Freitag, 23. Juni 2017

[Rezensionsexemplar] Kristina Ohlsson - Schwesterherz

Staatsanwalt Martin Benner will Bobby Tell eigentlich schnellstmöglich wieder loswerden: Dieser ungepflegte, nach Zigaretten stinkende Kerl wirkt erst mal wenig vertrauenswürdig. Sein Anliegen ist nicht weniger prekär: Tells Schwester Sara – eine geständige fünffache Mörderin, die sich noch vor der Verfahrenseröffnung das Leben nahm – soll unschuldig gewesen sein, und Benner soll nun posthum einen Freispruch erwirken. Vor Gericht hätte die Beweislage damals nicht mal ausgereicht, um Sara zu verurteilen, doch unbegreiflicherweise legte sie ein umfassendes Geständnis ab und konnte sogar die Verstecke der Tatwaffen präzise benennen. Benners Neugier ist geweckt, und er nimmt das Mandat an …

Mal wieder habe ich geräubert beim bloggerportal und bin fündig geworden bei Kristina Ohlsson. Ich wollte einen schwedischen Krimi, der aber nicht so fürchterlich dramatisierend ist, also dachte ich, ich schau mal in ihre neue Serie rein (also um genau zu sein, es sind nur zwei Teile ;-) ) und lasse mich unterhalten. Und ich muss sagen: Ich habe schon lange kein Buch mehr gelesen, das mich tatsächlich so zwiespältige Gefühle beim Lesen hat erleben lassen.

Erst einmal zur Story. Die Handlung ist gut, reißt mich mit und es gibt schöne falsche Fährten. Von Anfang an will man wissen, was es mit dieser seltsamen Geschichte auf sich hat. Das liegt mit Sicehrheit auch an der eher unkonventionellen Weise, mit der Ohlsson zum Teil erzählt. Das Buch beginnt erst einmal mit einem Dialog wie im Drehbuch, bevor es in Martins Ich-Perspektive wechselt. Spannend, weil man auf diese Weise direkt reingeworfen wird in eine Handlung, die man nicht vorhersehen kann. Allerdings muss ich auch sagen, dass die Handlung an sich schon extrem an den Haaren herbeigezogen ist, das ganze hat eher was von USA als Schweden, wenn ihr wisst, was ich meine. Aber dennoch unterhält die Idee und macht Spaß beim Lesen, man sollte nur nicht unebdingt alles hinterfragen. Klassische "Kopf aus, Unterhaltung an"-Lektüre eben.

Ebenso unkonventionell finde ich Ohlssons Entscheidung für den Protagonisten. Und der hat es mir im Laufe des Buchs echt nicht leicht gemacht.

Martin Brenner ist ein arroganter, selbstverliebter Oberarsch. Anders kann man es nicht sagen. Der Kerl steht in so einem Widerspruch zu allem, was man eigentlich erwartet von der Hauptfigur eines "finde den wahren Täter und stochere im Trüben"-Krimis. Und gleichzeitig ein liebevoller Vater. Einerseits will man ihm ständig eine runterhauen für seine Oberflächlichkeit, andererseits schafft man es aber nicht, von ihm loszukommen. Er hat was, und ich muss gestehen ich finde ihn als Figur deutlich interessanter als die Charaktere in Ohlssons anderer Serie um Friederike Bermann. Brenner ist ein echter Typ, jemand, den ich zwar nicht mag, dem ich aber trotzdem Begleiter sein will. Das muss man als Autor wirklich erst einmal schaffen.

Kann ich das Buch empfehlen? Mit Abstrichen ja. Es ist keine High-Class-Literatur und auch nicht der hochspannendste Krimi aller Zeiten. Aber er ist unkonventionell und macht dadurch sehr viel Vergnügen im Einheitsbrei aus Schweden. Ich will auf jeden Fall den zweiten Teil lesen, weil sie leider mit einem Cliffhanger endet, den man zu Ende gebracht wissen will :-D

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