2009 stecken die USA in einer völligen Rezession und so stehen die Arbetslosen beriets am Abend vor der Eröffnung einer Jobbörse Schlange. Im Morgengrauen nähert sich ihnen ein grauer Mercedes, gibt plötzlich Gas und tötet 12 Menschen, darunter eine Mutter mit ihrem Säugling. Der Täter entkommt und hinterlässt im Fahrzeug einen Smilie-Aufkleber und eine Clownsmaske. Ein Jahr später erhält der pensionierte Detective Bill Hodges einen Brief vom Täter. Der macht sich über Hodges lustig und kündigt eine weitere Tat an. Dumm nur, dass er dadurch den Jagdtrieb des übergewichtigen Ex-Cops weckt, der sich zusammen mit dem technikaffinen Nachbarsjungen auf seine Spur setzt ...
Stephen King mal wieder. Ich kann ja einfach nicht an ihm vorbeigehen und das Buch ist mir in der Bibliothek quasi im Vorbeigehen in die Tasche gehüpft. Spannend fand ich bereits den Klappentext, der so gar nicht nach Stephen King klingt. Nicht, weil kein übersinnliches Element erwähnt wird (in seinen Novellen beweist er immer wieder, dass er auch ohne das Horror schreiben kann), sondern weil das so nach einem ganz typischen Krimiplot klang. Und in der Tat ist das das bislang untypischste King-Buch, das mir untergeommen ist - das scheint auch King zu merken, der das Buch bereits dadurch von seinen anderen Büchern kapselt, dass er die als explizit fiktionale Geschichten erwähnt, statt wie andere Romane durch dieselben Orte oder Ereignisse miteinander zu verknüpfen.
Am Buch extrem gut gefallen hat mir der Einstieg. Je älter King wird, desto mehr wird er zu einem sehr genauen Beobachter einzelner Personen, die er durch Handlung und Sprache charakterisiert wie kein zweiter. So begleite ich als Leser zunächst Augie mit zur Eröffnung der Jobbörse und werde reingeworfen in dieses Heer der Arbeitslosen. Im Anschluss erlebe ich Bills langweiliges Rentnerdasein und bin wie er der Meinung, dass Selbstmord angesichts des Fernsehprogramms eine ziemlich gute Option darstellt. Dann kommt es zum Bruch, denn mit einem Mal wechsele ich de Perspektive zum Täter. Dieser Brady Hartsfield - kein Spoiler, denn man wird als Leser nicht im Unklaren gelassen - ist ein Antagonist, der ziemlich weit oben in der Liste der Psychopathen zu finden ist. Am Anfang fand ich ihn fast schon zu überzeichnet, das bessert sich im Laufe der Zeit ein wenig.
Trotzdem hat mich das Buch nicht ganz überzeugt, was vielleicht daran liegt, das King einerseits sehr konsequen die Kiste der hardboiled-detective-stories öffnet, andererseits aber seine Protagonisten ehr wie die weichgespülte Teddybär-Variante von Sam Spade wirken. Bill ist einfach ein bisschen zu peinlich berührt ob seines Äußeren, einen Ticken zu alt und eine Spur zu pensioniert, um richtig hart drauf zu sein. Und auch die Yo-Bro-Fassade seines Helfers ist ja letztlich nur eine Fassade eines hochintelligenten potentiellen Elite-Uni-Studenten. Gekoppelt mit diesem absoluten Super-Schurken war ich immer mal wieder versucht zu sagen "jetzt werd mal ein bisschen realistischer, alter Junge", und das ausgerechnet bei Stephen King. Nichtsdestotrotz war das Buch kein Reinfall, ich wollte wissen, wie sie schließlich Hartsfield auf die Schliche kommen und wie das alles enden wird.
Fazit: für einen krimi zu light, für einen King wieder mal echt gut.
Dienstag, 29. November 2016
[Buchgedanken] Jay Asher - Tote Mädchen lügen nicht
Als Clay Jensen aus der Schule nach Hause kommt, findet er ein Päckchen
mit Kassetten vor. Er legt die erste in einen alten Kassettenrekorder,
drückt auf »Play« – und hört die Stimme von Hannah Baker. Hannah, seine
ehemalige Mitschülerin. Hannah, für die er heimlich schwärmte. Hannah,
die sich vor zwei Wochen umgebracht hat. Mit ihrer Stimme im Ohr wandert
Clay durch die Nacht, und was er hört, lässt ihm den Atem stocken.
Dreizehn Gründe sind es, die zu ihrem Selbstmord geführt haben, dreizehn
Personen, die daran ihren Anteil haben. Clay ist einer davon ...
Der Hype um das Buch ist so ein bisschen an mir vorbeigegangen - ich bin zu wenig begeisterter Young-Adult-Leser und zu wenig inder Blogszene drin, glaube ich. Aber irgendwie habe ich das Buch im Laufe der Zeit in jeder Buchhandlung stapelweise liegen sehen und dachte mir, ich wage mich doch mal ran. Aber als hätte ich es geahnt und deshalb so lange nicht zum Buch gegriffen, war es für mich nicht die große Erleuchtung. Ich habe, um ehrlich zu sein, einige Probleme mit dem Kerngedanken des Buchs. Das Problem, meiner Meinung nach, besteht darin, dass grade für Jugendliche, die in Hannahs Situation sind, das Buch Selbstmord letztlich als die Möglichkeit verkauft, es den ganzen Ärschen der Schule mal zu zeigen. Die kommen nicht ins Nachdenken, bis Hannah zu ihnen spricht. Die tote Hannah wohlgemerkt.Irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass Asher glaubt, dass eine lebendige Hannah nicht genug Macht hat, ihre Peiniger zum Nachdenken zu bringen - ihr Selbstmord ist also dieeinzige logische Handlungsmöglichkeit für sie. Ob das bei ihren Leidensgenossen in der Realität auch so ankommt, weiß ich natürlich nicht, aber ich halte es für gefährlich, dass diese Darstellung gewählt wird. Vielleicht hätte ich mir voneinem Buch zu der Thematik Mobbing mehr Empowerment erwartet als eine Selbstmörderin, die sich sehr lange in Selbstmitleid ergeht.
Ja, das ist das zweite, was das Buch für mich wenig lesbar gemacht hat. Hannah suhlt sich im Selbstmitleid und schiebt die Schuld an ihren Problemem konsequent ihren dreizehn "Gegnern" zu, obwohl deren Beteiligung an ihrem Selbstmord zum Teil wirklich sehr an den Haaren herbeigezogen wirkt. Nein, natürlich ist Hannah nicht Schuld daran, dass sie gemobbt wird, das will ich gar nicht sagen, aber dennoch machte sich mir beim Lesen immer mehr das Gefühl breit, dass Hannah hier krampfhaft nach einer Begründung sucht, ohne die eigentlichen Probleme in ihrem Leben - niemanden zu haben, an den sie sich wenden kann - zu problematisieren. Stattdessen lamentiert sie darüber drei Jahre zuvor als der geilste Arsch der Jahrgngsstufe gewählt worden zu sein ... hmmmmmm, für mich war das nicht wirklich überzeugend, und das, obwohl ich selbst in der Pubertät dank einiger Klassenkameraden die Hölle durchgemacht habe. Es waren einfach immer so vordergründige Gründe für ihren Selbstmord, wirklich tief eingedrungen ist man nicht, und dadurch bleibt das Buch für mich - auch in der Zeichnung der restlichen Figuren - viel zu sehr an der Oberfläche.
Der Hype um das Buch ist so ein bisschen an mir vorbeigegangen - ich bin zu wenig begeisterter Young-Adult-Leser und zu wenig inder Blogszene drin, glaube ich. Aber irgendwie habe ich das Buch im Laufe der Zeit in jeder Buchhandlung stapelweise liegen sehen und dachte mir, ich wage mich doch mal ran. Aber als hätte ich es geahnt und deshalb so lange nicht zum Buch gegriffen, war es für mich nicht die große Erleuchtung. Ich habe, um ehrlich zu sein, einige Probleme mit dem Kerngedanken des Buchs. Das Problem, meiner Meinung nach, besteht darin, dass grade für Jugendliche, die in Hannahs Situation sind, das Buch Selbstmord letztlich als die Möglichkeit verkauft, es den ganzen Ärschen der Schule mal zu zeigen. Die kommen nicht ins Nachdenken, bis Hannah zu ihnen spricht. Die tote Hannah wohlgemerkt.Irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass Asher glaubt, dass eine lebendige Hannah nicht genug Macht hat, ihre Peiniger zum Nachdenken zu bringen - ihr Selbstmord ist also dieeinzige logische Handlungsmöglichkeit für sie. Ob das bei ihren Leidensgenossen in der Realität auch so ankommt, weiß ich natürlich nicht, aber ich halte es für gefährlich, dass diese Darstellung gewählt wird. Vielleicht hätte ich mir voneinem Buch zu der Thematik Mobbing mehr Empowerment erwartet als eine Selbstmörderin, die sich sehr lange in Selbstmitleid ergeht.
Ja, das ist das zweite, was das Buch für mich wenig lesbar gemacht hat. Hannah suhlt sich im Selbstmitleid und schiebt die Schuld an ihren Problemem konsequent ihren dreizehn "Gegnern" zu, obwohl deren Beteiligung an ihrem Selbstmord zum Teil wirklich sehr an den Haaren herbeigezogen wirkt. Nein, natürlich ist Hannah nicht Schuld daran, dass sie gemobbt wird, das will ich gar nicht sagen, aber dennoch machte sich mir beim Lesen immer mehr das Gefühl breit, dass Hannah hier krampfhaft nach einer Begründung sucht, ohne die eigentlichen Probleme in ihrem Leben - niemanden zu haben, an den sie sich wenden kann - zu problematisieren. Stattdessen lamentiert sie darüber drei Jahre zuvor als der geilste Arsch der Jahrgngsstufe gewählt worden zu sein ... hmmmmmm, für mich war das nicht wirklich überzeugend, und das, obwohl ich selbst in der Pubertät dank einiger Klassenkameraden die Hölle durchgemacht habe. Es waren einfach immer so vordergründige Gründe für ihren Selbstmord, wirklich tief eingedrungen ist man nicht, und dadurch bleibt das Buch für mich - auch in der Zeichnung der restlichen Figuren - viel zu sehr an der Oberfläche.
[Buchgedanken] Oliver Hilmes - Berlin 1936:Sechzehn Tage im August
Ich bin so ein Vier-Jahres-Sportschauer, egal ob Fußball oder Leichtathletik, und irgendwie ist dieses Buch die Kombination aus so ziemlich genau allem, was mich anspricht: mein Lieblings-Sachbuchautor schreibt ein Buch über die Olympischen Spiele 1936, das kann nur was werden.
Oliver Hilmes hat ja bisland nur Biografien geschrieben. Insofern war es für mich ganz interessant, mal zu sehen, wie er ein Buch angeht, das keine Person zum Thema hat, sondern ein Ereignis. Dieses Buch ist dementsprechend kein trockenes Sachbuch, sondern er nähert sich, das vorneweg, dem Ganzen ebenfalls über Personen an.
Für jeden einzelnen der 16 Tage Olympische Spiele stellt er eine Vielzahl von Personen in den Mittelpunkt, die direkt beteiligt sind an der Organisation "Olympia", die als Zuschauer oder Sportler im Stadion sind, die in Berlin das Stadtbild prägen - oder manchmal auch gar keine Verbindung aufweisen, in gewisser Weise aber ebenso die Spiele prägen werden, weil über sie nicht berichtet wird. Mit Hilfe von offiziellen Anweisungen wird sehr schnell klar, dass für die Nationalsozialisten Olympia in erster Linie eine Möglichkeit war, die Friedliebigkeit Deutschlands zu demonstrieren und Sympathien im Ausland zu sammeln. Für zwei Wochen werden in Berlin die Ausgaben des "Stürmer" mal nicht öffentlich ausgehängt, werden Ausgrenzung und Restriktionen nur im ganz Kleinen spürbar. Selbst die Zeitungen berichten überraschend positiv über die Sieger anderer Nationen- klar, werden doch nahezu täglich aus dem Propagandaministerium Anweisungen herausgegeben, wie über die Spiele geschrieben werden darf. Dabei wäre es für mich schön gewesen, auf einzelne Bereiche noch etwas stärker einzugehen, vor allem was die für Deutschland antretenden jüdischen Sportler angeht. Da bleibt das Buch dann doch sehr stark an der Oberfläche und ich hab parallel sehr viel recherchiert und im Internet nachgelesen. Trotz allem sind diese Miniaturen faszinierend und das Buch macht grade auch dadurch Lust auf mehr Informationen.
Wie immer ist das Buch informativ und unterhaltsam geschrieben, im typischen Hilmes-Stil, der einen sehr gut durch die Spiele führt. Insgesamt also eine klare Kaufempfehlung, die als Einstieg in die Olympiade 1936 gut geeignet ist.
Oliver Hilmes hat ja bisland nur Biografien geschrieben. Insofern war es für mich ganz interessant, mal zu sehen, wie er ein Buch angeht, das keine Person zum Thema hat, sondern ein Ereignis. Dieses Buch ist dementsprechend kein trockenes Sachbuch, sondern er nähert sich, das vorneweg, dem Ganzen ebenfalls über Personen an.
Für jeden einzelnen der 16 Tage Olympische Spiele stellt er eine Vielzahl von Personen in den Mittelpunkt, die direkt beteiligt sind an der Organisation "Olympia", die als Zuschauer oder Sportler im Stadion sind, die in Berlin das Stadtbild prägen - oder manchmal auch gar keine Verbindung aufweisen, in gewisser Weise aber ebenso die Spiele prägen werden, weil über sie nicht berichtet wird. Mit Hilfe von offiziellen Anweisungen wird sehr schnell klar, dass für die Nationalsozialisten Olympia in erster Linie eine Möglichkeit war, die Friedliebigkeit Deutschlands zu demonstrieren und Sympathien im Ausland zu sammeln. Für zwei Wochen werden in Berlin die Ausgaben des "Stürmer" mal nicht öffentlich ausgehängt, werden Ausgrenzung und Restriktionen nur im ganz Kleinen spürbar. Selbst die Zeitungen berichten überraschend positiv über die Sieger anderer Nationen- klar, werden doch nahezu täglich aus dem Propagandaministerium Anweisungen herausgegeben, wie über die Spiele geschrieben werden darf. Dabei wäre es für mich schön gewesen, auf einzelne Bereiche noch etwas stärker einzugehen, vor allem was die für Deutschland antretenden jüdischen Sportler angeht. Da bleibt das Buch dann doch sehr stark an der Oberfläche und ich hab parallel sehr viel recherchiert und im Internet nachgelesen. Trotz allem sind diese Miniaturen faszinierend und das Buch macht grade auch dadurch Lust auf mehr Informationen.
Wie immer ist das Buch informativ und unterhaltsam geschrieben, im typischen Hilmes-Stil, der einen sehr gut durch die Spiele führt. Insgesamt also eine klare Kaufempfehlung, die als Einstieg in die Olympiade 1936 gut geeignet ist.
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