Mitja hat schon drei Leben hinter sich. Er will
endlich mal irgendwo ankommen. Doch das ist gar nicht so einfach, wenn
das Scheitern in den Genen liegt: Die Babuschka schaffte es statt nach
St. Petersburg nur bis zu einem Vorort an der Bahnstation »125
Kilometer«. Der Großvater, einst stolzer Seemann, verkauft nach dem
Zerfall der Sowjetunion Pullover von der Motorhaube seines Ladas. Der
Vater, ein bärenstarker Mann, greift nach dem Verlust seines Jobs immer
öfter zur Flasche. Deutschland erscheint für Mitja und seine Mutter wie
das gelobte Land - werden sie dort endlich Wurzeln schlagen können und
ihr Glück finden?
Autobiographische Romane über Russlanddeutsche haben ja seit Wladimir Kaminer eine gewisse Tradition in Deutschland. Und ich gestehe, ich mag Kaminer nicht so wirklich, weshalb ich um dieses Genre immer einen leichten Bogen schlage. Als ich dann aber im bloggerportal dieses Buch entdeckt habe, klang der Klappentext irgendwie interessant, und ich habe es mir spontan bestellt. Und was soll ich sagen - ich habe endlich mal ein wirklich gutes Buch gelesen aus diesem Genre.
Mitja Vachedin lässt den augenzwinkernden Tonfall weg, de ich sonst damit assoziiere. Ja, sien Figuren sind skuril, und viele der Dinge, die ihnen geschehen, klingen erst einmal unglaublich oder zu absurd um wahr zu sein. Aber er konzentriert sich in alledem immer darauf, sein eigenes Gefühl des Zwischenstatus nicht als Basis zu verwenden, sich nicht selbst zur Witzfigur zu stilisieren, sondern tatsächlich diese Gespaltenheit des Daseins vor meine Augen zu führen. Und dadurch wirkt das ganze Buch viel autentischer, hilfloser aber auch bejahender als die vordergründige Witzigkeit eines Kaminer. Ich bin Vachedins Familie sehr gerne gefolgt und stehe mit ihm gemeinsam vor der Frage, wo man sich jetzt eignetlich einodernen würde - und das ist es doch, was gute Literatur erreichen soll, oder?
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