Montag, 3. Juni 2013

Caroline Brothers - Niemandsland

KabulTeheranIstanbulAthenRomParisLondon - so lautet der Spurch, den Aryan seinen achtjährigen Bruder Kabir Abend für Abend abfragt. Die beiden Jungen stammen aus Afghanistan, aber ihre Familie emogrierte letztlich kurz vor dem Krieg in den Iran. Von dort aus machten sich die beiden Jungen auf den Weg - illegal reisen sie mit Hilfe von Schleusern oder auf eigene Faust quer durch Europa. Auf ihrem Weg begegnen ihnen Gewalt und die ständige Angst vor der Polizei, aber auch ein perfekt funktionierendes System der Illegalität, in dem man mit genügend Geld sehr weit kommen kann ...

Ich bin gedanklich immer noch bei diesem Buch, das ich vor fast drei Wochen gelesen habe. Die Geschichte der beiden Brüder hat eigentlich alles, um zu einem ziemlich brachialen Holzhammer gegen die aktuelle Asylpolitik zu werden, doch Caroline Brothers schafft es, trotz aller Eindringlichkeit und allen Grausamkeiten, nicht zu sehr ins Schwarz-Weiß-Malen abzugleiten, in dem die grausame Justiz kleine Kinder über Grenzen zurückschickt. Es gibt in diesem Buch eigentlich keine Figur, keine Handlung, die nur positiv oder nur negativ besetzt ist, auch wenn die Darstellung zunächst so wirkt. Dieses Niemandsland, in dem nur ungeschriebene Gesetze existieren und man sich dadurch durchschlägt, dass man jemanden kennt, der von jemandem gehört hat, der eine Adresse weiß, bei der man weiterkommt, hat die Autorin gut recherchiert und die Geschichte beruht auf etlichen Interviews, die sie als Journalistin mit illegal eingewanderten Kindern in Großbritannien geführt hat. Dementsprechend kommt in dem Buch vermutlich alles an Gefahren und Bedrohungen aber auch an positiven Erlebnissen vor, die man haben kann. Das wirkt gelegentlich anstrengend und hinterlässt vermutlich auch dieses langanhaltende Gefühl der Betroffenheit - andererseits ist es natürlich auch das, was die Autorin hervorrufen will. Ich fand das Buch verstörend, faszinierend und warmherzig auf einmal, habe mitgelitten und mitgefiebert und denke immer noch darüber nach ...

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