Seine Bücher sind, so irritierend übertrieben die Plots auch scheinen mögen, wahnsinnig flutschig und lesen sich ein einem Zug. Er versteht es, Spannung nicht nur zu erzeugen, sondern auch durchzuhalten und mit Hilfe von Plot-Twists immer wieder neue Überraschungen einzubauen. So endet auch dieses Buch ganz anders als anfänglich zu vermuten war, und ich hatte nicht nur einmal den Gedanken "Was zum Teufel ... ???" beim Lesen. Das Buch ist irrsinnig rasant, leicht zu lesen und unterhält blendend durch diese Mischung. Für mich tatsächlich der beste Fitzek, den ich bisher in den Händen hatte.
Anders, als etliche seiner anderen Bücher, hat mich dieses Buch auch gefesselt, weil Fitzek hier ein Szenario entwickelt, das - so unrealistisch es auch zu sein scheint - eine gewisse Glaubwürdigkeit besitzt. Die Überlegungen zu Selbstmördern auf Kreuzfahrten sind sehr nachvollziehbar und seine Inspirationen haben hier nicht einfach nur skurrile, sondern erschreckend nachvollziehbare Blüten getroffen. Die Frage, "Was wäre, wenn ..." hat hier wirklich einen Thriller entstehen lassen, den ich nur weiterempfehlen kann :-)
Donnerstag, 14. Mai 2015
[Buchgedanken] Götz Aly - Die Belasteten. 'Euthanasie' 1939 - 1945
Im August 1939 wird per geheimer Reichssache in einer Zusammenarbeit von Innenministerium und Ärtztekammern eine Dienststelle geschaffen, die ihren Sitz in der Tiergartenstraße 4 hat. Die als "T4" bezeichnete Aktion hat das Ziel, von den Nationalsozialisten als "lebensunwert" empfundenes Leben zu beenden, wie es beschönigend heißt. Im Klartext bedeutet das, Menschen streng utilitaristisch nach ihrer Nutzbarkeit zu betrachten und Behinderte und Kranke zu ermorden. Dabei wird der Begriff "krank" relativ weit gefasst, denn im Laufe der Zeit fallen darunter nicht nur psychisch Behinderte, sondern auch Demente, Abhängige, Kriegstraumatisierte oder schlicht Obdachlose, die sonst vom Staat versorgt werden müssten ...
Götz Aly legt mit diesem Buch eine sehr vollständige Recherchearbeit vor, die insgesamt fast 30 Jahre in Anspruch genommen hat. Er nennt, im Gegensatz zu sehr vielen bisherigen Arbeiten, die Namen der Opfer vollständig (soweit das möglich ist) und geht nicht nur auf die politischen Hintergründe ein, sondern stellt auch die Frage, weshalb - im Gegensatz zur Ermordung von Juden, Sinti und Roma - die Euthanasie im Dritten Reich bis heute kaum hinterfragt wird.
Was mich an dem Buch wahnsinnig gefesselt hat, war die Tatsache, dass Aly ein komplett anderes Licht auf diese Mordwelle wirft, indem er einfach quellenkritisch arbeitet. Die Euthanasie war keineswegs eine rein nationalsozialistische Erfindung, der Gedanke der "Erbgesundheit" durch Sterilisierung kranker Personen einerseits und z.B. gezielte Abtreibungen möglicherweise kranker Kinder andererseits wurde bereits in den Zwanziger Jahren in medizinischen Kreisen als moderner Ansatz diskutiert. Besonders überrascht hat mich die Tatsache, dass sehr viele der später dann mittelbar an T4 beteiligten Ärzte als sehr reformatorische und moderne Vertreter ihres Berufsstandes bekannt waren und z.B. innerhalb der Psychatrie Veränderungen vornahmen, die man bis dato nicht für möglich gehalten hatte. Dabei galt jedoch die Euthanasie als praktikabler letzter Ausweg für jene Patienten, die nicht behandelbar waren und wurde auch genau so in der Fachliteratur behandelt.
Noch interessanter finde ich Alys Überlegungen zur Rolle der Familien. Tatsächlich finden sich in den Quellen erschreckend viele Hinweise darauf, dass die Euthanasie nicht etwa nur ein von oben verordnetes Mittel war, gegen das man sich nicht wehren konnte. Vielmehr war, zumindest in den ersten Jahren bis ca. 1942, die Euthanasie ein stillschweigendes Angebot, das nur dann durchgeführt wurde, wenn die Familien dagegen nicht Einwand erhoben. Dies konnte zum Beispiel durch ein Verlegungsgesuch geschehen oder durch ein simples Verneinen der Frage, ob zur Behandlung auch eine risikoreiche, nahezu hundert Prozent tödliche Maßnahme gehören sollte. Die Tatsache, dass Euthanasie zwar nicht direkt offen ausgesprochen, als Mittel im Behandlungskatalog aber durchaus bekannt war, macht es vermutlich für die betroffenen Familien so schwer, sich damit auseinanderzusetzen. Denn in den meisten Fällen waren die Ermordeten Menschen, die entweder keine Angehörigen hatten oder deren Angehörige sich nach deren Einweisung in eine Pflegeanstalt nicht mehr um sie kümmerten. Die Ermordung behinderter oder ausgegrenzter Menschen betrifft nicht nur "die anderen", sondern, so Alys Berechnung, jeder vierte Deutsche hat in der Verwandtschaft einen solchen Fall - über den aber in vielen Fällen nie gesprochen wurde. Die Bestandsaufnahme, die der Autor hier im Buch durchführt, führt zu sehr unbequemen Fragen - eine starke Leistung des Buches.
Götz Aly legt mit diesem Buch eine sehr vollständige Recherchearbeit vor, die insgesamt fast 30 Jahre in Anspruch genommen hat. Er nennt, im Gegensatz zu sehr vielen bisherigen Arbeiten, die Namen der Opfer vollständig (soweit das möglich ist) und geht nicht nur auf die politischen Hintergründe ein, sondern stellt auch die Frage, weshalb - im Gegensatz zur Ermordung von Juden, Sinti und Roma - die Euthanasie im Dritten Reich bis heute kaum hinterfragt wird.
Was mich an dem Buch wahnsinnig gefesselt hat, war die Tatsache, dass Aly ein komplett anderes Licht auf diese Mordwelle wirft, indem er einfach quellenkritisch arbeitet. Die Euthanasie war keineswegs eine rein nationalsozialistische Erfindung, der Gedanke der "Erbgesundheit" durch Sterilisierung kranker Personen einerseits und z.B. gezielte Abtreibungen möglicherweise kranker Kinder andererseits wurde bereits in den Zwanziger Jahren in medizinischen Kreisen als moderner Ansatz diskutiert. Besonders überrascht hat mich die Tatsache, dass sehr viele der später dann mittelbar an T4 beteiligten Ärzte als sehr reformatorische und moderne Vertreter ihres Berufsstandes bekannt waren und z.B. innerhalb der Psychatrie Veränderungen vornahmen, die man bis dato nicht für möglich gehalten hatte. Dabei galt jedoch die Euthanasie als praktikabler letzter Ausweg für jene Patienten, die nicht behandelbar waren und wurde auch genau so in der Fachliteratur behandelt.
Noch interessanter finde ich Alys Überlegungen zur Rolle der Familien. Tatsächlich finden sich in den Quellen erschreckend viele Hinweise darauf, dass die Euthanasie nicht etwa nur ein von oben verordnetes Mittel war, gegen das man sich nicht wehren konnte. Vielmehr war, zumindest in den ersten Jahren bis ca. 1942, die Euthanasie ein stillschweigendes Angebot, das nur dann durchgeführt wurde, wenn die Familien dagegen nicht Einwand erhoben. Dies konnte zum Beispiel durch ein Verlegungsgesuch geschehen oder durch ein simples Verneinen der Frage, ob zur Behandlung auch eine risikoreiche, nahezu hundert Prozent tödliche Maßnahme gehören sollte. Die Tatsache, dass Euthanasie zwar nicht direkt offen ausgesprochen, als Mittel im Behandlungskatalog aber durchaus bekannt war, macht es vermutlich für die betroffenen Familien so schwer, sich damit auseinanderzusetzen. Denn in den meisten Fällen waren die Ermordeten Menschen, die entweder keine Angehörigen hatten oder deren Angehörige sich nach deren Einweisung in eine Pflegeanstalt nicht mehr um sie kümmerten. Die Ermordung behinderter oder ausgegrenzter Menschen betrifft nicht nur "die anderen", sondern, so Alys Berechnung, jeder vierte Deutsche hat in der Verwandtschaft einen solchen Fall - über den aber in vielen Fällen nie gesprochen wurde. Die Bestandsaufnahme, die der Autor hier im Buch durchführt, führt zu sehr unbequemen Fragen - eine starke Leistung des Buches.
Montag, 11. Mai 2015
[Buchgedanken] Harper Lee - Wer die Nachtigall stört ...
Die achtjährige Jean Louise Finch, Scout genannt, wächst mit ihrem Bruder Jem im Alabama der Dreißiger auf. Ihr verwitweter Vater Atticus, Anwalt und Angehöriger einer alteingesessenen Südstaatenfamilie, versucht, den beiden Kindern Gerechtigkeitssinn und Unvoreingenommenheit mit auf den Weg zu geben. Doch das kleine Städtchen Maycombe ist nicht unbedingt dafür geeignet, Vorurteile abzubauen. Das wird vor allem klar, als Atticus die Pflichtverteidigung für einen Schwarzen übernimmt, der beschuldigt wird, ein weißes Mädchen vergewaltigt zu haben ...
Ich hatte schon seit ein paar Wochen das Bedürfnis, mal wieder "Wer die Nachtigall stört ..." zu lesen, es aber immer zur Seite geschoben. Als dann aber letzte Woche mein bester Freund in einer Email davon sprach (manchmal haben wir so Fälle von literarischer Gedankenübertragung), bin ich zum Regal geeilt und habe das Buch direkt auf meinen Nachttisch gepackt. Und so hat es nur drei Tage gedauert, bis ich die vierhundert Seiten gepackt hatte. Besagter Freund ist Lehrer an einer High School in den USA und eine seiner Klassen liest es grade im Unterricht - perfekte Gelegenheit also, mich wieder mit dem Buch zu beschäftigen und den ein oder anderen Denkanstoß zu kriegen.
"Wer die Nachtigall stört" ist nicht zuletzt deshalb ein Klassiker geworden, weil die Geschichte in sehr simplen Worten erzählt wird. Ganz konsequent wird die Sichtweise einer Achtjährigen nicht durchgehalten, mitunter wirkt Scout schon sehr altklug. Andererseits hilft das dem Leser auch, bei der Stange zu bleiben und es nicht als eine Kindergeschichte abzutun. Das allmähliche Erwachsenwerden von Jem, das wir durch den Roman begleiten, und die Entfremdung der beiden Geschwister voneinander, sind die tragenden Elemente, die mir beim ersten Lesen noch gar nicht so sehr aufgefallen waren. Letztlich ist das Bcuh ein allmähliches Aufwachen aus einer serh behüteten Kindheit, in die immer wieder - auch schon vor dem Prozess, der eigentlich erst nach etwa hundert Seiten erstmals thematisiert wird - Alltagsrassismus einbricht. Nicht nur einbric ht,e s ist immer wieder auch faszinierend für mich, wie geprägt letztlich Scout und Jem ebenfalls sind, wie viele Vorurteile die beiden doch mit sich tragen und kaum hinterfragen. Bei Jem setzt dieses Denken dann ein, bei Scout noch nicht - das macht die Figuren sehr faszinierend.
Woran ih mich beim Buch noch weniger erinnert habe, war die Tatsache, dass es eigentlich eher eine sammlung von Kurzepisoden ist, die nur lose verbunden sind. Der Prozess spielt eine untergeordnete Rolle, es ist eher eine Lose-Blatt-Sammlung von Erinnerungen an eine Kindheit im Süden. Wenn man den ROman unter diesem Aspekt liest statt unter dem des Anti-Rassismus-Klassikers, finden hier völlig neue Ideen statt. Immer wieder werden hier Nachtigallen gestört, werden also zarte Ideen niedergeknüppelt oder Dinge einem Ziel geopfert, dessen Endergebnis man nicth absehen kann oder man höher einschätzt. Immer wieder werden Leute desillusioniert. Sei es Scouts Lehrerin in der ersten Klasse, die erkennen muss, dass nicht jedem Kind geholfen werden kann, sei es Scouts und Jems Freund Dill, dessen traum von einer idyllischen Familienwelt druch zwei Eltern gestört wird, die ds Kind aus ihrer Beziehung heraushalten. Sei es auch Atticus, der erkennen muss, dass der Rechtsstat Grenzen hat, die kein noch so guter Anwalt niederreißen kann. Die Geschichte ist eine Desllusionierung und weniger ein Glaube an das Gute im Menschen, da kann nicht einmal Boo Radley, der geheimbisvolle Nachbar, helfen, von dem man das Schlimmste annimmt, dann aber das Beste erhält.
Ich bin froh, die Chance wieder mal bekommen zu haben, das Buch zu lesen - es ist rührend, faszinierend, erschreckend und so viel mehr. Und wer es noch nicht glesen hat, sollte das spätestens jetzt mal nachholen :-)
Ich hatte schon seit ein paar Wochen das Bedürfnis, mal wieder "Wer die Nachtigall stört ..." zu lesen, es aber immer zur Seite geschoben. Als dann aber letzte Woche mein bester Freund in einer Email davon sprach (manchmal haben wir so Fälle von literarischer Gedankenübertragung), bin ich zum Regal geeilt und habe das Buch direkt auf meinen Nachttisch gepackt. Und so hat es nur drei Tage gedauert, bis ich die vierhundert Seiten gepackt hatte. Besagter Freund ist Lehrer an einer High School in den USA und eine seiner Klassen liest es grade im Unterricht - perfekte Gelegenheit also, mich wieder mit dem Buch zu beschäftigen und den ein oder anderen Denkanstoß zu kriegen.
"Wer die Nachtigall stört" ist nicht zuletzt deshalb ein Klassiker geworden, weil die Geschichte in sehr simplen Worten erzählt wird. Ganz konsequent wird die Sichtweise einer Achtjährigen nicht durchgehalten, mitunter wirkt Scout schon sehr altklug. Andererseits hilft das dem Leser auch, bei der Stange zu bleiben und es nicht als eine Kindergeschichte abzutun. Das allmähliche Erwachsenwerden von Jem, das wir durch den Roman begleiten, und die Entfremdung der beiden Geschwister voneinander, sind die tragenden Elemente, die mir beim ersten Lesen noch gar nicht so sehr aufgefallen waren. Letztlich ist das Bcuh ein allmähliches Aufwachen aus einer serh behüteten Kindheit, in die immer wieder - auch schon vor dem Prozess, der eigentlich erst nach etwa hundert Seiten erstmals thematisiert wird - Alltagsrassismus einbricht. Nicht nur einbric ht,e s ist immer wieder auch faszinierend für mich, wie geprägt letztlich Scout und Jem ebenfalls sind, wie viele Vorurteile die beiden doch mit sich tragen und kaum hinterfragen. Bei Jem setzt dieses Denken dann ein, bei Scout noch nicht - das macht die Figuren sehr faszinierend.
Woran ih mich beim Buch noch weniger erinnert habe, war die Tatsache, dass es eigentlich eher eine sammlung von Kurzepisoden ist, die nur lose verbunden sind. Der Prozess spielt eine untergeordnete Rolle, es ist eher eine Lose-Blatt-Sammlung von Erinnerungen an eine Kindheit im Süden. Wenn man den ROman unter diesem Aspekt liest statt unter dem des Anti-Rassismus-Klassikers, finden hier völlig neue Ideen statt. Immer wieder werden hier Nachtigallen gestört, werden also zarte Ideen niedergeknüppelt oder Dinge einem Ziel geopfert, dessen Endergebnis man nicth absehen kann oder man höher einschätzt. Immer wieder werden Leute desillusioniert. Sei es Scouts Lehrerin in der ersten Klasse, die erkennen muss, dass nicht jedem Kind geholfen werden kann, sei es Scouts und Jems Freund Dill, dessen traum von einer idyllischen Familienwelt druch zwei Eltern gestört wird, die ds Kind aus ihrer Beziehung heraushalten. Sei es auch Atticus, der erkennen muss, dass der Rechtsstat Grenzen hat, die kein noch so guter Anwalt niederreißen kann. Die Geschichte ist eine Desllusionierung und weniger ein Glaube an das Gute im Menschen, da kann nicht einmal Boo Radley, der geheimbisvolle Nachbar, helfen, von dem man das Schlimmste annimmt, dann aber das Beste erhält.
Ich bin froh, die Chance wieder mal bekommen zu haben, das Buch zu lesen - es ist rührend, faszinierend, erschreckend und so viel mehr. Und wer es noch nicht glesen hat, sollte das spätestens jetzt mal nachholen :-)
Dienstag, 5. Mai 2015
[Buchgedanken] Terry Pratchett - Maurice, der Kater
Katzen sind cleverer als man für gewöhnlich annimmt. Besonders clevers ind sie allerdings dann, wenn sie ausgerechnet hinter der unsichtbaren Universität aufwachsen und sich von den ratten ernähren, die den dortigen Abfallhaufen nach Fressbarem durchstöbern. Denn dann entwickeln sie ein Bewusstsein. So erging es Maurice, dem Straßenkater. Und weil er ein cleverer Kater ist, hat er auch gleich noch Geschäftssinn entwickelt. Denn eins ist klar - die Welt wird von Geld regiert. Also hat sich Maurice mit seinen Erzfeinden verbündet, den Ratten. Die putzigen kleinen Nagetiere sind ebenso wie er inzwischen in der Lage, zu denken, zu sprechen, zu lesen und sich sehr menschlich zu verhalten. Der Plan ist einfach. Die Ratten fallen in einer kleinen Stadt ein und veranstalten eine hübsche Rattenpage (nichts Großartiges, das Übliche auf-den-Käse-Pinkeln, Stepptanzen vor arglosen Hausfrauen und bloß nicht in die Falle gehen) und dann treten Maurice und der Flötenspieler auf, die die Ratten aus der Stadt jagen. Dumm nur, dass die kleinen Fellknäuel inzwischen nicht nur Lesen gelernt haben, sondern dank des Kinderbuchs "Herrn Schlappohrs Abenteuer" von der friedlichen Utopie eines eigenen Rattenstaates träumen, in dem Tier und Mensch friedlich gemeinsam existieren. Und dann geht bei dem letzten großen Auftrag alles schief, was nur schiefgehen kann ...
Wer hier schon länger mitliest, der weiß, dass ich Pratchett liebe. "Maurice, der Kater" ist aber mein persönliches Highlight. Es ist ein bezauberndes, pastelliges Buch, das man am liebsten mit Illustrationen im Stil einer Beatrix Potter versehen möchte, das gleichzeitig aber über sehr viel mehr anarchisch-typischen Pratchett-Humor verfügt, dass man sich totlachen könnte. Die Figuren sind einfach nur großartig. Sei es Maurice, der sein Bewusstsein ausgerechnet der Tatsache verdankt, dass er die einzige stotternde Ratte der Gruppe vernichtet hat; sei es der alte Rattenchef Gekochter Schinken, dem diese ganze neumodische Kram spanisch vorkommt; oder sei es eine Mafilda Grimm, deren Großtanten nicht nur bezaubernd blutrüstigen Geschichten der Geschwister Grimm zu verantworten haben, sondern die selbst nur in Geschichten zu leben scheint. All das gespickt mit einem hauch Mystery und viel, viel Fabulierlust (die Suche nach der bestimmt vorhandenen Geheimtür in einem Geräteschuppen ist Gold wert!) machen das Buch unglaublich komisch.
Ein Märchen von der Scheibenwelt, so bezeichnet Pratchett selbst das Buch. Es ist das, was ein Märchen ausmacht: sprechende Tiere, geheimnisvolle Aufträge, fiese Gegner und der Glaube, dass das Gute am Ende einfach siegen muss - diese Zutaten atmet das Buch. Eine Geschichte aber eben nicht nur für Kinder, denn die verstehen die Seitenhiebe Pratchetts vermutlich gar nicht alle - werden aber extrem viel Spaß haben mit dem stiefellosen Kater und seiner doch recht katzischen Arroganz Mensch und Tier gegenüber. Und wie so oft im Märchen muss sich dieser Held irgendwann der größten Herausforderung stellen, die er sich vorstellen kann - wenn das nicht packt, dann gar nichts.
Das Buch ist zum Schmunnzeln, zum Schnell-Weglesen - und vor allem zum immer wieder wiederholen. Ideale Nahrung für einen grippekranken Bücherwurm (that's me, hello :-) )
Wer hier schon länger mitliest, der weiß, dass ich Pratchett liebe. "Maurice, der Kater" ist aber mein persönliches Highlight. Es ist ein bezauberndes, pastelliges Buch, das man am liebsten mit Illustrationen im Stil einer Beatrix Potter versehen möchte, das gleichzeitig aber über sehr viel mehr anarchisch-typischen Pratchett-Humor verfügt, dass man sich totlachen könnte. Die Figuren sind einfach nur großartig. Sei es Maurice, der sein Bewusstsein ausgerechnet der Tatsache verdankt, dass er die einzige stotternde Ratte der Gruppe vernichtet hat; sei es der alte Rattenchef Gekochter Schinken, dem diese ganze neumodische Kram spanisch vorkommt; oder sei es eine Mafilda Grimm, deren Großtanten nicht nur bezaubernd blutrüstigen Geschichten der Geschwister Grimm zu verantworten haben, sondern die selbst nur in Geschichten zu leben scheint. All das gespickt mit einem hauch Mystery und viel, viel Fabulierlust (die Suche nach der bestimmt vorhandenen Geheimtür in einem Geräteschuppen ist Gold wert!) machen das Buch unglaublich komisch.
Ein Märchen von der Scheibenwelt, so bezeichnet Pratchett selbst das Buch. Es ist das, was ein Märchen ausmacht: sprechende Tiere, geheimnisvolle Aufträge, fiese Gegner und der Glaube, dass das Gute am Ende einfach siegen muss - diese Zutaten atmet das Buch. Eine Geschichte aber eben nicht nur für Kinder, denn die verstehen die Seitenhiebe Pratchetts vermutlich gar nicht alle - werden aber extrem viel Spaß haben mit dem stiefellosen Kater und seiner doch recht katzischen Arroganz Mensch und Tier gegenüber. Und wie so oft im Märchen muss sich dieser Held irgendwann der größten Herausforderung stellen, die er sich vorstellen kann - wenn das nicht packt, dann gar nichts.
Das Buch ist zum Schmunnzeln, zum Schnell-Weglesen - und vor allem zum immer wieder wiederholen. Ideale Nahrung für einen grippekranken Bücherwurm (that's me, hello :-) )
Sonntag, 3. Mai 2015
[Buchgedanken] Markus Heitz - Drachenkaiser
Zwei Jahre sind vergangen seit dem Kampf, bei dem sich Gargoyles, die Altvorderen Drachenherrscher und Teile des Officium Draconis gemeinsam einem Feind stellten. Seitdem hat sich viel getan. Silena, die Drachentöterin, hat sich aus dem Officium zurückgezogen und befehligt nun gemeinsam mit ihrem Mann Gregorij eine eigene Einheit von Drachenjägern, die mit technischen Neuerungen auf die Jagd gehen. Doch nun zieht eine neue Gefahr auf - die asiatischen Drachen streben danach, ihren Machtbereich auszubreiten und könnten den Altvorderen gefährlich werden, die erneut ihre eigenen Süppchen köcheln wollen. Silena und Gregorij geraten mitten hinein in einen Machtkampf, in dem die beteiligten Parteien alles daran setzen, ihre Spuren zu verwischen ...
Ich mag Markus Heitz ja. Fantasy mit viel Action und einer Portion Witz. Und bereits an "Die Mächte des Feuers" hat mir die Idee dieser Parallelwelt gefallen, in der Drachen eben einfach existieren. Dementsprechend gespannt war ich auf den Nachfolger und ein Wiedersehen mit den Figuren. Aber ach ... anders kann ich meine Eindrücke nicht zusammenfassen.
An "Drachenkaiser" wirkt irgendwie alles wild zusammengestöpselt und so viele verschiedene Ideen werden da in einen Topf geworfen, dass nur eine ungesunde Mischung herauskommen kann. Dieses Buch macht Bauchgrimmen. Sei es durch die relativ unnötige - und in einem eigenen Roman sicher verdammt cool wirkende - Storyline um Lady Sickleway und ihre Geister. Oder durch die permanenten Schwangerschaftssymptome von Silena (also, eigentlich ist es zunächst mal positiv, dass eine schwangere Figur dann auch mal Schwangerschaftsgelüste hat oder sich unpassend übergibt, aber hier mutiert es zu einem nervigen Running Gag).
Zu wenig dagegen gibt es im Bereich Figurenzeichnung und Charakterentwicklung. Ehrlich, da werden Haken geschlagen und Figuren per Holzhammer in andere Gefühlsebenen gehauen, dass sich mir die Fußnägel hochrollen. Gregorijs Handlungen am Schluss habe ich einfach nicht kapiert - ist mir da im Wick Day Med Rausch etwas entgangen?
Und da sind wir auch schon beim letzten und für mich schlimmsten Kritikpunkt: in diesem Buch wird so viel behandelt und dass dann so schnell durchgehechelt, dass ich total den Anschluss verloren habe. Das liegt auch daran, dass zum Teil verschiedene Zeitebene (meist nur ein oder zwei Tage) nacheinander erzählt werden, also erst Person A an Tag X-Z und daraufhin erneut dieselbe Tage bei Person B. Das hat mich mehrfach richtig rausgeschmissen, ich wusste gar nicht mehr, wo ich jetzt bin (oder vielmehr, wann ich bin) und da halfen auch die kurzen Zeitangaben über den Kapiteln nicht viel weiter.
Das Buch hätte tolle Ideen und mit zweihundert Seiten mehr und etwas mehr Ruhe wäre es super. Aber so - mittelmäßig und kein würdiger Nachfolger.
Ich mag Markus Heitz ja. Fantasy mit viel Action und einer Portion Witz. Und bereits an "Die Mächte des Feuers" hat mir die Idee dieser Parallelwelt gefallen, in der Drachen eben einfach existieren. Dementsprechend gespannt war ich auf den Nachfolger und ein Wiedersehen mit den Figuren. Aber ach ... anders kann ich meine Eindrücke nicht zusammenfassen.
An "Drachenkaiser" wirkt irgendwie alles wild zusammengestöpselt und so viele verschiedene Ideen werden da in einen Topf geworfen, dass nur eine ungesunde Mischung herauskommen kann. Dieses Buch macht Bauchgrimmen. Sei es durch die relativ unnötige - und in einem eigenen Roman sicher verdammt cool wirkende - Storyline um Lady Sickleway und ihre Geister. Oder durch die permanenten Schwangerschaftssymptome von Silena (also, eigentlich ist es zunächst mal positiv, dass eine schwangere Figur dann auch mal Schwangerschaftsgelüste hat oder sich unpassend übergibt, aber hier mutiert es zu einem nervigen Running Gag).
Zu wenig dagegen gibt es im Bereich Figurenzeichnung und Charakterentwicklung. Ehrlich, da werden Haken geschlagen und Figuren per Holzhammer in andere Gefühlsebenen gehauen, dass sich mir die Fußnägel hochrollen. Gregorijs Handlungen am Schluss habe ich einfach nicht kapiert - ist mir da im Wick Day Med Rausch etwas entgangen?
Und da sind wir auch schon beim letzten und für mich schlimmsten Kritikpunkt: in diesem Buch wird so viel behandelt und dass dann so schnell durchgehechelt, dass ich total den Anschluss verloren habe. Das liegt auch daran, dass zum Teil verschiedene Zeitebene (meist nur ein oder zwei Tage) nacheinander erzählt werden, also erst Person A an Tag X-Z und daraufhin erneut dieselbe Tage bei Person B. Das hat mich mehrfach richtig rausgeschmissen, ich wusste gar nicht mehr, wo ich jetzt bin (oder vielmehr, wann ich bin) und da halfen auch die kurzen Zeitangaben über den Kapiteln nicht viel weiter.
Das Buch hätte tolle Ideen und mit zweihundert Seiten mehr und etwas mehr Ruhe wäre es super. Aber so - mittelmäßig und kein würdiger Nachfolger.
Samstag, 2. Mai 2015
[Buchgedanken] George R.R.Martin - Ein Lied von Eis und Feuer 10. Ein Tanz mit Drachen
Es geht rund in Westeros und den umliegenden Ländern. Königin Cersei wartet im Gefängnis auf einen möglichen Prozess als Ehebrecherin. Ihr Bruder Tyrion landet gemeinsam mit Jorah Mormont in der Hand von Sklavenhändlern, Quentyn Martell ist immer noch auf Brautschau nach Danerys, die ihrem Versprechen zu einer Eheschließung nachkommen muss, in Winterfell herrschen die Boltons und riskieren eine Belagerung durch König Stannis, und Jon Schnee muss versuchen, die Nachtwache neutral zu halten, obwohl alle versuchen, sie auf ihre Seite zu ziehen ...
Ein Tanz mit Drachen wäre vermutlich einfacher zu bestreiten, als einige der Personen im bislang letzten Band der Serie zu durchschauen. Die Verstrickungen in das Spiel um den Eisernen Thron beinhalten inzwischen so viele Beteiligte, dass ich den Anhang doch ein paarmal zur Hilfe nehmen musste, um mir klar zu werden, wer da jetzt grade mit wem wie alliiert ist.
Besonders schön war, dass natürlich die Figuren weiter entwickelt werden, den ein oder anderen neuen Aspekt hinzugewinnen. Tyrion beweist wieder einmal, dass es ihm letztlich gelingt, immer auf die Füße zu fallen - oder vielleicht doch nicht? Barristan Selmy muss sich die Frage stellen, was mehr zählt, das Richtige zu tun oder das Ehrenhafte. Und Danerys wachsen ihre Kinder nicht nur über den Kopf, sondern entpuppen sich als unhaltbare Bestien. Vor allem aber wird auch sie langsam erwachsen und beginnt, ihre persönlichen Empfindungen dem Thron unterzuordnen. Sehr stark finde ich die Entwicklung von Arya, die immer mehr angedeutet wird, diese gesichtslosen Männer werden noch zu einem interessanten Aspekt - vermutlich sind sie schon längst unter den Figuren, ohne dass man sie bisher erkannt hat.
Wenn Martin nicht schneller schreibt, wäre das hier vielleicht der Abschluss der Bücher fürs Erste - das wäre gemein. Denn es werden einige der Handlungsstränge, die in den vorherigen Büchern angerissen wurden, weitergeführt - und enden in einem solchen verdammten Cliffhanger!!! Ich kann und werde nicht spoilern, ich sage nur: Mr.Martin, sind Sie komplett verrückt geworden?????????????? Das kann er einfach nicht machen, das geht nicht, das darf nicht sein! Sehen Sie zu, dass sie den nächsten Band fertig kriegen und ich bin gespannt, wie Sie aus der Nummer wieder glaubwürdig rauskommen wollen :-)
Ein Tanz mit Drachen wäre vermutlich einfacher zu bestreiten, als einige der Personen im bislang letzten Band der Serie zu durchschauen. Die Verstrickungen in das Spiel um den Eisernen Thron beinhalten inzwischen so viele Beteiligte, dass ich den Anhang doch ein paarmal zur Hilfe nehmen musste, um mir klar zu werden, wer da jetzt grade mit wem wie alliiert ist.
Besonders schön war, dass natürlich die Figuren weiter entwickelt werden, den ein oder anderen neuen Aspekt hinzugewinnen. Tyrion beweist wieder einmal, dass es ihm letztlich gelingt, immer auf die Füße zu fallen - oder vielleicht doch nicht? Barristan Selmy muss sich die Frage stellen, was mehr zählt, das Richtige zu tun oder das Ehrenhafte. Und Danerys wachsen ihre Kinder nicht nur über den Kopf, sondern entpuppen sich als unhaltbare Bestien. Vor allem aber wird auch sie langsam erwachsen und beginnt, ihre persönlichen Empfindungen dem Thron unterzuordnen. Sehr stark finde ich die Entwicklung von Arya, die immer mehr angedeutet wird, diese gesichtslosen Männer werden noch zu einem interessanten Aspekt - vermutlich sind sie schon längst unter den Figuren, ohne dass man sie bisher erkannt hat.
Wenn Martin nicht schneller schreibt, wäre das hier vielleicht der Abschluss der Bücher fürs Erste - das wäre gemein. Denn es werden einige der Handlungsstränge, die in den vorherigen Büchern angerissen wurden, weitergeführt - und enden in einem solchen verdammten Cliffhanger!!! Ich kann und werde nicht spoilern, ich sage nur: Mr.Martin, sind Sie komplett verrückt geworden?????????????? Das kann er einfach nicht machen, das geht nicht, das darf nicht sein! Sehen Sie zu, dass sie den nächsten Band fertig kriegen und ich bin gespannt, wie Sie aus der Nummer wieder glaubwürdig rauskommen wollen :-)
[Welttag des Buches] Uff, endlich ausgelost
Blogger schenken Lesefreude, so heißt die Aktion, bei der ich mitgemacht habe - und Leute, die Beteiligung für meinen Mini-Blog war ja wirklich enorm :-)
Am meisten gefreut hat mich, dass sich für jedes Buch etwa zwanzig Leute mindestens erwärmt haben und ich so wirklich auslosen konnte. Das hat etwas gedauert - die letzten Tage lag ich mt einer fetten Erkältung flach und habe mir nur gewünscht, zu sterben ... Aber jetzt geht es wieder und so nutze ich den heutigen freien tag und verkünde die Gewinner mit einem kräftigen Trommelwirbel.
Als da wären:
"Der Hypnotiseur" von Lars Kepler - Monika G.
"Starbuck. Der Rebell" von Bernhard Cornwell - Kristina H.
"Das Glück der anderen" von Stewart O'Nan - Tintenbloggerin
"Ein allzu braves Mädchen" von Andrea Saweatzki - Lara
"Die verlorenen Spuren" von Kate Morton - Somayyah
"Little Bee" von Chris Cleave - fashion ahaoi
Die Emails mit eurer Gewinnbenachrichtigung gehen grade an euch raus, aber nichtsdestotrotz schon einmal hier: Herzlichen Glückwusnch und viel Spaß beim Lesen. Und für alle anderen: Nächstes Jahr ich auch wieder ein Welttag :-)
Am meisten gefreut hat mich, dass sich für jedes Buch etwa zwanzig Leute mindestens erwärmt haben und ich so wirklich auslosen konnte. Das hat etwas gedauert - die letzten Tage lag ich mt einer fetten Erkältung flach und habe mir nur gewünscht, zu sterben ... Aber jetzt geht es wieder und so nutze ich den heutigen freien tag und verkünde die Gewinner mit einem kräftigen Trommelwirbel.
Als da wären:
"Der Hypnotiseur" von Lars Kepler - Monika G.
"Starbuck. Der Rebell" von Bernhard Cornwell - Kristina H.
"Das Glück der anderen" von Stewart O'Nan - Tintenbloggerin
"Ein allzu braves Mädchen" von Andrea Saweatzki - Lara
"Die verlorenen Spuren" von Kate Morton - Somayyah
"Little Bee" von Chris Cleave - fashion ahaoi
Die Emails mit eurer Gewinnbenachrichtigung gehen grade an euch raus, aber nichtsdestotrotz schon einmal hier: Herzlichen Glückwusnch und viel Spaß beim Lesen. Und für alle anderen: Nächstes Jahr ich auch wieder ein Welttag :-)
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