Samstag, 31. Januar 2015

[Buchgedanken] Stefan Zweig - Sternstunden der Menschheit

Dieses Buch liegt ungelogen seit sechzehn Jahren ungelesen auf meinem SUB und ich hatte jetzt einfach mal Lust drauf. Vielleicht war ich immer von dem ein wenig sehr pathetischen Titel abgeschreckt worden, vielleicht von dem Vorwort, in dem Stefan Zweig so ziemlich alles auffährt an heroischem Vokabular, so dass ich vor lauter Ehrfurcht als Teenager wenig Lust verspürt habe - aber jetzt war es so weit. "Sternstunden der Menschheit" umfasst vierzehn historische Miniaturen, in denen der Autor wichtige Ereignisse der Welt- und Kulturgeschichte darstellt. Das können sowohl Ereignisse sein wie der kalifornische Goldrausch als auch das erste Transatlantikkabel oder die Schlacht von Waterloo, aber auch Dinge wie Händels Komposition des "Messias" oder Goethes "Marienbader Elegien" werden hier vorgestellt.

Der Geschichtslehrer in mir hat sich beim Buch immer wieder aufgebäumt. Wir habe ich im Studium so schön gelernt: Finger weg vom Historizismus, Finger weg von den "Männern, die Geschichte machten", denn Geschichte ist ein Ereignis beeinflusst durch Umstände und nicht durch einen einzelne. Zu Stefan Zweigs Zeiten sah man das noch ein wenig anders. Die Geschichtserzählung war ein Klassiker des Geschichtsunterrichts, der Lehrer der beste Geschichtslehrer, der weltbewegende Ereignisse mit Enthusiasmus erzählen konnte und die Leistungen der bedeutenden Persönlichkeiten würdigte. Nicht immer nahm man dabei die historischen Tatsachen hundertprozentig genau, spitzte stattdessen alles auf dieses eine Ereignis hin zu. Ähnlich verfährt auch Stefan Zweig, wenn er z.B. die Niederlage bei Waterloo einzig dem Fernbleiben der französischen Nachrücktruppe zuschreibt - eine hübsche Erzählung über Pflichterfüllung, die dem Leser da geboten wird, aber als historisches Dokument nicht gerade hilfreich. Das ganze wird in einem so schwelgerischen, so heroischen Tonfall vorgetragen, dass ich bei dem Buch doch relativ oft pausieren musste, obwohl 304 Seiten nicht so wahnsinnig viel sind. Am besten hat mir noch die Episode über Dostojewskijs Begnadigung auf dem Schafott gefallen, die nicht als Novelle, sondern als Ballade erzählt wird. Hier war insgesamt weniger Pathos und mehr tatsächliches Einlassen auf die Erzählung für mich spürbar, was ich bei den anderen Geschichten sehr vermisst habe.

Ich kenne andere Novellen von Stefan Zweig, in denen er mir auch sprachlich viel mehr gefallen hat. Von daher finde ich, dass man dieses Buch jetzt nicht unbedingt um jeden Preis gelesen haben muss, sondern eher zur "Schachnovelle" springen kann.

2 Kommentare:

  1. Dass mit den Büchern, die jahrelang subben, kenne ich nur zu gut. "Der Name der Rose" von Umberto Eco subbt beispielsweise schon fast seit zehn Jahren bei mir.
    Über Stefan Zweig habe ich schon einiges gutes gehört: Er soll ein wahnsinnig guter Erzähler sein. Gelesen habe ich aber noch nichts von ihm. Wenn ich mir deine Rezension durchlese, bekomme ich aber Lust, diesen Zustand zu ändern. Ich bin nämlich sehr interessiert an Geschichte und Persönlichkeiten.

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  2. Hallo,
    du hast einen schönen Blog hier. Ich wünsche dir noch ein schönes Wochenende!
    LG
    Anne

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