Ich habe mich die letzten eineinhalb Monate durch ein Buch gekämpft. Ein besseres VErb beschreibt es nicht, denn ich hatte noch nie ein Buch, das ich so wenig weiterlesen wollte aber wie durch einen inneren Drang einfach weiterlesen musste, um zu wissen, wie es ausgeht. "L.A.Confidential" (oder "Stadt der Teufel", wie es auch hieß) ist eine ganz klassische hardboiled detective story. Also nicht dieses possierliche Monsieur-Poirot-Idyll, sondern das genaue Gegenteil. Alle sind Schweine. Alle. Es gibt keine Helden - es gibt nur Männer, die versehentlich doch mal das Richtige tun oder deren eigene Interessen zufälligerweise übereinstimmen mit dem, was man als Leser für das Richtige hält. Es geht also, alles in allem, richtig zur Sache und das ganze ist eine so verschachtelte Geschichte, dass ich mir schwertue, es zu erzählen...
Hauptfiguren sind drei sehr unterschiedliche Polizisten des LAPD. Ed Exley, der Sohn eines Ex-Polizisten und jetzigen Bauunternehmers, ist ein karrieregeiler Endzwanziger, der auch mal zum Kameradenverräter wird, wenn es ihm eine Beförderung einbringt. Bud White dagegen ist gradeheraus, jähzornig und gewalttätig, versucht aber zumindest, eine Form von Gerechtigkeit herzustellen. Er ist extrem loyal gegenüber seinen Freunden, was ihn immer wieder vor Probleme stellt. Und dann ist da noch Jack Vincennes, ein ehemaliger Junkie, der als Berater für eine Polizeiserie arbeitet und sich sein gehalt gleichzeitig damit aufbessert, dass er einem Klatschmagazin hin und wieder Tips gibt, wo der nächste Hollywoodstar mit Drogen hops genommen wird. Die drei arbeiten in unterschiedlichen Abteilungen - Jack bei der Sitte, wo er rausfinden soll, wer für die neuaufgetauchten Pornos verantwortlich ist, in denen unter anderem retuschierte Fotos mit abgetrennten Gliedmaßen und dergleichen zu sehen sind. Bud ist bei einer neugegründeten Abteilung, deren Chef vor allem die Straßen von sämtlichen Ganovern reinigen will, und Ed schlägt sich bei der Mordkommission durch. Eines Nachts stürmen drei Unbekannte ein Nacxhtcafé und richten ein Blutbad unter den Gästen an. Ed und Bud mischen bei der Ermittlung mit und beide haben nach einiger zeit den Verdacht, dass es um mehr geht, als nur um die paar Dollar, die aus der Kasse gestohlen wurden. Dass unter den Toten zufälligerweise eine Prostituierte ist und es Gerüchte gibt, die einen anderen Toten mti seinem Pornofall in Verbindung bringen, führt Jack zum Trio dazu. Alle ermitteln für sich, jeder misstraut jedem, und am Ende wird zwar der Fall gelöst, aber wirklich glücklich ist niemand damit...
Diese charmant-lebensbejahende Geschichte ist in einem Stil geschrieben, der einen beim Lesen vom Hocker haut. Ellroy verwendet kein, aber auch wirklich kein Wort zuviel des Guten. Das Ganze ist präzise getimt, die Sprache ist genauso rauh und gewalttätig wie die Portagonisten. Es finden sich kaum Anmerkungen zu den Empfindungen der Personen, maximal wird geschrieben, was sie tun und warum sie es tun, aber du als Leser musst damit selbst klarkommen. Zum Beispiel, dass Ed einerseits von "absoluter Gerechtigkeit" als seinem Ziel spricht, und auf der anderen Seite nicht davor zurückschreckt, drei Gangster abzuknallen, obwohl alles für ihre Unschuld spricht. Das fordert heraus an dem Buch und erklärt auch, warum es mir so schwer fiel, es zügig zu lesen. Dir werden Fakten vor den Kopf geknallt und du musst damit leben - that's life in L.A. Und nun leb damit, oder verzieh dich, etwas anderes bleibt dir nícht übrig.
Faszinierenderweise schafft Ellroys es auch in diesem Buch, immer wieder reale Kriminalfälle einzubeziehen. Denn die gesamte Geschichte ist eingebettet in den bandenkrieg, der nach der Verhaftung des Obergangster Mickes Cohen begann, als jeder ein Stück vom Cohen-Imperium abhaben wollte. Es begegnen einem illustre Persönlichkeiten wie eben jener Mickey Cohen oder sein Bodyguard und Mädchen für Alles: Johnny Stompanato. Den Namen hatte ich irgendwo schonmal gehört, hab gestern gesucht und siehe da: Johnny Stompanato war der charmante Herr, der von Lana Turners 14jähriger Tochter erstochen wurde, weil er angeblich ihre Mutter geschlagen hatte. Außerdem wird Walt Disney zumindest in sehr großen Zügen erkennbar, und selbst für Jack Vincennes gibt es ein reales Vorbild, wenn auch ohne Drogen. Es ist absolut faszinierend, diesen Mikrokosmos vor sich aufgebreitet zu bekommen, auch wenn ich ungefähr hundert Seiten gebraucht habe, um die Leute voneinander unterscheiden zu können. Die story hat tempo und bremst dann wieder abrupt ab, so wie Ermittlungen es eben manchmal tun. Und genau deshalb sage ich: lesen!
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