Montag, 28. Februar 2011

Und ich lächelte und war froh...

Seit ich 16 bin, habe ich eine jährlich wiederkehrende Fernsehtradition, für die mich meine Freunde regelmäßig mit seltsamen Blicken belegen. Ich schaue mir die Oscar-Verleihung an. Jedes Jahr zelebriere ich es, ich setze mich mit 500ml Ben%Jerry's Half Baked Eis vor den Fernseher, kuschele mich in meine Bettdecke ein, weine bei dem Rückblick auf die Verstorbenen eine stille Träne, jubliliere bei den Dankesreden mir unbekannter Postproduction-Designer, übe meine eigene Dankesrede - business as usual.

Letztes Jahr hatte ich mir geschworen, es nicht mehr zu machen, weil ich von den Hosts so genervt war. Als ich dann hörte, dass nicht mehr Steven Baldwin versucht, witzig zu sein, habe ich den Plan aufgegeben. Ich habe mich an den schönen alten Spruch erinnert: "Lächele und sei froh, es könnte schlimmer kommen."
Was soll ich sagen?

Es KAM schlimmer.

In der Nacht von 27. auf den 28.Februar 2011 wurde ich Zeuge, wie sich Hollywood stückchenweise selbst demontierte. Das begann bei den gewählten Hosts.
"Hey", mögen sich die Organisatoren gedacht haben, "es ist Zeit, statt der alten Säcke mal die jungen ranzulassen. Die kennen bestimmt Witze, über die nicht schon Opa selig vor Lachen aus der Wiege gefallen ist."
"Prima", hat ein anderer ergänzt. "Und wen nehmen wir?"
Tja, wen nimmt man... Man entscheidet sich für einen Schauspieler, der selbst nominiert ist ("Hey, das ist doch mal witzig!") und gut aussieht ("Hey, die Frauen schauen zu!"), und damit man dem Zweierteam treu bleibt, sucht man noch eine Tussi, die bereit ist, sich von einem hässlichen Kleid ins nächste zu stürzen. Ladies and Gentlemen, we proudly present:
James Franco und Anne Hathaway.



Es begann erstmal vielversprechend. Die beiden wurden per BlueScreen in diverse der nominierten Filme hineingeschnitten, ließen sich von Leonardo DiCaprio einführen in die Welt der Träume, sie schafften sogar, direkt nach einer Minute einen echt guten Gag reinzubringen: Wenn Anne Hathaway "The Brown Duck" tanzt, dann ist das echt lusitg. Allerdings - dieser Gag im Einspieler sollte dann für die nächsten vier Stunden der einzige gelungene Gag des Duos bleiben. Wie schmerzlich man heute eine gute Moderation braucht, wurde klar, als Billy Chrystal es schaffte, innerhalb einer kurzen Ansprache das Publikum öfter zum Lachen zu bringen, als der gesamte restliche Abend! Verdammt, was war da los? Haben sich Anne und James hinter der Bühne schnell noch einen gegen das Lampenfieber angesoffen? Das würde erklären, warum James franco den Abend damit verbrachte, dümmlich in die Kamera zu grinsen, während Anne Hathaway ein feuerwerk der guten Laune verbreitete, gegen das selbst "Mainz bleib Mainz, wie es singt und lacht" wie eine innovative Show von Comedy-Newbies wirkt.

Na gut, wenn Hollywood also nicht wirklich Neues hinkriegt, dann solle man sich auf die alten Werte berufen. Deshalb werden immer mal wieder nette Einspieler gebracht, die an die großen Erfolge von früher erinnern... Nur, die Auswahl, das Setting, einfach alles wirkt hier so beliebig. So austauschbar. So überhuapt nicht mit dem Rest der Verleihung in Verbindung stehend. Dieses alte Hollywood ist nicht mehr - aber statt dann neu voranzuschreiten, will man wenigstens noch mal "a schöne Leich" zeigen. Das erklärt vielleicht, wieso als erstes Kirk Douglas auftreten darf, um den Preis für die "Best Supporting Actress" zu verleihen. Der Mann ist 94 Jahre alt, stützt sich auf einen stock, und spricht wie mein Opa nach zu viel Alkohol - in erster Linie erschrecke ich bei diesen Bildern. Ganz kurz habe ich die Hoffnung, dass er an Hailee Steinfeld verliehen werden wird. Sie ist 14 Jahre alt und hätte ihn sich redlich erarbeitet. Und was für einen schönes Bild wäre das - das alte und das neue Hollywood, friedlich vereint auf der Bühne nebeneinander, das wäre so versöhnlich.

Aber eigentlich will die Show gar nicht versöhnlich sein, sondern sich gnadenlos in der Weltabgewandheit suhlen. Also geht es weiter, eine Preisverleihung an der anderen, es geht Schlag auf Schlag. Für mich als Zuschauer nervig. Wo ist die Zeit, um mal wieder einzuhalten und sich an die große Zeit Hollywoods zu erinnern, wenn man doch genau das tun soll? So spielt das Orchester nur kurz mal die schönsten Hollywood-Lieder an, würgt sie aber schon fast gnadenlos ab, bloß damit keine kostbare Werbezeit verschwendet werden könnte. Die Dankesreden fallen kurz aus, kaum eine bleibt im Gedächtnis, denn zack steht schon der nächste Präsentator auf der Bühne, zack kommt der nächse Oscar, zack, kommt die nächste Werbepause. Dass dann ausgerechnet zwei ABC-beauftragte Zeit eingeräumt bekommen, eine Ansprache zu halten, dass ABC den Oscar ins Jahr 2020 führen wird, wirkt schon fast peinlich.

Was bleibt von diesem Abend? Gar nichts, das ist das Schlimme. Die letzten 13 Jahre lang habe ich am Montag morgen kaum die Augen offen halten könnnen. Ich habe erzählt von den Highlights der Verleihung. Meine Freunde hqaben mich mitleidig angeschaut und gelächelt. Und heute? Bin ich ausgeschlafen, denn die vielen Werbepausen hab eich im Minutenschlaf verbracht. Heute weiß ich nichtmal, was ich erzählen sollte - außer, dass Hollywood nicht tot ist. Es liegt im künstlichen Koma, und das ist nichts, um darüber froh zu sein.

Dienstag, 15. Februar 2011

Wir haben es getan

Gestern war Valentinstag, ein Tag, den mein Freund und ich eigentlich immer gepflegt ignorieren. Gestern haben wir ihn allerdings genutzt, denn wir waren morgens um acht Uhr auf dem standesamt und haben uns unseren Termin festgemacht. Am 13.August um 11.30 werden wir getraut, und jetzt weiß ich auch ganz genau, in welchen Räumen:

Ist das nicht wunderschön? Eins muss man unseren Markgrafen lassen, sie hatten ziemlichg uten Geschmack bei der Inneneinrichtung ;-) Mein Freund muss noch bei der Schlösser- und Gärtenverwaltung anrufen, um einen Nutzungsvertrag abzuschließen - dadurch werden unsere Traukosten nochmal ziemlich hochgetrieben, aber was soll's - aber damit können wir uns noch ein bisschen Zeit lassen. Wichtig ist jetzt erstmal, dass ich mein staatsexamen bestehe, zumidnest erstmal die prüfungen nächste Woche, und danach machen wir uns an die Einladungen. Meine Schwester, also mein trauzeugin, schreibt bis Anfang März prüfungen, danach setzten wir uns zusammen und planen mal ein bisschen weiter. Ich bin so aufgeregt!!!

Dienstag, 8. Februar 2011

Meine Gemüsekiste

Grade hat es an der Tür geklingelt und ein freundlicher älterer Herr hat mir meine Gemüsekiste in die Hand gedrückt. Ich habe seit mehreren Monaten ein Gemüse-Abo, was absurd klingt, aber echt toll ist ;-)



"Gemüsekiste" bedeutet, dass ich einmal die Woche diese formschöne grüne Kiste ins Haus geliefert bekomme. Gefüllt ist sie mit einer Wochenration für ein bis zwei Personen an aktuellem Obst und Gemüse, das entweder direkt von einem Bio-Bauernhof stammt oder - wie die Bananen, die heute drin waren - aus kontrolliertem Anbau sind. Der Bauernhof liegt ungefähr sechzig Kilometer entfernt, deshalb gibt es für jedes Ausliefergebiet einen festen Ausliefertag, an dem dann jeder Abonnement seine Kiste zugestellt bekommt. Ich bin Dienstag früh immer zu Hause, kann sie mir aber auch einfach in den Garten oder hinters Haus stellen lassen ;-)
Der Inhalt der Kiste wechselt jede Woche ein bisschen. Im Moment ist Winter, d.h. es gibt viel Kohl und Wintermöhren - also etwas kleinere Möhren - aber auch Géwächshaussalat. Hier mal ein Eindruck von dieser Woche:



Eine große Paprika, Weißkraut, gelbe Rüben in rauhen Mengen, Feldsalat (in der weißen Tüte), Schwarzwurzeln (in der braunen Tüte), Orangen, Bananen, Äpfel. Grade das Gemüse finde ich toll, weil da immer was dabei ist, was ich roh verknabbern kann, und was dann einfach geschält in der Lunchbox landet. Alles andere wrid im Laufe der Woche verkocht, meistens für mich allein, weil mein Freund mittags im Büro oder der Mensa isst und abends dann nur noch kalte Küche haben will. Ich esse meisntens mittags kalt - hab ja meine Lunchbox ;-) - und dafür dann abends warm.

Ich liese diese Kiste, ehrlich. Nicht nur, weil das Gemüse wirklich anders schmeckt, sondern weil ich so viele verschiedene Sachen kriege. Ich habe noch nie zuvor Mangold gegessen, ich wusste, dass er existiert, aber irgendwie habe ich es nie für nötig gehalten, ihn zu kaufen. Oder den Wirsing von letzter Woche, den ich schon seit Jahren nicht mehr auf dem Speiseplan hatte. Oder Schwarzwurzeln, eine leckere Variante zur Kartoffel ;-) Jede Woche kriege ich immer noch ein Rezept mitgeliefert für mindestens eine der Gemüsesorten, das ich meistens auch ausprobiere.

Also, wer ein bisschen merh Geld ausgeben möchte für Gemüse als bei Aldi, wer regionales Gemüse schätzt (die Kiste gibt es auch in einer strengen Regional-Variante und in einigen anderen Sortimenten ;-) ) kann ja mal schauen, ob es die auch in seiner Nähe gibt.

Montag, 7. Februar 2011

James Ellroy - L.A.Confidential

Ich habe mich die letzten eineinhalb Monate durch ein Buch gekämpft. Ein besseres VErb beschreibt es nicht, denn ich hatte noch nie ein Buch, das ich so wenig weiterlesen wollte aber wie durch einen inneren Drang einfach weiterlesen musste, um zu wissen, wie es ausgeht. "L.A.Confidential" (oder "Stadt der Teufel", wie es auch hieß) ist eine ganz klassische hardboiled detective story. Also nicht dieses possierliche Monsieur-Poirot-Idyll, sondern das genaue Gegenteil. Alle sind Schweine. Alle. Es gibt keine Helden - es gibt nur Männer, die versehentlich doch mal das Richtige tun oder deren eigene Interessen zufälligerweise übereinstimmen mit dem, was man als Leser für das Richtige hält. Es geht also, alles in allem, richtig zur Sache und das ganze ist eine so verschachtelte Geschichte, dass ich mir schwertue, es zu erzählen...

Hauptfiguren sind drei sehr unterschiedliche Polizisten des LAPD. Ed Exley, der Sohn eines Ex-Polizisten und jetzigen Bauunternehmers, ist ein karrieregeiler Endzwanziger, der auch mal zum Kameradenverräter wird, wenn es ihm eine Beförderung einbringt. Bud White dagegen ist gradeheraus, jähzornig und gewalttätig, versucht aber zumindest, eine Form von Gerechtigkeit herzustellen. Er ist extrem loyal gegenüber seinen Freunden, was ihn immer wieder vor Probleme stellt. Und dann ist da noch Jack Vincennes, ein ehemaliger Junkie, der als Berater für eine Polizeiserie arbeitet und sich sein gehalt gleichzeitig damit aufbessert, dass er einem Klatschmagazin hin und wieder Tips gibt, wo der nächste Hollywoodstar mit Drogen hops genommen wird. Die drei arbeiten in unterschiedlichen Abteilungen - Jack bei der Sitte, wo er rausfinden soll, wer für die neuaufgetauchten Pornos verantwortlich ist, in denen unter anderem retuschierte Fotos mit abgetrennten Gliedmaßen und dergleichen zu sehen sind. Bud ist bei einer neugegründeten Abteilung, deren Chef vor allem die Straßen von sämtlichen Ganovern reinigen will, und Ed schlägt sich bei der Mordkommission durch. Eines Nachts stürmen drei Unbekannte ein Nacxhtcafé und richten ein Blutbad unter den Gästen an. Ed und Bud mischen bei der Ermittlung mit und beide haben nach einiger zeit den Verdacht, dass es um mehr geht, als nur um die paar Dollar, die aus der Kasse gestohlen wurden. Dass unter den Toten zufälligerweise eine Prostituierte ist und es Gerüchte gibt, die einen anderen Toten mti seinem Pornofall in Verbindung bringen, führt Jack zum Trio dazu. Alle ermitteln für sich, jeder misstraut jedem, und am Ende wird zwar der Fall gelöst, aber wirklich glücklich ist niemand damit...

Diese charmant-lebensbejahende Geschichte ist in einem Stil geschrieben, der einen beim Lesen vom Hocker haut. Ellroy verwendet kein, aber auch wirklich kein Wort zuviel des Guten. Das Ganze ist präzise getimt, die Sprache ist genauso rauh und gewalttätig wie die Portagonisten. Es finden sich kaum Anmerkungen zu den Empfindungen der Personen, maximal wird geschrieben, was sie tun und warum sie es tun, aber du als Leser musst damit selbst klarkommen. Zum Beispiel, dass Ed einerseits von "absoluter Gerechtigkeit" als seinem Ziel spricht, und auf der anderen Seite nicht davor zurückschreckt, drei Gangster abzuknallen, obwohl alles für ihre Unschuld spricht. Das fordert heraus an dem Buch und erklärt auch, warum es mir so schwer fiel, es zügig zu lesen. Dir werden Fakten vor den Kopf geknallt und du musst damit leben - that's life in L.A. Und nun leb damit, oder verzieh dich, etwas anderes bleibt dir nícht übrig.

Faszinierenderweise schafft Ellroys es auch in diesem Buch, immer wieder reale Kriminalfälle einzubeziehen. Denn die gesamte Geschichte ist eingebettet in den bandenkrieg, der nach der Verhaftung des Obergangster Mickes Cohen begann, als jeder ein Stück vom Cohen-Imperium abhaben wollte. Es begegnen einem illustre Persönlichkeiten wie eben jener Mickey Cohen oder sein Bodyguard und Mädchen für Alles: Johnny Stompanato. Den Namen hatte ich irgendwo schonmal gehört, hab gestern gesucht und siehe da: Johnny Stompanato war der charmante Herr, der von Lana Turners 14jähriger Tochter erstochen wurde, weil er angeblich ihre Mutter geschlagen hatte. Außerdem wird Walt Disney zumindest in sehr großen Zügen erkennbar, und selbst für Jack Vincennes gibt es ein reales Vorbild, wenn auch ohne Drogen. Es ist absolut faszinierend, diesen Mikrokosmos vor sich aufgebreitet zu bekommen, auch wenn ich ungefähr hundert Seiten gebraucht habe, um die Leute voneinander unterscheiden zu können. Die story hat tempo und bremst dann wieder abrupt ab, so wie Ermittlungen es eben manchmal tun. Und genau deshalb sage ich: lesen!