Maik Klingenberg ist 14 Jahre alt und mehr als nur unglücklich verliebt in die Klassenschönheit Tatjana. Aber wer nicht mal cool genug für einen Spitznamen ist, wird von ihr ungefähr so bemerkt wie Nagelstaub. Als er nicht einmal zu ihrer Geburtstagsparty eingeladen wird, steht fest, dass die Sommerferien nur bescheiden werden können. Zumindest ein Lichtblick ist gegeben: Maiks Mutter ist (wieder einmal) in einer Entzugsklinik und sein Vater wird zwei Wochen mit seiner Assistentin in den Urlaub fahren. Am ersten Tag dieses freien Lebens taucht schließlich Tschick auf. Andrej Tschichatschow, russischer Spätaussiedler und Klassenkamerad von Maik, hat es irgendwie von der Förderschule aufs Hellersdorfer Gymnasium geschafft, aber jeder fragt sich, wie das zuging, da Tschick gerne mal betrunken im Unterricht auftaucht und sein Leistungsspektrum von alptraumhaft bis herausragend alles umfasst. Als nun Tschick bei Maik vor der Tür steht, hat er auch noch einen geklauten Lada dabei und die beiden kommen auf die Schnapsidee, in ebendiesem zu Tschicks Großvater in die Walachei aufzubrechen. Wo die genau liegt, weiß keiner von beiden, Karten haben sie sowieso nicht dabei, also fahren sie einfach nach Süden. Dabei begegnen ihnen verschiedenste Figuren, die man so wohl nie kennenlernen würde, und die beiden lernen zumindest eins: dass mindestens ein Prozent der Menschen gar nicht so schlecht ist, wie man es immer erzählt bekommt.
Ich habe lange einen Bogen um "Tschick" gemacht, weil Jugendlicher auf Roadtrip mich immer zu sehr an das unsägliche "Fänger im Roggen" erinnert, an das ich so ziemlich die schlechtesten Leseerinnerungen hege. Aber nachdem ich "Tschick" vor kurzem im Theater gesehen habe, wollte ich es endlich auch lesen und bin mehr als angetan. Vor allem der Schreibstil sucht meiner Meinung nach seines Gleichen. Während andere Autoren versuchen, Jugendliche exakt abzubilden und dabei in der Wiedergabe von Jugendsprache herausragend scheitern, tut Herrndorf eigentlich das Gegenteil: er will eben nicht wie ein Jugendlicher klingen und schafft es genau dadurch, Authentizität zu erreichen, die zum Niederknien ist. Ob das jetzt die Beschreibung Tatjanas ist - die "insgesamt einfach super" seiende Angebetete - oder tiefphilosophische Unterhaltungen zu Richard Clayderman, man sieht die Figuren vor sich und hört sich so reden. Ohne "ey", ohne "krass" ohne alles. In einem völlig normalen Tonfall schildert Maik das Leben in einer komplett dysfunktionalen Familie, in der der Vater offen seinen Affären nachgeht und die regelmäßigen Aufenthalte der Mutter in einer Entzugsklinik zum Running Gag geworden sind. Maiks unverstellter Blick, mit dem er sich keiner Inllusion über Familienfrieden hingeben will, lässt mich als Leser nicht unbeeindruckt, sondern zieht mich in diese Welt. Und damit wirkt die Geschichte so nachvollziehbar und realistisch, dass ich ihm selbst das ziemlich doofe Ende verzeihe.
Mittwoch, 30. April 2014
Donnerstag, 24. April 2014
[Buchgedanken] Alexander Solschenizyn - Ein Tag im Leben des Iwan Denissowitsch
Am Morgen wacht Iwan Denissowitsch auf, wartet auf den Weckdienst, geht gemeinsam mit seiner Gruppe zum Essen, geht gemeinsam mit ihnn zur Arbeit, geht gemeinsam mit ihnen zurück in die Baracke, geht gemeinsam mit ihnen schlafen. So ist jeder einzelne Tag im Gulag, in dem Iwan Denissowitsch wegen Vaterlandverrats sitzt. Als Überlebender der Kriegsgefangenschaft gilt er als Spion und wurde in einer der vielen Aktionen verhaftet und im Schnellverfahren verurteilt. Immerhin nur zu zehn Jahren, die nach ihm schon für zwanzig für dasselbe Vergehen. Dreitausendsechshundertdreiundfünzig Tage werden so vergehen.
Alexander Solschenizyn weiß, wovon er schreibt, denn er selbst war ebenfalls im Gulag, anschließend in der Verbannung, dann erfolgte die Ausbürgerung - sein Leben lang verbrachte der Schriftsteller damit, das System der Erniedrigung und des Terrors anzuklagen, dem nicht nur er im sowjetischen Russland ausgesetzt war. Mit den einhundertfünfzig Seiten dieses Buchs legte er ein Dokument vor, das mich beim Lesen extrem erschüttert hat. Zum einen deshalb, weil es wirklich so ein typischer Tag ist, der hier beschrieben wird. Kein großangelegter Ausbruchsplan, keine hoffnungsvollen Nachrichten über den Tod Stalins, kein gar nichts. Einfach nur dasselbe Spiel wie jeden Tag, das da lautet: Überleb bis morgen. Iwan Denissowitsch ist froh, dass er am Ende des Tages zwei Rationen Suppe bekommen hat, Brotreste klauen und verstecken konnte und immer noch seine warmen Stiefel hat. Was morgen kommt, weiß er nicht, er denkt auch nicht dran, sondern muss sich auf den heutigen Tag konzentrieren, und wer das nicht kann, der wird untergehen. In kleinen, oft nur angedeuteten Episoden beschreibt Solschenizyn, wie sich jeder einzelne Gefangene in diesem Lager einrichtet oder es auch nicht schafft und untergeht. Besonders diese kleinen Skizzen haben mich fasziniert und beschäftigen mich zum Teil immer noch. Was mich ebenfalls nachhaltig schockiert hat, war der Alltag, der hier beschrieben wird, und der effektiv darauf abzielt, möglichst wenig der Sträflinge über den Winter zu bringen. Zu wenig zu essen, so dass sich darum fast schon geprügelt wird, andererseits die Möglichkeit, sich Essen schicken zu lassen und dadurch Unfrieden und Streit zu provozieren, ein ausgeklügeltes Handelssystem, mit dem man sich durch das Lager schlägt, und vor allem - unendliche Zeit. Irgendwann bin ich drüber gestolpert, dass in der Geschichte erst eine Stunde vergangen ist, dass noch der ganze Tag vor einem liegt, und man jetzt schon nicht mehr kann, jetzt schon die erlösende Bettzeit herbeisehnt, um die Decke über den Kopf zu ziehen und dieses Elend nicht mehr mitansehen zu müssen. Das hat mich am meisten gequält bei diesem Buch, dass eigentlich nichts passiert, nichts passieren kann, sondern einen so hemmungslos furchtbaren Alltag so alltäglich schildert. Das ganze, ohne Mitleid einzufordern, ohne zu jammern, deshalb funktioniert es beim Leser auch. Wie kann man nicht zum dem Schluss kommen, das
Ich bin froh, mir mal wieder das Ziel gesetzt zu haben, mich an einen Literaturnobelpreisträger zu wagen, ich hätte sonst ein großartiges Buch verpasst,
Alexander Solschenizyn weiß, wovon er schreibt, denn er selbst war ebenfalls im Gulag, anschließend in der Verbannung, dann erfolgte die Ausbürgerung - sein Leben lang verbrachte der Schriftsteller damit, das System der Erniedrigung und des Terrors anzuklagen, dem nicht nur er im sowjetischen Russland ausgesetzt war. Mit den einhundertfünfzig Seiten dieses Buchs legte er ein Dokument vor, das mich beim Lesen extrem erschüttert hat. Zum einen deshalb, weil es wirklich so ein typischer Tag ist, der hier beschrieben wird. Kein großangelegter Ausbruchsplan, keine hoffnungsvollen Nachrichten über den Tod Stalins, kein gar nichts. Einfach nur dasselbe Spiel wie jeden Tag, das da lautet: Überleb bis morgen. Iwan Denissowitsch ist froh, dass er am Ende des Tages zwei Rationen Suppe bekommen hat, Brotreste klauen und verstecken konnte und immer noch seine warmen Stiefel hat. Was morgen kommt, weiß er nicht, er denkt auch nicht dran, sondern muss sich auf den heutigen Tag konzentrieren, und wer das nicht kann, der wird untergehen. In kleinen, oft nur angedeuteten Episoden beschreibt Solschenizyn, wie sich jeder einzelne Gefangene in diesem Lager einrichtet oder es auch nicht schafft und untergeht. Besonders diese kleinen Skizzen haben mich fasziniert und beschäftigen mich zum Teil immer noch. Was mich ebenfalls nachhaltig schockiert hat, war der Alltag, der hier beschrieben wird, und der effektiv darauf abzielt, möglichst wenig der Sträflinge über den Winter zu bringen. Zu wenig zu essen, so dass sich darum fast schon geprügelt wird, andererseits die Möglichkeit, sich Essen schicken zu lassen und dadurch Unfrieden und Streit zu provozieren, ein ausgeklügeltes Handelssystem, mit dem man sich durch das Lager schlägt, und vor allem - unendliche Zeit. Irgendwann bin ich drüber gestolpert, dass in der Geschichte erst eine Stunde vergangen ist, dass noch der ganze Tag vor einem liegt, und man jetzt schon nicht mehr kann, jetzt schon die erlösende Bettzeit herbeisehnt, um die Decke über den Kopf zu ziehen und dieses Elend nicht mehr mitansehen zu müssen. Das hat mich am meisten gequält bei diesem Buch, dass eigentlich nichts passiert, nichts passieren kann, sondern einen so hemmungslos furchtbaren Alltag so alltäglich schildert. Das ganze, ohne Mitleid einzufordern, ohne zu jammern, deshalb funktioniert es beim Leser auch. Wie kann man nicht zum dem Schluss kommen, das
Ich bin froh, mir mal wieder das Ziel gesetzt zu haben, mich an einen Literaturnobelpreisträger zu wagen, ich hätte sonst ein großartiges Buch verpasst,
Dienstag, 22. April 2014
[Gewinnspiel] Blogger schenken Lesefreude 2014
Auch in diesem Jahr gibt es zum Welttag des Buches eine besondere Aktion in der Bloggerwelt. Wie schon 2013 wollen wir diesen Tag mit allen Leseratten, Buchverrückten und Bibliophilen gemeinsam feiern. Deshalb nehme ich - so wie viele, viele andere Blogger - an der Aktion "Blogger schenken Lesefreude" teil. Dabei habt ihr die Chance auf vielen, vielen, vielen beteiligten Blogs Bücher zu gewinnen. Auch bei mir gibt es die Chance auf gleich drei Bücher, die ich euch ein wenig näher vorstellen will.
Ich habe mich in diesem Jahr schon seit Januar gefragt, welches Buch ich gerne mit euch teilen möchte. Im März bekam ich schließlich eine freundliche Email vom Dumont-Verlag, der mir ein großartiges Angebot gemacht hat. Ich durfte mir aus dem Verlagsprogramm ein Buch aussuchen und darf es nun unter euch am Welttag des Buchs verlosen. Als sich dann auch noch der Suhrkamp-Verlag mit demselben Angebot meldete, war ich ziemlich geplättet. Na, wenn das nichts ist! Aber andererseits wollte ich auch selbst ein Buch spendieren und habe deshalb auch selbst gesucht. Und so habt ihr in diesem Jahr die Chance, gleich dreifach zu gewinnen.
Gewinnt also zunächst gesponsort von mir: "Das verborgene Wort" von Ulla Hahn.
Erzählt wird die Geschichte der kleinen Hildegard, Hilla genannt. In den Fünfziger Jahren wächst sie in einer rheinisch-katholischen Arbeiterfamilie auf, wo Dialekt gesprochen und Schule als notwendiges Übel gesehen wird, das man schnell hinter sich bringen sollte. Doch Hilla ist bereits als kleines Mädchen fasziniert von Geschichten, vom Lesen und der Welt hinter den Buchseiten. Ihr Lehrer setzt durch, das die begabte Schülerin aufs Gymnasium gehen darf, doch damit beginnen die Konflikte innerhalb ihrer Familie immer größer zu werden. Denn vor allem Hillas Vater kann seiner Tochter schon bald nicht mehr in diese fremde Welt folgen, in der Hochdeutsch gesprochen und Schiller gelesen wird ...
Dieses Buch ist wie gemacht für alle, die Bücher lieben und lesen genießen - und es ist eines meiner absoluten Lieblingsbücher. Und alleine schon deshalb will ich es unbedingt mit euch teilen und euch hier einmal gewinnen lassen, allerdings, so gestehe ich, in einer gut erhaltenen gebrauchten (einmal gelesen und dann doch in die gebundene Ausgabe investiert) Ausgabe als Taschenbuch.
Oder ihr gewinnt gesponsort vom Dumon-Verlag: "Bienensterben" von Lisa O'Donnell.
Marnie ist fünfzehn Jahre alt und ist Dealerin, Ersatzmutter für ihre Schwester Nelly, intelligent und gewitzt - und in großen Problemen. Denn ihre Eltern sind nicht im Urlaub in der Türkei, sondern tot und wurden von den Schwestern im Garten vergraben. Warum? Weil sie besser dran sind ohne den drogensüchtigen Gene und die alkoholkranke Izzy, weil sie nicht im Heim getrennt werden wollen und weil sie selbst ihr Leben in die Hand nehmen wollen. Ihr Nachbar Lennie, der den Tod seines langjährigen Lebensgefährten überwinden muss, nimmt sich der beiden Schwestern an ...
Dieses Buch ist allein vom Cover ein toller Gewinn, auf den ersten Blick schlicht und gleichzeitig mit einer herrlichen Haptik. Viel besser jedoch ist die Geschichte, die sich über ein Jahr erstreckt und schnoddrig, frisch und so wechselhaft ist, dass es unglaublich Spaß gemacht hat, dieses Buch zu lesen. Ihr erhaltet ein einmal angelesenen Exemplar als Taschenbuch.
Und wer eher ein Fan des gepflegten Kriminalfalls ist, der entscheidet sich eben für das Angebot des Suhrkamp-Verlags: "Abbey Road Murder Song" von William Shaw.
London 1968, die Stadt ist fest in der Hand einer neuen Generation. Die Röcke werden kürzer, die Musik wilder und in den Abbey Road Studios werden einige der wichtigsten Alben der Musikgeschichte aufgenommen. Und dann wird plötzlich unweit des Studios die Leiche einer jungen Frau entdeckt, und der einzige Anhaltspunkt für Detectiv Cathal Breen und seine Kollegin Helen Tozer lautet: die Tote war Beatles-Fan. Wenig hilfreich in einer Stadt, deren Jugend im Pilzkopffieber liegt. Die Ermittlungen führen die beiden Polizisten von einem Fan-Club zu einer Gerichtsverhandlung gegen John Lennon und zum Haus von George Harrison. Aber der wahre Grund für den Tod des Mädchens ist viel tragischer, als sie zu Beginn ahnen ...
Für dieses Buch habe ich mich entschieden, weil der Titel bereits ziemlich cool klang. Ein erster Blick hinein hat mich überzeugt, hier ist wirklich ein Krimi zu finden, der die Swinging Sixties mit all ihren Widersprüchlichkeiten zum Leben erweckt. Ihr erhaltet ein vorsichtig gelesenes Leseexemplar als Taschenbuch.
Na, interessiert? Dann müsst ihr nur noch eins tun: Hinterlasst mir einen Kommentar, in dem ihr angebt, welches Buch ihr gerne euer eigen nennen wollt. Zeit habt ihr dafür bis zum 27. April, also diesen Sonntag, um 20:00 Uhr. Danach verlose ich unter Aufsicht einer staatlich nicht anerkannten Glücksfee die Bücher mit kleinen Zusatz-Lesegoodies, die euch hoffentlich gefallen werden. Bitte gebt auch eine Kontaktmöglichkeit an, damit ich mich bei euch melden kann.
Ich wünsche euch allen viel Glück, einen spannenden Welttag des Buchs und einen schönen Frühling :-)
Für die Bürokratieliebhaber unter uns noch einmal kurz zusammengefasst:
- Das Gewinnspiel läuft vom 22.04.14 bis zum 27.04.14.
- Nach Gewinnerbekanntgabe habt ihr eine Woche Zeit euch zu melden, danach lose ich neu aus.
- Ihr müsst über 18 Jahre alt sein, ansonsten brauche ich eine schriftliche Einverständniserklärung eurer Eltern.
- Der Gewinn wird nicht ausgezahlt.
- Ich übernehme keine Haftung für den Versand.
- Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.
Montag, 21. April 2014
[Buchgedanken] Walter Moers - Die Stadt der träumenden Bücher
Hildegunst von Mythenmetz ist ein junger Lindwurm, dessen beschauliches Leben als Autor gerade erst im Werden inbegriffen ist. Doch dann stirbt sein Dichterpate und hinterlässt ihm - neben dem Haus, dem Garten und einer nicht enden wollenden Bibliothek - eine Kurzgeschichte. Eine Geschichte, die so perfekt ist, dass Hildgunst den Autor um jeden Preis kennenlernen will. Auch sein Dichterpate kennt ihn nicht, der einzige Hinweis ist, dass der anonyme Wunderknabe sich aufmachte nach Buchhaim - und so beschließt Hildgunst von Mythenmetz, ihm zu folgen. Buchhaim, oder die Stadt der Träumenden Bücher, ist ein Ort, an dem man nicht einfach nur ein bisschen bibliophil ist. Nein, es ist ein Ort, an dem man Literatur atmet und Belletristik verspeist. Eine Stadt, die so sehr vom gedruckten Wort gefangen genommen ist, dass die Suche nach einem Autor darin die Nadel im Heuhaufen zu einem Kinderspiel abfertigt. Schon bald gerät der Hobbydetektiv in ein gefährliches Spiel, das ihn in die unterirdischen Katakomben Buchhaims führt ...
Ich lese in diesem Jahr wirklich extrem viele Bücher noch einmal, dank der schönen Lieblingsbücher-Challenge. "Die Stadt der träumenden Bücher" steht nicht auf meiner offiziellen Liste, aber ich wollte unbedingt noch einmal reinschauen. Schon von der ersten Seite an war ich in der Geschichte wieder mittendrin und habe mich mit sehr offenen Augen durch diese Stadt der Buchliebhaber begeben. Und damit, als kleine Reminiszenz an den Roman, fingen meine Probleme an.
Ich muss gestehen, ich bin - ungewöhnlich für einen Buchblogger - kein so wirklich fanatischer Buchanhänger, für den das gedruckte Wort das einzig Wahre ist und der bei dem Gedanken daran, ein Buch irgendwo anders als in einem Schrank aufzubewahren, nicht automatisch Schnappatmung bekommt. Insofern finde ich das zum Teil sehr extreme "Buchheim ist GENAU die Stadt, in der ich leben muss, denn nur dort werde ich verstanden" doch ein wenig abschreckend. Buchheim ist eine nette Idee, so wie auch das gesamte Buch eine nette Idee ist, die großartig erzählt wird und mit so vielen Ausschmückungen und Details angereichert ist, dass einem der Kopf fast platzen möchte. Mir war das einfach zu viel Ablenkung und zu wenig tatsählicher Ausbau der interessanten Dinge. Hildegunst von Mythenmetz ist so in seinem Buchstaubrausch gefangen, dass er die Fragen, die wichtig wären, nie stellt - beim ersten Mal habe ich das gar nicht so gemerkt, da ging es mir wie ihm, ich wollte einfach nur wissen, was hinter der nächsten Ecke auf mich wartet. Aber es ist, habe ich jetzt beim neuerlichen Lesen festgestellt, nicht mein gesamtes Leben wir dadurch ausgefüllt, durch möglichst atemberaubende Buchlandschaften zu taumeln. Es war nett, das alles noch einmal zu erleben, aber eben wirklich nur nett. Nicht überraschend, nicht bezaubernd, nicht fesselnd. Es fehlte mir bei der Wiederholung ein wenig das, was meine Lieblingsbücher ausmacht: die Überraschung beim neuerlichen Lesen. Ich hatte mich so sehr beim Umblättern daran erinnert, was dann alles passieren würde, dass ich von der Geschichte nicht mehr so sehr gepackt war wie beim ersten Mal. Ich hätte nie gedacht, dass es mir ausgerechnet mit diesem Buch so gehen würde, denn nach dem ersten Mal vor fünf oder sechs Jahren war ich überzeugt, hier einen totalen Klassiker vor mir zu haben. Woran liegt es? Bin ich inzwischen zu sehr an alles gewöhnt? Habe ich zu viel gelesen, um noch überrascht werden zu können? Diese Antwort suche ich immer noch. In der Zwischenzeit kann ich zu "Die Stadt der träumenden Bücher" nur sagen: Ja, sie ist gut, aber ich gäbe viel dafür, das Buch noch einmal zum ersten Mal lesen zu können.
Ich lese in diesem Jahr wirklich extrem viele Bücher noch einmal, dank der schönen Lieblingsbücher-Challenge. "Die Stadt der träumenden Bücher" steht nicht auf meiner offiziellen Liste, aber ich wollte unbedingt noch einmal reinschauen. Schon von der ersten Seite an war ich in der Geschichte wieder mittendrin und habe mich mit sehr offenen Augen durch diese Stadt der Buchliebhaber begeben. Und damit, als kleine Reminiszenz an den Roman, fingen meine Probleme an.
Ich muss gestehen, ich bin - ungewöhnlich für einen Buchblogger - kein so wirklich fanatischer Buchanhänger, für den das gedruckte Wort das einzig Wahre ist und der bei dem Gedanken daran, ein Buch irgendwo anders als in einem Schrank aufzubewahren, nicht automatisch Schnappatmung bekommt. Insofern finde ich das zum Teil sehr extreme "Buchheim ist GENAU die Stadt, in der ich leben muss, denn nur dort werde ich verstanden" doch ein wenig abschreckend. Buchheim ist eine nette Idee, so wie auch das gesamte Buch eine nette Idee ist, die großartig erzählt wird und mit so vielen Ausschmückungen und Details angereichert ist, dass einem der Kopf fast platzen möchte. Mir war das einfach zu viel Ablenkung und zu wenig tatsählicher Ausbau der interessanten Dinge. Hildegunst von Mythenmetz ist so in seinem Buchstaubrausch gefangen, dass er die Fragen, die wichtig wären, nie stellt - beim ersten Mal habe ich das gar nicht so gemerkt, da ging es mir wie ihm, ich wollte einfach nur wissen, was hinter der nächsten Ecke auf mich wartet. Aber es ist, habe ich jetzt beim neuerlichen Lesen festgestellt, nicht mein gesamtes Leben wir dadurch ausgefüllt, durch möglichst atemberaubende Buchlandschaften zu taumeln. Es war nett, das alles noch einmal zu erleben, aber eben wirklich nur nett. Nicht überraschend, nicht bezaubernd, nicht fesselnd. Es fehlte mir bei der Wiederholung ein wenig das, was meine Lieblingsbücher ausmacht: die Überraschung beim neuerlichen Lesen. Ich hatte mich so sehr beim Umblättern daran erinnert, was dann alles passieren würde, dass ich von der Geschichte nicht mehr so sehr gepackt war wie beim ersten Mal. Ich hätte nie gedacht, dass es mir ausgerechnet mit diesem Buch so gehen würde, denn nach dem ersten Mal vor fünf oder sechs Jahren war ich überzeugt, hier einen totalen Klassiker vor mir zu haben. Woran liegt es? Bin ich inzwischen zu sehr an alles gewöhnt? Habe ich zu viel gelesen, um noch überrascht werden zu können? Diese Antwort suche ich immer noch. In der Zwischenzeit kann ich zu "Die Stadt der träumenden Bücher" nur sagen: Ja, sie ist gut, aber ich gäbe viel dafür, das Buch noch einmal zum ersten Mal lesen zu können.
Sonntag, 20. April 2014
[Buchgedanken] Marina Lewycka - Kurze Geschichte des Traktors auf Ukrainisch
In Nadias Familie ist nichts mehr in Ordnung. Sie und ihre ältere Schwester Vera haben seit dem Tod der Mutter kein Wort mehr miteinander gesprochen, weil sie sich gegenseitig um ihr Erbe betrogen sehen. Und dann ruft eines Tages ihr Vater an und erklärt, heiraten zu wollen. Die Auserwählte, Valentina, stammt wie er aus der Ukraine, aber damit enden die Gemeinsamkeiten. Mit 36 Jahren ist sie nicht einmal halb so alt wie er, ihr Sohn aus erster Ehe scheint ein musikalisches und mathematisches Wunderkind zu sein, und als dann auch noch angedeutet wird, dass der Vater bei nachlassender Zahlungsfähigkeit immer hefitger werdenden Misshandlungen ausgesetzt ist, ist die Geduld am Ende. Für Nadia und Vera steht schnell fest: die Schnepfe muss weg. Und so nähern sich die Schwestern im Angesicht der gemeinsamen Feindin an und rollen auch einen Teil ihrer Familiengeschichte mit auf ...
Ich war anfangs doch ziemlich irritiert von diesem Buch. Ich hatte eigentlich eine doch eher vergnügliche, bitterkomische Geschichte erwartet, und bekam dann etwas serviert, in dem die bitteren Szenen so deutlich formuliert sind, dass sie sehr viel überschatten. Anfangs war ich wenig angetan von der Figurenzeichnung, vor allem Valentina, die neue Stiefmutter, hat eigentlich keine Chancen, sympathisch zu werden. Sie ist gierig, grausam und zeigt das mit jeder einzelnen Äußerung. Auch Nadia und Vera sind alles andere als nette Gestalten, denen das Wohl des Vaters am Herzen liegt. Der Vater wirkt geradezu grotesk und überzeichnet in seinem Hormonrausch. Ich war kurzzeitig mal versucht, das Buch wegzulegen, weil es mir so doof vorkam - bis ich dann schließlich gemerkt habe, dass zwischen den Zeilen sehr viel mehr drinsteckt.
Vor allem die Darstellung der von Stalin verordneten Hungersnot, mit der die Ukraine gebrochen werden soll, geht zum Teil an die Nieren. Diese Geschichten sind es dann auch, die eine Erklärung bieten, warum sich die Familienmitglieder so verhalten und entwickelt haben, die dem Leser vor Augen führen, wie sehr die Lebensumstände den eigenen Charakter prägen können. Auch Valentina wirkt unter diesem Aspekt viel weniger eindimensional, letztlich fordert sie nichts anderes ein als das, was nach dem Zusammenbruch des Ostblocks vom Westen versprochen worden ist. In ihrer Wunschvorstellung ist sie jetzt an der Reihe, zu empfangen und zu fordern, und Nadias Vater spielt dieses Spiel nur allzu begeistert mit in seiner Rettungsmission für unterprivilegierte Landmänner.
Ich würde schon sagen, dass ich es euch empfehle, aber ich halte es nicht für das stärkste Buch von Marina Lewycka.
Ich war anfangs doch ziemlich irritiert von diesem Buch. Ich hatte eigentlich eine doch eher vergnügliche, bitterkomische Geschichte erwartet, und bekam dann etwas serviert, in dem die bitteren Szenen so deutlich formuliert sind, dass sie sehr viel überschatten. Anfangs war ich wenig angetan von der Figurenzeichnung, vor allem Valentina, die neue Stiefmutter, hat eigentlich keine Chancen, sympathisch zu werden. Sie ist gierig, grausam und zeigt das mit jeder einzelnen Äußerung. Auch Nadia und Vera sind alles andere als nette Gestalten, denen das Wohl des Vaters am Herzen liegt. Der Vater wirkt geradezu grotesk und überzeichnet in seinem Hormonrausch. Ich war kurzzeitig mal versucht, das Buch wegzulegen, weil es mir so doof vorkam - bis ich dann schließlich gemerkt habe, dass zwischen den Zeilen sehr viel mehr drinsteckt.
Vor allem die Darstellung der von Stalin verordneten Hungersnot, mit der die Ukraine gebrochen werden soll, geht zum Teil an die Nieren. Diese Geschichten sind es dann auch, die eine Erklärung bieten, warum sich die Familienmitglieder so verhalten und entwickelt haben, die dem Leser vor Augen führen, wie sehr die Lebensumstände den eigenen Charakter prägen können. Auch Valentina wirkt unter diesem Aspekt viel weniger eindimensional, letztlich fordert sie nichts anderes ein als das, was nach dem Zusammenbruch des Ostblocks vom Westen versprochen worden ist. In ihrer Wunschvorstellung ist sie jetzt an der Reihe, zu empfangen und zu fordern, und Nadias Vater spielt dieses Spiel nur allzu begeistert mit in seiner Rettungsmission für unterprivilegierte Landmänner.
Ich würde schon sagen, dass ich es euch empfehle, aber ich halte es nicht für das stärkste Buch von Marina Lewycka.
Sonntag, 13. April 2014
[Buchgedanken] Wulf Dorn - Mein böses Herz
Vor 14 Monaten starb Doros kleiner Bruder den plötzlichen Kindstod. Doro erlitt einen Nervenzusammenbruch, begann Stimmen zu hören und immer wieder die Leiche ihres Bruders zu halluzinieren, da sie sich für seinen Tod verantwortlich fühlte. Die Ehe der Eltern zerbrach und jetzt ist es Zeit für einen Neuanfang. Doros Mutter zieht mit ihr ins beschauliche Ulfingen, wo ein privater und beruflicher "Reset" gestartet werden soll. um einen Neuanfang zu starten. Doch dies scheint nicht zu klappen, Doro wird erneut von ihren Halluzinationen verfolgt. Als sie eines Nachts dann auch noch einen abgemagerten und halb tot wirkenden Jungen in ihrem Holzschuppen findet, der sie um Hilfe bittet, fällt das aus ohnehin schon dünnem Holz bestehende Gerüst ins sich zusammen, und Doro droht der vollständige Verlust ihres Verstandes. Denn kaum hat sie Hilfe gerufen, ist der Junge verschwunden - und alle wollen ihr einreden, dass es ihn nie gegeben hat. Wem kann sie noch glauben?
Jugendthriller sind für mich immer ein netter Snack für Zwischendurch, weil sie sich so schön schnell lesen lassen. Es gibt ein bisschen was fürs Herz und viel Spannung, als Teenager hätte ich das großartig gefunden. Heute - wo man aus meinem Alter locker zwei Teenager machen kann - bin ich von vielen Jugendthrillern doch ein wenig ... nein, gelangweilt ist das falsche Wort. Ich lese sie gerne, aber so wirklich spannend sind sie trotz aller Versuche nicht. Auch hier finde ich in dem Buch sehr viele Übertreibungen, über die ich als Jugendliche ohne weiteres hinweg gesehen hätte. Was ich aber auch damals schon doof gefunden hätte: das Ende. Dieses "Damit hättest du nicht gerechnet, oder?"-Moment wird mir in diesem Buch zu sehr auf die Spitze getrieben, ist es mir einen Tick zu gewollt originell. Sprachlich ist das Buch absolut gelungen, es zieht mit und Doros Selbstzweifel und Ängste sind super umgesetzt. Insgesamt kann man es in diesem Bereich sehr viel schlechter treffen ;-)
Jugendthriller sind für mich immer ein netter Snack für Zwischendurch, weil sie sich so schön schnell lesen lassen. Es gibt ein bisschen was fürs Herz und viel Spannung, als Teenager hätte ich das großartig gefunden. Heute - wo man aus meinem Alter locker zwei Teenager machen kann - bin ich von vielen Jugendthrillern doch ein wenig ... nein, gelangweilt ist das falsche Wort. Ich lese sie gerne, aber so wirklich spannend sind sie trotz aller Versuche nicht. Auch hier finde ich in dem Buch sehr viele Übertreibungen, über die ich als Jugendliche ohne weiteres hinweg gesehen hätte. Was ich aber auch damals schon doof gefunden hätte: das Ende. Dieses "Damit hättest du nicht gerechnet, oder?"-Moment wird mir in diesem Buch zu sehr auf die Spitze getrieben, ist es mir einen Tick zu gewollt originell. Sprachlich ist das Buch absolut gelungen, es zieht mit und Doros Selbstzweifel und Ängste sind super umgesetzt. Insgesamt kann man es in diesem Bereich sehr viel schlechter treffen ;-)
Überraschungspost :-)
Ich freue mir gerade immer noch einen Hundekeks, obwohl ich schon viel zu spät dran bin. Ich habe nämlich am Wochenende endlich ein Päckchen in Empfang nehmen können, das bereits vor zwei Wochen durch die Bloggerwelt geisterte und bei dem ich noch einen langen und ausführlichen Dankespost schuldig bin. Absender war der Verlag Hoffmann&Campe, der etliche Blogger beschenkt hat. Hintergrund ist der Start des Atlantik-Verlags, der zu Hoffmann&Campe gehört und dessen Verlagsprogramm, das ihr hier finden könnt, doch die ein oder andere Lesestunde verspricht.
Zuerst einmal das kleine, aber dafür sehr liebevoll gestaltete Verlagsprogramm, das unter dem Motto "Ein Verlag setzt Segel" steht und bei dem mich spontan sogar direkt ein Buch anspricht, weil es mir am Samstag erst in der Buchhandlung aufgefallen ist.
Was ich aber noch schöner finde, ist die Neuauflage von "84, Charing Cross Road" von Helene Hanff, das ich hier schon lange mal hätte vorstellen müssen. Das farbige Cover sieht ziemlich schick aus und ich spiele ja wirklich mit dem Gedanken ... Habt ihr gut gemacht, ihr lieben Leute von der Presseabteilung, angefixt bin ich damit schon einmal.
Praktisches Goodie für mich ist die Stofftasche mit dem Hundeaufdruck. Nicht, dass ich Hunde so toll finde, aber ich mag den Comicstil, vor allem, weil das Bild so nett auf Aquarellzeichnung gemacht ist, da jubiliert mein kleines Kitsch-Herz wie ein Vogel im Frühling. Und in Verbindung mit dem Spruch wirkt das doch nicht einfach nur noch nach Werbebeutel. Also habe hier definitiv ein Exemplar, mit dem ich das ein oder andere Bibliotheksbuch geschützt nach Hause transportieren könnte ;-)
Dann hat der Verlag aber noch so richtig was draufgepackt und direkt ein Buch aus seinem Programm mitgeschickt (für die miese Bildqualität muss ich mich entschuldigen, ich musste umsteigen auf Handykamera). Und zwar ein Buch, um das ich immer herumschleiche, es mir selbst aber nie kaufen würde, nämlich ein Büchertagebuch. Insgesamt gibt es Platz für 50 Bücher, die man ausführlich beschreiben und bewerten kann, darüber hinaus einen Anhang mit zusätzlichen Freiseiten und Listen wie "Verliehene Bücher", "Verschenkte Bücher" und dergleichen mehr.
Ich habe ja schon einmal erzählt, dass ich ein begeisterter Leselistenschreiber bin, aber eigentlich genügt es mir, wenn ich aufschreibe, welches Buch von welchem Autor ich gelesen habe. Für alles andere bin ich irgendwie zu faul und außerdem habe ich doch meinen Blog ;-) Aber jetzt, wo ich das Buch habe, will ich auch etwas damit anfangen und habe auch prompt den ersten Eintrag gemacht. Ich möchte nämlich von jetzt an dort die Buchhighlights und Buchtiefpunkte des Jahres festhalten, so dass es mir vor allem am Ende des Jahres deutlich leichter fällt, noch einmal alle Bücher Revue passieren zu lassen. Dank dieses sehr netten Geschenks zur Verlagsbekanntmachung gelingt mir das jetzt. Und ich muss noch einmal DANKE in Großbuchstaben sagen für diese gekonnte Überraschung ;-)
Sonntag, 6. April 2014
[Buchgedanken] Martha Grimes - Inspector Jury spielt Domino
Es ist Karnevalssaison im kleinen Fischerstädtchen Rackmoor. Nebel hüllt die engen Straßen ein und wie jedes Jahr hält Sir Titus Crael seinen altbewährten Maskenball ab. Doch dann wird eines Abends in den stimmungsvoll nebelverhüllten Gassen eine Tote gefunden. Aufwändig kostümiert, scheint es sich bei ihr um Dylis March zu handeln, die Patentochter von Titus Crael, die vor Jahren aus dem Haus verschwunden ist und nun zurückkehrte. Doch Titus Sohn Julius schwört Stein und Bein, dass es nicht Dylis sein könne und schon bald taucht der Name Gemma Temple auf, eine junge Londonerin, die verschwunden ist. Inspector Jury wird aus London nach Rackmoor geschickt, um nach dem Rechten zu sehen, und stolpert prompt über seinen alten Bekannten Melrose Plant. Der ist wieder einmal auf der Flucht vor seiner Tante Agatha und hat sich bei den Craels einquartiert. Gemeinsam machen sie sich auf die Jagd nach einem Mörder, die sie in die Vergangenheit führt ...
Martha Grimes liebt man oder hasst man, ich habe noch nie einen Leser getroffen, der ein Buch gelesen hat und dem dann neutral gegenüber stand. Ihre Bücher gelten als legitimer Nachfolger von Agatha Christies Romanen, und da muss ich sagen: wenn es bedeutet, Fälle zu konstruieren und überraschende Enden zu gestalten, bei denen Motive auftauchen, die man nicht hat ahnen können, dann kann die Amerikanerin Grimes der Britin Christie locker das Wasser reichen. Auch in Puncto skurril-liebenswertem Charme fühlt man sich bei Martha Grimes recht schnell zu Hause, was einfach daran liegt, dass sie gerne Umgebungen beschreibt. Man kann sich diese altmodisch-gediegenen Landsitze einfach zu gut vorstellen, durch die die Charakterköpfe treiben, die Grimes Krimis bevölkern. Das Verhältnis von Melrose Plant zu seiner Tante Agatha ist da ganz besonders großartig geraten, diese beiden machen die Serie unglaublich vergnüglich.
Allerdings, und das muss man bei den Büchern auch erwähnen, sind sie, was Glaubwürdigkeit und Spannung angeht, eben nicht wirklich Meisterwerke der Erzählkunst. Die Krimihandlung steht gelegentlich vor lauter Atmosphäre im Hintergrund und das war auch bei diesem Band der Fall. Das Buch ist zum Weglesen und wieder vergessen gemacht, also sind die Grimes-Bücher in erster Linie tolle Empfehlungen für den Frühling und den Sommer, da können sie wirklich am Stück nacheinander gelesen werden und man hat Spaß dabei ;-)
Martha Grimes liebt man oder hasst man, ich habe noch nie einen Leser getroffen, der ein Buch gelesen hat und dem dann neutral gegenüber stand. Ihre Bücher gelten als legitimer Nachfolger von Agatha Christies Romanen, und da muss ich sagen: wenn es bedeutet, Fälle zu konstruieren und überraschende Enden zu gestalten, bei denen Motive auftauchen, die man nicht hat ahnen können, dann kann die Amerikanerin Grimes der Britin Christie locker das Wasser reichen. Auch in Puncto skurril-liebenswertem Charme fühlt man sich bei Martha Grimes recht schnell zu Hause, was einfach daran liegt, dass sie gerne Umgebungen beschreibt. Man kann sich diese altmodisch-gediegenen Landsitze einfach zu gut vorstellen, durch die die Charakterköpfe treiben, die Grimes Krimis bevölkern. Das Verhältnis von Melrose Plant zu seiner Tante Agatha ist da ganz besonders großartig geraten, diese beiden machen die Serie unglaublich vergnüglich.
Allerdings, und das muss man bei den Büchern auch erwähnen, sind sie, was Glaubwürdigkeit und Spannung angeht, eben nicht wirklich Meisterwerke der Erzählkunst. Die Krimihandlung steht gelegentlich vor lauter Atmosphäre im Hintergrund und das war auch bei diesem Band der Fall. Das Buch ist zum Weglesen und wieder vergessen gemacht, also sind die Grimes-Bücher in erster Linie tolle Empfehlungen für den Frühling und den Sommer, da können sie wirklich am Stück nacheinander gelesen werden und man hat Spaß dabei ;-)
[Buchgedanken] Charlotte Kerner - blueprint. Blaupause
Sie heißt Siri und ist Anfang 20. Und sie ist ein Kind, das es so nicht geben dürfte in dieser Welt der nicht allzu fernen Zukunft. Denn Siri ist gleichzeitig ihre Tante. Und die Zwillingsschwester ihrer Mutter. Siri ist ein Klon, gezeugt einig mit der DNA ihrer Mutter Iris. Diese ist Konzertpianistin, erfolgreich und ungebunden. Als sie dann jedoch die Diagnose erhält, an Multipler Sklerose erkrankt zu sein, steht Iris am Abgrund. Nicht, weil ihr ihre Sterblichkeit bewusst wird, sondern vor allem, weil sie Angst davor hat, dass irh Talent untergeht und nicht erhalten bleibt. Und so trägt iris Siri aus, ihr Spiegelbildkind, das ihr künstlerisches Talent weitertragen soll. Je älter Siri wird, desto problematischer wird das Verhältnis zu ihrer Mutter, je ähnlicher sich die beiden werden, desto mehr will Siri fliehen ...
"blueprint" gehört inzwischen irgendwie fast zu den Klassikern der Unterrichtsliteratur. Es ist ja auch eine supter Idee, ein Buch, das so aktuelle Themen aufgreift und den Leser eine Perspektive vorführt, die er nicht zu träumen gewagt hätte. Aber bedauerlicherweise muss ich sagen, dass ich das Experiment für wenig geglückt halte. Mich haben die eindimensional unsympathischen Figuren extrem gestört, die durch die Story staksen und dabei keinen wirklichen Höhepunkt haben, sondern einfach nur einem wütenden Gedankenstrom folgen. So sehr man Siri auch verstehen möchte, irgendwann ist der Zeitpunkt erreicht, an dem man nur noch denkt: "Dann geh und kümmere dich nicht mehr um sie, wenn du so sehr leidest! Mach etwas, aber hör auf, dich in dieser Pein zu winden und dich daran zu ergötzen, wie schlecht es dir doch geht!" Dieser weinerliche Tonfall, in dem die ganze Geschichte erzählt wird, ist anfangs noch gerechtfertigt, im Laufe der Geschichte wird er aber unerträglich, denn die Spannung leidet ganz enorm darunter, immer nur erzählt zu bekommen, wie schlimm diese oder jene Szene doch einmal für Siri gewesen ist. Da hätte ich mir doch mehr Entwicklung gewünscht.
Durch Siris enervierendes Jammern sind mir auch die Figuren sehr unsympathisch geworden. Iris sowieso, die Figur ist angelegt als "die Böse", obwohl gerade ihr ein paar Grautöne sehr gut täten, damit man ihr Handeln wirklich nachvollziehen könnte. Aber nein, stattdessen ist sie einfach nur oberflächlich, egoistisch und insgesamt langweilig, weil vorhersehbar. Siri ist ebenfalls einfach nur angelegt als "die Leidende", dann haben wir noch Oma als "die Unnahbare" und so weiter, und so fort.
Für mich ist das Buch nicht unbedingt eine Empfehlung wert, der Erzählteil ist zu langatmig und wiederholend, der wissenschaftliche Teil hat mich ebenfalls nicht überzeugt.
"blueprint" gehört inzwischen irgendwie fast zu den Klassikern der Unterrichtsliteratur. Es ist ja auch eine supter Idee, ein Buch, das so aktuelle Themen aufgreift und den Leser eine Perspektive vorführt, die er nicht zu träumen gewagt hätte. Aber bedauerlicherweise muss ich sagen, dass ich das Experiment für wenig geglückt halte. Mich haben die eindimensional unsympathischen Figuren extrem gestört, die durch die Story staksen und dabei keinen wirklichen Höhepunkt haben, sondern einfach nur einem wütenden Gedankenstrom folgen. So sehr man Siri auch verstehen möchte, irgendwann ist der Zeitpunkt erreicht, an dem man nur noch denkt: "Dann geh und kümmere dich nicht mehr um sie, wenn du so sehr leidest! Mach etwas, aber hör auf, dich in dieser Pein zu winden und dich daran zu ergötzen, wie schlecht es dir doch geht!" Dieser weinerliche Tonfall, in dem die ganze Geschichte erzählt wird, ist anfangs noch gerechtfertigt, im Laufe der Geschichte wird er aber unerträglich, denn die Spannung leidet ganz enorm darunter, immer nur erzählt zu bekommen, wie schlimm diese oder jene Szene doch einmal für Siri gewesen ist. Da hätte ich mir doch mehr Entwicklung gewünscht.
Durch Siris enervierendes Jammern sind mir auch die Figuren sehr unsympathisch geworden. Iris sowieso, die Figur ist angelegt als "die Böse", obwohl gerade ihr ein paar Grautöne sehr gut täten, damit man ihr Handeln wirklich nachvollziehen könnte. Aber nein, stattdessen ist sie einfach nur oberflächlich, egoistisch und insgesamt langweilig, weil vorhersehbar. Siri ist ebenfalls einfach nur angelegt als "die Leidende", dann haben wir noch Oma als "die Unnahbare" und so weiter, und so fort.
Für mich ist das Buch nicht unbedingt eine Empfehlung wert, der Erzählteil ist zu langatmig und wiederholend, der wissenschaftliche Teil hat mich ebenfalls nicht überzeugt.
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