Es gibt Bücher, die haben mich in meiner Kindheit so lange begleitet, dass ich gar nicht mehr weiß, wie ich ohne sie ausgekommen bin. "Anne auf Green Gables" ist so ein Fall, eine Geschichte aus der Jahrhundertwende auf der kleinen kanadischen Insel Prince Edward Island.
Anne Shirley ist elf Jahre alt, hat karottenrotes Haar und den Kopf irgendwo in den Wolken. Sie ist Waise und landet durch einen Zufall bei Marilla und Matthew Cuthbert, einem alten Geschwisterpaar, das einen Jungen adoptieren wollte, der ihnen auf ihrer Farm Green Gables zur Hand geht. Zumindest sind die beiden fair und geben dem Mädchen eine Chance, sich zu beweisen - und damit zieht in Green Gables ein Wesen ein, wie man es nie erwartet hätte. Annes Träumereien und erfundene Geschichten begleiten den Leser durch den ersten Band, wir werden Zeuge von ganz alltäglichem Chaos einer Heranwachsenden (wie dem Versuch, sich die ungeliebten Haare zu bleichen) und dem Aufeinanderprallen von Erziehungsstilen (Annes Versuch, sich bei der Nachbarin Rachel Lynnde zu entschuldigen), von erster Liebe und urkomischen Szenen (als Anne ihre beste Freundin Diane versehentlich mit Alkohol statt Beerensaft abfüllt). In den folgenden Jahren begleiten wir Anne auf das College nach Kingston und in ihre erste Stelle als Lehrerin, werde Zeugen einer Hochzeit (ausgerechnet mit Gilbert Blythe, dem Anne im ersten Band eine Schultafel auf den Kopf zerbricht, als er sich über ihre Haare lustig macht!) und sehen Annes Kindern beim Aufwachsen zu. Wir erleben rührende Szenen und Momente der Trauer, und über all dem schwingt ein Geruch nach Ahornsirup und frischen Brötchen, nach Kindheit und Unbeschwertheit mit. Und das, obwohl die Geschichte rund hundert Jahre vor unserer eigenen Kindheit spielt - das soll man Lucy Maud Montgomery mal nachmachen!
Ich habe die Bücher auf deutsch gelesen und dann auch im englischen Original. Das lohnt sich allein schon deshalb, weil "Rainbow Valley", der siebte Band, nie auf Deutsch veröffentlich wurde. Auch in ihm spielen Annes Kinder die Hauptrollen, die wir schon in "Anne in Ingleside" kennengelernt haben, und ich bin immer wieder bezaubert und gerührt. So kitschig manches im Buch auch anmutet, es ist nie zuviel, wird abgefedert durch andere Situationen, in denen man sich ausschütteln will vor Lachen. Es gibt eine Stelle, an der ich, seit ich sie zum ersten Mal gelesen habe, weinen muss, egal wie vorbereitet ich darauf bin. Montgomery ist eine starke Szenenerzählerin, insgesamt sind die Bücher eine Sammlung von bezaubernden Einzelepisoden, ganz wie ein guter Rückblick auf das Leben, das sich im "weißt du noch, als ..." verliert und dem man gerne folgt in diese Erinnerungen.
Ich mag die Geschichte von Anne wirklich sehr gern, habe auch alle Verfilmungen gesehen! Schöner Post!
AntwortenLöschenEinen schönen Kommentiertag noch! Wir wünschen dir viele Kommentare heute! Gruß aus Brandenburg
Jana und Aimee von JaimeesWelt.blogspot.de
"Rainbow Valley" gibt es mittlerweile auf Deutsch:
AntwortenLöschenhttp://www.verlag28eichen.de/titel/anne.htm